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Zu seinem 500. Todestag wird des Theologen, Reformators und Revolutionärs vielfältig gedacht
In seiner Heimatstadt Stolberg wird Thomas Müntzer mit zwei Denkmälern geehrt. Das im Stadtpark aufgestellte Steinrelief von 1955 zeigt ihn als wackeren Fahnenschwenker in Landsknechtsmontur. Die vor dem Rathaus platzierte Bronzegruppe von 1989 präsentiert ihn als armen Sünder im hinten offenen Gewand. Hinter ihm steht eine vermummte Gestalt. Wer ist das? Hätte sie Augenschlitze in der Vermummung, könnte man sie für Müntzers Scharfrichter halten. Wegen seiner Beteiligung am Bauernkrieg ließen ihn die siegreichen Fürsten Philipp von Hessen, Heinrich von Braunschweig-Lüneburg und Georg von Sachsen vor einem halben Jahrtausend, am 27. Mai 1525, vor den Toren Mühlhausens hinrichten. Seit 1957 gedenkt Mühlhausen seiner mit einer vor der Stadtmauer aufgestellten Statue aus Travertin, die Müntzer als stolz aufgerichteten Theologen mit Bibel und Schwert in beiden Händen zeigt.
Thomas Müntzer ist eine umstrittene Persönlichkeit. Er wurde um 1489 in Stolberg geboren, studierte Theologie in Leipzig und Frankfurt an der Oder. Er hielt sich einige Zeit im Kreis der Wittenberger Reformatoren auf und wirkte sodann als Prediger mit reformatorischen Absichten. Aber ob in Zwickau oder Prag, Allstedt oder Mühlhausen: Es dauerte nie lange, bis der Rat den streitbaren Theologen wegen seiner radikalen Ansichten der Stadt verwies.
Seine Heimatstadt ehrt ihn heute mit der kürzlich eröffneten neuen Dauerausstellung im Museum Alte Münze (www.stadt-stolberg.de/altemuenze). Zu den Exponaten gehören Faksimiles seiner Briefe und Schriften. Die Originale gingen 1949 als Geschenke des Landes Sachsen an den Genossen Josef Stalin und befinden sich heute unausleihbar in der Russischen Staatsbibliothek Moskau.
Museum Alte Münze in Stolberg
Seine berühmteste Schrift ist die „Fürstenpredigt“. Er betrachtete sich als von Gott berufenen Propheten, der das Endgericht nahe wähnte, auf das Gottes Reich auf Erden folgen werde. In dem seien alle Menschen frei und sich in brüderlicher Liebe zugetan. Doch zuvor gelte es, die Auserwählten Gottes von den Gottlosen zu scheiden, die man gnadenlos ausmerzen müsse. Den propagierten Totschlag versah er mit Drohungen. Nach den Worten seines Biografen Hans-Jürgen Goertz drohte Müntzer in einem 1523 an Kurfürst Friedrich den Weisen gerichteten Brief: „Sollte die Obrigkeit den Lauf des Evangeliums aufhalten, werde ihr das Schwert genommen und dem Volk gegeben.“ Ebenso äußerte er sich in der am 13. Juli 1524 vor Friedrichs Bruder Herzog Johann und dessen Sohn Johann Friedrich im Schloss Allstedt gehaltenen Fürstenpredigt: Sollte die Obrigkeit ihre Pflicht verletzen, die Frommen vor den Gottlosen zu schützen, werde ihr das Schwert genommen.
Martin Luther war da ganz anderer Ansicht: Die Obrigkeit sei – ob gut oder böse – von Gott eingesetzt, und daher müsse ihr unbedingt gehorcht werden. Der von Müntzer als „Doktor Lügner“ bezeichnete Luther warnte vor dem „aufrührerischen Geist von Allstedt“.
Landesausstellung „Gerechtigkeyt 1525“ in Sachsen-Anhalt
Genau 501 Jahre nach der Fürstenpredigt wird an ihrem originalen Schauplatz, der Hofstube des Schlosses, eine multimediale Sonderschau (www.gerechtigkeyt2025.de) über Müntzers Werdegang, die Fürstenpredigt und sein Wirken in Allstedt eröffnet werden. In der dortigen Kirche St. Johannis zelebrierte er 1523 die ersten vollständig in deutscher Sprache gehaltenen Gottesdienste. Die zogen Gläubige von nah und fern an. Herzog Ernst von Mansfeld verbot seinen Untertanen, sie zu besuchen, was zu heftigem Streit mit Müntzer führte.
Landesausstellung „freiheyt 1525“ in Thüringen
Müntzers nächste Station war die Reichsstadt Mühlhausen, wo er sich mit dem dort bereits wirkenden ehemaligen Mönch Heinrich Pfeiffer verbündete. In der Stadt und dem Umland herrschte große soziale Unzufriedenheit, und so rottete sich der sogenannte Mühlhäuser Haufen zusammen, deren Feldprediger Pfeiffer und Müntzer wurden. Über Bauernkrieg und Müntzer informiert in Mühlhausen die Thüringer Landesausstellung „freiheyt 1525“ (www.bauernkrieg2025.de). Müntzer schloss sich den Aufständischen an, weil er sie als Werkzeug Gottes ansah, die bisherige ungerechte und gottlose Gesellschaftsordnung zu vernichten, die Auserwählten von den Gottlosen zu trennen und das Endgericht einzuleiten. Keineswegs aber war er der vom Teufel besessene Urheber des Thüringer Aufruhrs, als den ihn Luther und Philipp Melanchthon hingestellt haben.
Regionalmuseum im Schloss zu Bad Frankenhausen
Von den in Frankenhausen versammelten Bauern und Einwohnern vor den nahenden Fürstenheeren zu Hilfe gerufen, traf Müntzer mit einem Häuflein von 300 Mann am 11. Mai 1525 ein. Christian Pantle schreibt in seinem Buch über den Bauernkrieg: „Müntzer stellt sich sofort an die Spitze des Rebellenheeres – in geistlicher, nicht in militärischer Hinsicht –, predigt vor den versammelten Kämpfern und schreibt Briefe an die Adeligen ringsum.“ Auch an den von ihm als „Madensack“ bezeichneten Ernst von Mansfeld. Die Aufständischen hatten drei von dessen Untergebenen gefangen und vor ihr Gericht gestellt. Feierlich verkündete Müntzer ihr Todesurteil. Die vor Frankenhausen eingetroffenen Fürsten forderten, Müntzer lebendig auszuliefern. Der aber hielt am 15. Mai in der Wagenburg der Aufständischen seine letzte Predigt. Er war sich gewiss, dass sie Gott auf ihrer Seite haben. Aber schon brach der Angriff der Fürstenheere los. Die aufständischen Bauern und Frankenhäuser ergriffen die Flucht. 6000 wurden niedergemetzelt, während es auf Fürstenseite nur sechs Tote gab. Die Schlacht steht im Mittelpunkt einer Sonderschau des Regionalmuseums Bad Frankenhausen (www.regionalmuseum-bfh.de).
Müntzer konnte zunächst in Frankenhausen untertauchen, wurde aufgespürt und im Heldrunger Schloss Mansfelds unter Anwendung der Folter verhört. Vor der Enthauptung am 27. Mai verweigerte Thomas Müntzer ein öffentliches Schuldbekenntnis, ermahnte die Fürsten, das Volk nicht mehr so stark zu belasten, und legte ihnen nahe, aufmerksam das Alte Testament zu lesen, um zu lernen, wie man gottgefällig regiert.