12.05.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Polizei im Einsatz: Beamte gehen am Kottbusser Tor in Kreuzberg gegen einen Verdächtigen vor
Bild: picture alliance/SZ PhotoPolizei im Einsatz: Beamte gehen am Kottbusser Tor in Kreuzberg gegen einen Verdächtigen vor

Innere Sicherheit

Hilflosigkeit namens „Verbotszone“

Mit Messerverboten will die Politik der Gewaltkriminalität beikommen – Erfolg mehr als zweifelhaft

Hermann Müller
24.04.2025

Nachdem es in Berlin in aller Öffentlichkeit zu einer tödlichen Messerattacke gekommen ist, diskutiert die Politik über die Erweiterung von Waffen- und Messerverbotszonen. Überfällig ist eigentlich eine Diskussion um die Täter und insbesondere darum, wie die Justiz bislang mit Intensivtätern umgeht.

Am Nachmittag des 12. April hat ein Syrer einen Deutschen in einer Berliner U-Bahn mit einem Messer tödlich verletzt. Nach bisherigen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft waren beide Männer gegen 16.15 Uhr unabhängig voneinander am U-Bahnhof Kaiserdamm in die Bahn gestiegen. Danach sollen beide innerhalb von Sekunden aneinandergeraten sein. Der Syrer zog offenbar aus dem Hosenbund ein Küchenmesser und stach damit auf Steve H. dreimal ein.

Wie eine Schnellobduktion ergab, traf ein Messerstich die Herzkammer des 29-jährigen Opfers. Der Familienvater konnte den Zug am U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz zwar noch eigenständig verlassen, brach allerdings dann auf dem Bahnsteig zusammen und starb trotz Reanimationsversuchen. Bislang konnten die Ermittler noch nicht klären, warum Opfer und Täter überhaupt so kurz nach dem Einsteigen in die U-Bahn in Streit gerieten. Auch das Opfer war nach Angaben der Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung und Drogendelikten bereits polizeibekannt.

Wen soll das Verbot abschrecken?
Der Messerstecher Shadi S. versuchte zunächst zu flüchten. Als er ihn verfolgende Polizisten mit seinem Messer bedrohte, gab ein Beamter mehrere Schüsse ab, die den Angreifer am Oberkörper trafen. Trotz einer Notoperation im Virchow-Klinikum verstarb der Täter. Der Syrer soll nach Angaben der Senatsinnenverwaltung 2016 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Flüchtling anerkannt worden sein. Aus humanitären Gründen durfte er in Deutschland bleiben.

Schon kurz nach der Gewalttat kündigte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) an, die Einrichtung weiterer Messer- und Waffenverbotszonen in Berlin zu prüfen. Spranger sagte, sie verfolge „mit großem Interesse die Maßnahmen der Bundespolizei mit den Waffen- und Messerverboten im Bereich der Bahnhöfe“. Und weiter: „Vergleichbares kann ich mir auch für den Berliner ÖPNV vorstellen.“ Schon jetzt hat der Berliner Senat auf dem Leopoldplatz, am Kottbusser Tor und im Görlitzer Park Messer- und Waffenverbotszonen erlassen. Die Bundespolizei hatte Ende März bereits das Mitführen von Messern und Waffen an diversen Berliner Bahnhöfen verboten.

Entdeckt die Polizei bei Kontrollen an diesen Orten Waffen und Messer, erhalten die Betroffenen eine Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit, der Gegenstand wird eingezogen. Für „Otto Normalbürger“ mag dies Veranlassung sein, sein Taschenmesser zu Hause zu lassen. Die Frage ist, wie abschreckend eine Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit beispielsweise auf Intensivtäter wirkt, für die es quasi Dauerzustand ist, dass gegen sie Ermittlungsverfahren laufen oder dass sie gegen Bewährungsauflagen verstoßen.

Auch im konkreten Fall des Messerangriffs in der Berliner U-Bahn wurde inzwischen bekannt, dass der Täter ein langes Vorstrafenregister hatte. Er hätte eigentlich sogar in Haft sitzen müssen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Chemnitz war Shadi S. noch während einer Bewährungszeit erneut straffällig geworden. Bereits 2022 hatte der Syrer seine Schwester mit einem Messer attackiert und einen Polizeibeamten verletzt. Im Oktober 2023 hatte Shadi S. obendrein zwei Justizmitarbeiter bedroht. Zudem hatte er im Zusammenhang mit einer Geldstrafe eine Auflage zu gemeinnütziger Arbeit nicht erfüllt und galt als flüchtig.

Polizei schießt offenbar schneller
Ob auf eine derartige Klientel Messerverbotszonen und eine Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit tatsächlich eine abschreckende Wirkung haben, muss bezweifelt werden. Dessen ungeachtet hat Berlins Innensenatorin nun erneut eine Diskussion um die Erweiterung von Waffen- und Messerverbotszonen angestoßen. Kritiker wenden ein, dass es stattdessen angebrachter wäre ,darüber nachzudenken, ob nicht der Umgang der Justiz mit Intensivtätern dringend geändert werden müsse. Auch dem Land Berlin steht es frei, etwa über den Bundesrat eine Initiative zur Reform des Strafgesetzes anzustoßen.

Bislang hat sich die Politik in ganz Deutschland machtlos gezeigt, wirksame Maßnahmen gegen die Epidemie an Messerangriffen zu finden. Möglicherweise beeindruck aber die Macht des Faktischen gewaltbereite Personen wie den Syrer Shadi S.: Seit im Mai 2024 ein afghanischer Täter in Mannheim den Polizisten Rouven Laur mit einem Messer getötet hat, häufen sich Berichte über Fälle, bei denen Polizeibeamte zum Eigenschutz Messerangreifer niederschießen.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS