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Brandenburg

Grüne beim Thema Tierschutz blind

Ministerin verweist auf fehlende Rechtsetzungskompetenzen – Reaktion erst nach Protesten

Norman Hanert
02.08.2020

Recherchen des Senders rbb haben zu Tage gefördert, dass im vergangenen Jahr 97 Prozent aller Ausfuhren von Rindern in Tierschutz-Hochrisikostaaten bundesweit auf lediglich neun Landkreise in vier Bundesländern entfielen. An der Spitze stand das Emsland in Niedersachsen mit über 7000 Rindern. Gleich auf Rang zwei folgte der brandenburgische Landkreis Teltow-Fläming mit 6478 Rindern. Auch über die beiden märkischen Kreise Prignitz und Oberspreewald-Lausitz gingen viele Rinder zu Fernzielen wie Aserbaidschan, Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan. Genehmigt werden müssen solche Transporte, die über Tausende Kilometer gehen und Tage dauern, von den zuständigen Amtstierärzten.

Diese tun sich allerdings mittlerweile in ganz Deutschland schwer, solche Langstreckentransporte nach Zentralasien, Nordafrika oder in den Nahen Osten zu genehmigen. Im Freistaat Bayern, aber auch in Hessen und Schleswig-Holstein werden Rinder-Transporte, die nach Ägypten, Marokko, in die Türkei und über ein Dutzend weiterer Staaten gehen, regelmäßig nicht mehr genehmigt. Für die Tiere bedeuten die Transporte nämlich nicht nur, dass sie tagelang über Tausende Kilometer unterwegs sind: Mitunter wurden Transportzeiten von bis zu zwei Wochen oder tagelanges Stehen in der Hitze vor Grenzübergängen festgestellt. Eine ganze Reihe von Empfängerländern gelten in Sachen Tierschutz obendrein auch als Hochrisikoländer, aus denen immer wieder skandalöse Zustände im Umgang mit Tieren berichtet werden.

Tierärzte genehmigen Transporte

Dass bundesweit immer mehr Veterinäre die Langstreckentransporte kritisch sehen, liegt möglicherweise auch an der Furcht vor juristischen Konsequenzen: Bereits im Jahr 2018 hatten sich der Jurist Christoph Maisack und der Tierarzt Alexander Rabitsch in einer Fachzeitung mit einem heiklen Punkt beschäftigt. Die beiden waren der Frage nachgegangen, ob ein Amtstierarzt Beihilfe zur Tierquälerei leistet, wenn er einen Tiertransport in ein Land genehmigt, in dem beispielsweise besonders grausame Schlachtpraktiken üblich sind. Aus nordafrikanischen und arabischen Ländern gibt es etwa Berichte, wonach Rindern vor der Tötung die Beinsehnen durchtrennt oder die Augen ausgestochen werden.

Im Zusammenhang mit Ferntransporten, die im Land Brandenburg genehmigt wurden, hat die Tierschutz-Organisation „Vier Pfoten“ inzwischen tatsächlich Strafanzeigen gegen Amtstierärzte erstattet. Die Organisation wirft den Veterinärämtern in drei Landkreisen vor, Genehmigungen für Zuchtrindertransporte rechtswidrig erteilt zu haben. Konkret geht es dabei um Ausfuhren nach Kasachstan, Usbekistan und Libyen in den Jahren 2019 und 2020. Darüber hinaus liegt die Frage nach der politischen Verantwortung nahe.

„Vier Pfoten“ erstattete Anzeige

Dass nun ausgerechnet drei Landkreise in Brandenburg zum Anlaufpunkt für Exporteure geworden sind, die anderswo in Deutschland keine Genehmigungen für ihre Ferntransporte erhalten, stellt insbesondere die Glaubwürdigkeit der Grünen in Sachen Tierschutz auf die Probe. Erstmals in der Geschichte des Bundeslandes Brandenburg sind die Grünen nämlich seit letztem Herbst an der Landesregierung beteiligt. In der rot-schwarz-grünen Kenia-Koalition ist der Grünen-Politiker Axel Vogel für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz zuständig. Zudem ist Ursula Nonnemacher Ministerin für Gesundheit und Verbraucherschutz. Damit hat die Grünen-Politikerin auch das Thema der Langstreckentransporte auf ihren Schreibtisch bekommen.

Die bisherigen Reaktionen der Ministerin deuten darauf hin, dass das Thema zumindest bislang keine hohe Priorität hatte. Nonnemacher wies in einer Erklärung ihres Ministeriums unter anderem auf eine fehlende Rechtsetzungskompetenz des Landes in der Angelegenheit hin. Gleichzeitig bewies die Grünen-Politikerin aber, dass es wie in anderen Bundesländern offenbar doch Einwirkungsmöglichkeiten gibt, die bislang aber nicht genutzt wurden. Nonnemachers Ministerium kündigte nämlich an, dass nach Abstimmung die Landkreise Oberspreewald-Lausitz, Teltow-Fläming und Prignitz die Transporte von Rindern in Drittstaaten aussetzen.


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