19.04.2024

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Geschichte eines „Maulwurfs“

Heinz Felfes Lebensweg von einem gewieften Mehrfachagenten zum DDR-Professor

Wolfgang Kaufmann
29.01.2020

Wer nach den Ursachen für die auffällige Ineffizienz der bundesdeutschen Nachrichtendienste in den 1950er und 1960er Jahren sucht, stößt auf das Phänomen der Doppelagenten beziehungsweise „Maulwürfe“, welche nebenher auch für den KGB der UdSSR oder die DDR-Staatssicherheit spionierten und jede Menge Interna an den Feind weitergaben. Einer dieser Verräter war Heinz Felfe, im Bundesnachrichtendienst (BND) sinnigerweise gerade der Leiter des Referates „Gegenspionage Sowjetunion.“ Über dessen Lebensweg legt Bodo von Hechelhammer, seines Zeichens Chefhistoriker des BND, das akribisch recherchierte Buch „Spion ohne Grenzen“ vor. Darin erfährt der Leser, dass der gebürtige Dresdner Felfe letztlich sogar für sieben Geheimdienste gearbeitet hat: neben BND und KGB auch für den Sicherheitsdienst der SS, den britischen MI6, die bundesdeutsche Organisation Gehlen und den Verfassungsschutz sowie dann schließlich das Ostberliner Ministerium für Staatssicherheit.

Dass Felfe bereit war, über zehn Jahre lang als Doppelagent zu fungieren, hatte zum einen mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit zu tun: Die konnten die Sowjets nutzen, um ihn zu erpressen. Zum anderen zeigt das Buch aber auch sehr deutlich Felfes enorme Geldgier: Der KGB zahlte ihm für seinen Verrat mehrere 100 000 D-Mark Judaslohn, mit denen er einen höchst aufwendigen Lebensstil finanzierte, bei dem man sich fragt, wieso der BND hier nicht schon sehr viel eher stutzig wurde. Neben einer Vielzahl von Doppelagenten – Felfe war keineswegs der einzige – geriet dem bundesdeutschen Auslandsgeheimdienst die Inkompetenz vieler Entscheidungsträger zum Verhängnis. 1961 flog Felfe endlich auf, weil der BND Verdacht geschöpft und seine Telefongespräche abgehört hatte. Anschließend wurde er vom Bundesgerichtshof wegen Landesverrates zu 14 Jahren Haft verurteilt, von denen er nicht einmal die Hälfte absaß. Dann gelangte Felfe im Austausch gegen 21 politische Häftlinge in die DDR, wo er von der Stasi behütet wurde und auf deren Betreiben 1972 zum außerordentlichen Professor für Kriminalistik an der Humboldt-Universität in Ostberlin avancierte. Felfe starb 2008 wenige Wochen nach seinem 90. Geburtstag, zu dem ihm noch der KGB-Nachfolgedienst SWR gratuliert hatte.

Von Hechelhammer legt mit seinem Buch über den Doppelagenten Heinz Felfe ein höchst lesenswertes Psychogramm vor, welches das Wesen solcher „Maulwürfe“ präzise beschreibt und analysiert.

Bodo von Hechelhammer: „Spion ohne Grenzen. Heinz Felfe. Agent in sieben Geheimdiensten“, Piper Verlag, München 2019, gebunden, 410 Seiten, 24 Euro


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