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Mit neu zu gründendem Institut soll die „Zivilgesellschaft“ in den Geheimdienst eingebunden werden
Trotz einer tiefen Spaltung zwischen Parteilinken und sogenannten Realos haben sich die Berliner Grünen auf ein Papier zur Neuordnung des Verfassungsschutzes geeinigt. Bei nur vier Enthaltungen und ohne Gegenstimmen nahmen die Delegierten des Landesparteitags am 4. Mai einen entsprechenden Leitantrag der Landesspitze an.
Nach den Vorstellungen der Hauptstadt-Grünen soll es beim Verfassungsschutz künftig eine Struktur geben, die auf zwei Säulen ruht. Dabei soll es wie bisher einen Bereich geben, der sich um die nachrichtendienstliche Arbeit kümmert. In Berlin existiert kein eigenständiges Landesamt für Verfassungsschutz; wie in Brandenburg ist der Verfassungsschutz hier direkter Teil des Innenressorts.
Über die bisherigen Aufgaben hinaus wollen die Grünen beim Verfassungsschutz künftig auch „wissenschaftliche Analyse“ einfließen lassen und die sogenannte Zivilgesellschaft beteiligen. Diese Aufgaben sollen in einem neu zu gründenden Institut zur Erforschung antidemokratischer Tendenzen gebündelt und ausgelagert werden. Dabei soll es sich nach Darstellung der Partei um ein unabhängiges Institut handeln. Allerdings könnte unter dem Etikett „unabhängig“ im Extremfall eine Institution entstehen, die mit Steuergeldern finanziert wird, jedoch jeglicher Kontrolle, insbesondere durch das Parlament, entzogen wäre.
Aus Sicht der Parteitagsdelegierten soll die neue Doppelstruktur die Analysefähigkeit des Verfassungsschutzes stärken, zudem solle Sachverstand in Wissenschaft und Zivilgesellschaft über verfassungsfeindliche Bestrebungen systematisch genutzt werden. Der gewünschten neuen Struktur haben die Grünen auch gleich vorab eine politische Marschrichtung erteilt: Die Verfassungsschützer sollen ihre „jahrelange Blindheit auf dem rechten Auge“ überwinden, statt „linken Protest“ zu stigmatisieren. Zur Begründung für die neue Doppelstruktur heißt es: „Die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder sind ihren Aufgaben durch ihre langjährige Blindheit auf dem rechten Auge und Stigmatisierung linken Protestes, dem Versagen im NSU-Komplex, V-Leute-Skandalen und Fehlern im Zusammenhang des Breitscheidplatz-Anschlages zu oft nicht gerecht geworden.“
„Auf dem rechten Auge blind“
Wie das Abstimmungsergebnis zu dem Leitantrag zeigt, hat die Parteispitze offenbar ein Konzept vorgelegt, das von allen Parteiflügeln mitgetragen wird. Allerdings hatten nach Darstellung der „taz“ einige sogenannte Realos zuvor noch „die Arbeit des Verfassungsschutzes über den grünen Klee“ gelobt, während „gemäßigte Realos“ und Parteilinke eine grundlegende Neuordnung gefordert hatten. Für Teile der Grünen gehört sogar der Ruf nach kompletter Abschaffung des Verfassungsschutzes noch immer zu den Standardforderungen.
Während die Partei beim Thema Verfassungsschutz einen Kompromiss gefunden hat, sind Berlins Grüne bei der Frage der Enteignung von Wohnungsgesellschaften noch immer tief gespalten. Auf dem Parteitag brachte der Kreisverband Berlin-Mitte einen enteignungskritischen Antrag ein, den Beobachter als Abkehr vom bisherigen Parteikurs werten. Für diesen Antrag stimmten am Ende immerhin 43 Prozent der Delegierten, vor allem aus Mitte, Pankow, Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf und Spandau, allesamt Kreisverbände, die Hochburgen der sogenannten Realos sind.