03.08.2025

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Suchen und finden

Russland

Grenzenlose Kontrolle über das Internet

Mit einer Gesetzesänderung wird die Suche nach „extremistischen“ Begriffen unter Strafe gestellt

Manuela Rosenthal-Kappi
03.08.2025

Umgerechnet zwischen 30 und 50 Euro Strafe sollen russische Internetnutzer zahlen, wenn sie bei der Suche nach „extremistischen“ Inhalten im Internet erwischt werden. Das sieht eine Gesetzesänderung vor, welche die Duma verabschiedet hat. Sie soll am 1. September in Kraft treten.

Die Ankündigung der Gesetzesänderung hat für Unmut in Russland gesorgt, nicht nur in der Zivilgesellschaft, sondern auch bei Duma-Abgeordneten, Medienfachleuten, IT-Spezialisten und Journalisten, denn schon harmlose Sucheingaben wie „Grundlagen des Islam“, „Der Weg zum Glauben“ oder „Republik“ könnten Internet-Nutzern zum Verhängnis werden.

Kaum, dass das Thema in der Öffentlichkeit für Aufregung sorgte, versuchten Duma-Abgeordnete, die besorgten Kritiker mit der Aussicht auf Änderungen in der Formulierung zu beruhigen. Von der Regierungspartei Einiges Russland hieß es, dass es in dem Gesetz lediglich um die gezielte Suche nach extremistischem Material im Internet gehe. Jemand, der zufällig auf solches stoße, haben nichts zu befürchten. Weiter hieß es, dass die Nutzung von VPN-Kanälen nicht verboten sei und dass man auch die in Russland verbotenen Social-Media-Plattformen Instagram und X nutzen könne, da die Überwachung des Browsers nur mit richterlichem Beschluss und einem Verfahren erlaubt sei.

Diese Erklärungen verfehlen jedoch ihre Wirkung. Allgemein wird beklagt, mit welcher Schnelligkeit das Gesetz durchgewinkt wurde, dass die Öffentlichkeit von jeder Diskussion darüber ausgeschlossen war, und dass der Staat die totale Kontrolle über das Internet wolle. Die oppositionelle Journalistin Xenia Sobtschak wirft den Parlamentariern vor, heimlich Änderungen an der Gesetzgebung vorzunehmen.

Die Leiterin der „Liga für sicheres Internet“, Jekaterina Misulina, sieht in der Verschärfung Willkür, da niemand mehr überblicken könne, was gerade erlaubt oder verboten sei. Alexej Kurinnij, Duma-Abgeordneter der Kommunistischen Partei, stimmte gegen das Gesetz. Er kritisiert, dass zahlreiche Kleinunternehmer, die auch über VPN-Kanäle ihre Waren und Dienstleistungen anbieten, um ihren Lebensunterhalt gebracht werden könnten, wenn man sie ständig mit Strafen überziehe. Eva Merkatschewa, Mitglied des Menschenrechtsrats der Russischen Föderation, sieht in dem Gesetz einen klaren Verstoß gegen die Menschenrechte. Täglich gelangten neue Begriffe auf die Verbotsliste. Das sei Irrsinn. Wer morgens etwas im Netz suche, könne mittags schon nicht mehr sicher sein, ob er sich nicht strafbar gemacht habe. Das erschwere Wissenschaftlern, Rechtsanwälten und Journalisten ihre Arbeit.

Selbst die Kreml-treue Propagandistin des Fernsehsenders „Russia Today“ (RT), Margarita Simonjan, hofft auf eine Korrektur, da es mit der Gesetzesänderung unmöglich werde, „verschiedene extremistische Antikorruptionsstiftungen zu stigmatisieren“. Damit führt die feurige Anhängerin des Putin-Regimes die Absurdität des Vorhabens deutlich vor Augen: Ein Gesetz, das jede Opposition im Keim ersticken soll, führt am Ende dazu, dass Gegner nicht mehr so leicht öffentlich angeprangert werden können.


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