11.11.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Gesellschaft

„Goldstandard des Menschenhandels“

In ihrem neuen Buch widmet sich Birgit Kelle dem erschreckenden Geschäft mit gekauftem Nachwuchs

Cora Stephan
30.03.2024

Gibt es ein Recht auf ein Kind? Gehört es zu „Toleranz und Antidiskriminierung“, dass auch Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Kind gebären können (oder wollen), mithilfe von Ei- und Samenspende sowie einer „Leihmutter“ eines erwerben können? Die 50-jährige Schauspielerin oder der 54-jährige Milliardär, der auf eine anstrengende „Beziehungsfrau“ verzichtet und seine Kinder lieber von „Mietmüttern“ ausbrüten lässt? Die schwulen Männer, denen die Biologie keine Gebärmutter mitgegeben hat? Frauen, die befürchten, dass eine Schwangerschaft die Figur oder die Karriere oder beides ruiniert? Die beruflich so erfolgreich sind, dass sie gar keine Zeit für „so etwas“ haben?

Ihnen allen kann geholfen werden. In der Welt der bunten Illustrierten sind „Leihmütter“ aufopferungsvoll bereit und begeistert darüber, einem kinderlosen Paar helfen zu können. Und auf die so erzeugten Kinder wartet das große Glück – das muss doch toll sein, als Kind von Elton John zu leben!

Früher war Kinderlosigkeit ein biologisches oder tragisches Schicksal, manchmal auch ein selbstgewähltes oder selbstverursachtes, aber ein Schicksal, das hinzunehmen war. Vorbei. Der Fortschritt macht mittlerweile alles möglich. Das Geschäft mit den von „Leihmüttern“ ausgetragenen Kindern blüht und gedeiht und wird freudig beworben. Bei RTL kann man Axel und Jürgen begleiten, die sich inzwischen vier Kinder über „Mietmütter“ in Indien und den USA gegönnt haben.

Diese und andere Fälle liest man im neuen Buch „Ich kauf mir ein Kind“ von Birgit Kelle, in dem sie – kämpferisch wie immer – das gigantische Geschäft mit den „Wunschkindern“ und den „Bauchmüttern“ seziert. Und natürlich fragt man sich, ob der Kinderkauf stets nur dem Familienglück dient – oder ganz anderen Interessen, über die man ungern nachdenkt.

Und besonders ungern denkt man nach über das Schicksal der Kinder, die bestellt, aber nicht abgeholt wurden. Dramatisch etwa die Lage im Frühjahr 2020 in der Ukraine. Hunderte von bestellten Babys warteten auf ihre „Eltern“, die aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht einreisen konnten. Das Drama wiederholte sich mit dem Kriegsbeginn 2022.

Keine Grenzen trotz Illegalität
„Wir machen alles“, hieß es auf einer Messe, die im Oktober 2023 in Köln stattfand und wo Mietmutterschaft, Eizellspende und Samenspende als Leistungen angeboten wurden, die in Deutschland illegal sind. Birgit Kelle ist über die Messe gegangen und hat pikante Angebote gefunden. Alles machbar, Herr und Frau Nachbar.

Und alles gleichermaßen ekelhaft. Um das Kind geht es nicht. „Babys sind der Goldstandard des Menschenhandels. Unverbraucht, leicht zu handhaben, vielseitig einsetzbar.“ Und Mietmütter haben den rechtlichen und moralischen Status von Prostituierten. Es werden Kinder ver- und gekauft, es werden Frauen ausgebeutet, es verdienen kriminelle Netzwerke. Und wer sich am wenigsten daran zu stören scheint, sind die Feministinnen, die das alles offenbar unter „Toleranz“ und „Antidiskriminierung“, als „Geschlechtergerechtigkeit“ und das „Recht auf ein Kind“ abheften.

Birgit Kelle wittert hinter alledem, was man auch hinter der Transideologie vermuten darf: eine Attacke auf das, was Frauen auszeichnet – sie sind die einzigen, die Leben geben können. Doch neuerdings wird bereits das Wort „Mutter“ als diskriminierend erachtet – ebenso die Frau, die nunmehr „Vulvaträgerin“ oder „Uterusbesitzer“ oder „Menstruierende“ oder gar „Nicht-Mann“ heißen soll, während die Männer, die sich als Frauen verkleiden, zur „Frau mit Penis“ avancieren.

Kelle nennt all das den „feministischen Supergau“: frau feierte die Pille und das Recht auf Abtreibung und kann jetzt schlecht widersprechen, wenn im Namen des Fortschritts Frauen ausgebeutet werden. Frau ist für LGBT-Rechte und kann nichts dagegen einwenden, wenn schwule Paare die neue Möglichkeit nutzen. Im Genderdiskurs soll die Biologie überwunden werden – na bitte, jetzt ist es so weit.

Hinzu kommt die von Medien und Politikerinnen immer wieder geäußerte Überzeugung, für Frauen sei die berufliche Karriere wichtiger als „Mutterschaft“, diese irgendwie dubiose Angelegenheit, hinter der gar noch ein ermöglichender Mann steckt. Frauen schieben also den Kinderwunsch nach hinten, zugunsten des Arbeitsmarkts und auf Kosten ihrer Fruchtbarkeit. Es gibt ja doch die Mietmütter.

Manche Frauen bekunden den Verzicht auf Mutterschaft sogar des Klimas wegen. Sie können ja später schadlos ihre Meinung ändern. Dabei ist das Mieten ein Gesundheitsrisiko, nicht nur für die „Bauchmutter“, auch für das Kind; etwas, das die Bunteweltgeschichten nicht erwähnen. Vor allem: Ist es wirklich so „easy“ für das Kind, wenn es nach der Geburt einer Frau weggenommen wird, mit der es neun Monate lang das Leben geteilt hat?

Doch wer weiß, demnächst gibt es die künstliche Gebärmutter. Dann sind die Frauen das mühsame Geschäft des Gebärens los – doch verlieren sie damit auch ihre Macht, denn bislang bekommen nur sie Kinder, egal, ob sich dieser oder jener biologische Mann als Frau identifiziert. Er wird damit nicht zur „Mutter“. Wer weiß, wer schließlich die Vorherrschaft über die künstliche Gebärmutter reklamiert. Die Abhängigkeit vom Kindsvater ist demgegenüber unter Garantie vorzuziehen.

Diese Macht der Frauen übrigens sorgte früher dafür, dass nur Männer in den Krieg zogen – sie waren mehrheitlich entbehrlich für den Fortbestand der Gattung, den es ohne Frauen nicht gab. Das Erstaunliche ist, dass gerade die Feministinnen diese Macht weder erkannt noch sich zunutze gemacht haben.

Kelles Zorn ist in jedem Kapitel zu spüren. Sie hat die ganz Szene und ihre Propagandisten bis ins letzte schauerliche Detail untersucht. Das Buch ist nichts für schwache Nerven. Während die Leihmutterschaft als Privileg der Reichen gelten kann, denn so ein durchdesigntes Baby kostet einiges, können die Mietmütter von Glück sagen, wenn sie auch nur einen Bruchteil dessen bekommen, was die mafiösen Vermittler kassieren.

„Man kann Mietmutterschaft nicht gesetzlich regeln, sondern nur international ächten und verbieten. Alles andere ist Heuchelei und Selbstbetrug.“

Birgit Kelle: „Ich kauf mir ein Kind. Das unwürdige Geschäft mit der Leihmutterschaft“, FinanzBuch Verlag 2024, Softcover, 256 Seiten, 18 Euro


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS