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Östlich von Oder und Neiße

Grenzgänger halten den Ist-Zustand für nicht akzeptabel

Die Hoffnung auf die Öffnung weiterer Grenzübergänge wächst. Zunächst boomt die Naherholung

Chris W. Wagner
01.06.2020

Wer nachweisen kann, dass er Berufspendler ist, muss nach dem Passieren der polnischen Grenze nicht mehr in eine zweiwöchige Quarantäne. Viele in Deutschland arbeitende Polen nutzten das verlängerte Christi-HimmelfahrtsWochenende für einen Heimatbesuch. Das führte zu stundenlangen Staus an den Grenzen. Reisende standen auf der A12 zwischen Frankfurt (Oder) und Berlin oder auf der A4 zwischen Görlitz und Dresden 50 Kilometer vor dem jeweiligen Grenzübergang im Stau.

Bürgermeisterappell an Politik

Dies veranlasste die Bürgermeister der geteilten deutsch-polnischen „Europastadt“ Görlitz, an die polnischen Regierungsstellen zu appellieren, die Grenzkontrollen zu vereinfachen. Oberbürgermeister Octavian Ursu auf deutscher Seite und sein polnischer Amtskollege Rafal Gronicz waren sich einig: „Dass die Schwierigkeiten an den Grenzübergängen durch die Feiertage sich wiederholen, ist nicht akzeptabel. Darunter leiden sowohl die Einwohner der Städte an der Neiße als auch diejenigen, die unzählige Stunden in ihren Autos statt mit ihren Familien verbringen. Wir appellieren erneut an die polnischen Regierungsstellen, vorausschauender zu agieren und entweder die Grenzkontrollen auszusetzen oder sie über die Feiertage anders zu organisieren, damit der Verkehr fließen kann“, schrieben sie am 21. Mai.

Auch der Marschall der Woiwodschaft Niederschlesien, Cezary Przybylski, sprach eindringlich mit seinen tschechischen Amtskollegen, den Hetmanen der Regionen Reichenberg [Liberec], Königgrätz [Kralovy Vary], Pardubitz [Pardubice] und Olmütz [Olomouc]. Nach einer Videokonferenz über die Situation im Tourismus und die des kleinen Grenzverkehrs forderten sie von ihren Regierungschefs, die seit mehr als zwei Monaten geschlossenen Grenzen sofort zu öffnen.

Masowiecki lässt Öffnungen zu

Radio Breslau stellte am Sonnabend, dem 23. Mai, die Frage an Polens Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki (PiS), wann mit einer Grenzöffnung zu rechnen sei. Nachdem die zweiwöchige Quarantäne für im Ausland Tätige abgeschafft wurde, sei die Situation seiner Meinung nach viel besser geworden. Doch die Pendler dürfen bislang nur einige der Grenzübergänge nutzen, was für viele unnötig weite Wege bedeutet. „In Kürze möchten wir weitere Grenzübergänge öffnen, um so schnell wie möglich denjenigen das Leben zu erleichtern, die ihre Arbeitsplätze wie vor Corona erreichen wollen“, so der Politiker.

Die polnische Regierung hatte letzte Woche in Aussicht gestellt, die Grenzen am 15. Juni wieder zu öffnen. Sie sehe eine Chance dafür, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Jadwiga Emilewicz von der konservativ-liberalen Partei Porozumienie der Tageszeitung „Puls Biznesu“. Am 1. Juli könnten dann womöglich auch andere Coronavirus-Beschränkungen aufgehoben werden.

Eine Freiheit haben sich die wenig obrigkeitshörigen Polen bereits selbst genommen. Sie nutzen das schöne Wetter derzeit umfassend zu Ausflügen ins Grüne. Doch das Abstandhalten bleibt an den beliebtesten Orten der Naherholung auch in Niederschlesien schwer, wie der Hausberg der Breslauer, der Zobten [Sleza], zeigt. Dieser wird mittlerweile geradezu von Touristen belagert. Bei gutem Wetter besuchen Tausende beispielsweise den Tampadelpass zwischen dem Zobten und dem Geiersberg [Radunia]. Touristen berichten, dass selbst hier im Wald schon keine Parkplätze mehr für das Auto zu finden seien.

Polen machen vermehrt Ausflüge

Der Bürgermeister von Zobten am Berge [Sobotka], Miroslaw Jarosz, beklagt, dass die Situation dadurch erschwert sei, dass ihm in seiner Gemeinde die Verkehrspolizisten gestrichen wurden. 2021 soll der Zobtenberg auch per Bahn wieder erreichbar sein. Durch die Anreisealternative erhoffe er sich eine Entlastung von der Pkw-Lawine, sagt Bürgermeister Jarosz.


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