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Ausstellungsbeitrag zum Thüringer Gedenkjahr „500 Jahre Bauernkrieg“ – Halle zeigt „Frührenaissance in Mitteldeutschland“
Das Kunstmuseum Moritzburg in Halle an der Saale präsentiert die Schau „Frührenaissance in Mitteldeutschland“. Sie ist Teil von Sachsen-Anhalts Landesausstellung „Gerechtigkeyt 1525“. Rund 250 Kunstwerke und Dokumente veranschaulichen Kunst und Kultur, Macht, Repräsentation und Frömmigkeit am Vorabend von Reformation und Bauernkrieg, der sich vor 500 Jahren ereignete.
Hauptakteur der Ausstellung ist Erzbischof Ernst II. von Sachsen (1464–1513), den das Domkapitel von Magdeburg 1476 zum Erzbischof und das Domkapitel von Halberstadt 1479 zum Administrator (Verwalter) wählte. Eigentlich war er noch viel zu jung für diese Ämter. Aber Papst Sixtus IV. gewährte ihm die erforderliche Dispens (Ausnahmegenehmigung). Mit militärischer Hilfe seines Vaters, des Kurfürsten Ernst von Sachsen, konnte der junge Erzbischof und Administrator seinen Machtanspruch in Halle und Halberstadt durchsetzen.
Seine Residenz, die Moritzburg, ließ er in Halle erbauen. Diese vierflügelige Anlage, ein Mittelding zwischen Burg und Schloss, war damals ein neuartiger Architekturtyp. Dem Dreißigjährigen Krieg fielen große Teile der Anlage zum Opfer. In den erneuerten Gebäuden residiert seit 1904 das Kunstmuseum.
Erhalten blieb die 1509 vollendete Maria-Magdalena-Kapelle der Moritzburg. Dieses spätgotische Bauwerk mit Rundpfeilern, Emporenrundgang und Netzgewölbe ist in die Ausstellung einbezogen. In ihr bewahrte Ernst II. seine von kostbaren Behältnissen umschlossene Reliquiensammlung auf, berühmt als „Hallesches Heiltum“. Sein Nachfolger Kardinal Albrecht von Brandenburg, der ranghöchste deutsche Gegenspieler Luthers, baute die Reliquiensammlung stark aus.
In der Kapelle hinterließ Albrecht eine vom Bildhauer Peter Schroh um 1515 geschaffene Weihetafel, die mit ihren Rundbögen und den beiden in den oberen Ecken krabbelnden Putten als das älteste der wenigen in Halle erhaltenen Kunstwerke der Frührenaissance gilt. Und so gesehen ist der Ausstellungstitel „Frührenaissance“ nur die halbe Wahrheit, wie Museumsdirektor Thomas Bauer-Friedrich einräumt: Im Blickpunkt steht „die Zeit um 1500, als in Mitteldeutschland der Stil der Spätgotik die Kunstschöpfungen prägte“.
In der Schau erleben wir das Nebeneinander und die Vermischung der Stile. Da funkeln spätgotische Gemälde mit Goldgrund und punziertem Brokatmuster, welche die göttliche Sphäre vergegenwärtigen, während nebenan fromme Szenen unter blauem Himmel der Frührenaissance angehören. Das vom Meister der Sachsenburger Altartafeln geschaffene „Flügenretabel mit Anbetung der drei Könige“ (um 1490) mischt diese Stile. Die Könige bringen dem Jesuskind ihre Gaben nämlich vor einer Kombination von punziertem Goldgrund und einem mit Bauwerken ausgestatteten Landschaftsausblick dar.
Dieser Meister war auch für die Grabkapelle Ernsts II. im Magdeburger Dom tätig. Zu ihrer Ausstattung gehörte der nun in Halle ausgestellte Prunkkelch (um 1494). Der Glaszylinder mit dem elfenbeinernen Figürchen des heiligen Sebastian (um 1500) wiederum gehört zu den äußerst seltenen Stücken, die vom „Halleschen Heiltum“ erhalten geblieben sind.
Eine Prise Erotik und Humor
Neben Erzbischof Ernst stehen sein älterer Bruder Kurfürst Friedrich der Weise und sein Vetter Herzog Georg der Bärtige, der 1525 zu den Siegern in der Bauernkriegsschlacht bei Frankenhausen gehörte, im Blickpunkt. Luthers Beschützer Friedrich der Weise ist mit seiner Bildnisbüste aus Bronze vertreten. Diese in Deutschland seinerzeit neuartige Kunstform führte der Italiener Adriano de' Maestri ein, der Friedrichs Bildnisbüste 1498 schuf.
Vor Luthers Freund Lucas Cranach dem Älteren war der Venezianer Jacopo de' Barbari Hofmaler von Kurfürst Friedrich. Die Schau präsentiert Barbaris Gemälde der Halbfigur des segnenden Christi (um 1503). Sein Nachfolger Cranach war einer der Pioniere der deutschen Frührenaissance. Wiederholt versah er seine Bilder mit einer erotischen Note und einer Prise Humor, wie das Aktgemälde „Venus mit Amor“ (1526) zeigt. Amor parodiert dabei die anmutige Körperpräsentation seiner Mutter.
Die in Italien entwickelte Renaissance bezog wesentliche Anregungen von der Mythologie, Architektur und Kunst der Antike. Deren athletisches Körperideal machte sich auch der Nürnberger Albrecht Dürer zu eigen, wie sein Kupferstich von Christus als Schmerzensmann (um 1500) verrät. Dieses Blatt stammt aus dem Gebetbuch Friedrichs des Weisen.
Neben Nürnberg war Augsburg führendes Zentrum des neuen Kunststils. Für Herzog Georg von Sachsen war der Augsburger Bildhauer Hans Daucher tätig. Zu sehen sind zwei pummelige Putten vom Hauptaltar der St. Annenkirche in Annaberg, den Georg 1521 von Daucher bezog.
Als „besondere Zeitzeugen“ stehen drei von Ernst II. geförderte Gotteshäuser der Sonderschau als Korrespondenzorte zur Seite. Der Erzbischof sorgte für den Bau des Langhauses und die seinerzeit hochmoderne Wölbung von Halles Moritzkirche. In Ernsts Regierungszeit kamen die Bauarbeiten am Halberstädter Dom zum Abschluss. Dessen Weihe nahm er 1491 persönlich vor. Sein vermutlich dabei getragenes Ornat aus äußerst kostbarem italienischen Brokatsamt und höchst aufwendigen Reliefstickereien hat er dem Dom gestiftet. Sie gehören zu den Prunkstücken des Halberstädter Dommuseums.
Am Magdeburger Dom veranlasste der Erzbischof die Fortsetzung der Baumaßnahmen. Auf ihn gehen die beiden das Stadtbild prägenden Westtürme zurück. Die zwischen ihnen errichtete Vorhalle ließ er ab 1494 in seine Grabkapelle umwandeln. In deren Mitte steht sein prächtiges Hochgrab aus Bronze, das er in der berühmten Nürnberger Werkstatt Peter Vischers des Älteren gießen ließ. Auf der Grabplatte liegt mit offenen Augen die lebensgroße Figur Ernsts II. im prunkvollen Ornat. An den Seiten des Grabes stehen die Statuetten der zwölf Apostel. Am Fuß- und Kopfende halten die Patrone seiner beiden Bistümer Grabwache: der heilige Stephanus für Halberstadt und der heilige Mauritius für Magdeburg.
Bis 2. März im Kunstmuseum Moritzburg, Halle (Saale), geöffnet täglich außer mittwochs von 10 bis 18 Uhr, Eintritt 10 Euro. www.gerechtigkeyt1525.de