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Der Bismarckturm auf dem Juloberg in Stettin-Gotzlow: Nachdem das Gebäude jahrzehntelang im Dornröschenschlaf schlummerte und dem Verfall preisgegeben war, kümmert sich nun ein Stettiner Unternehmer um seine Rettung. Inzwischen wurde bereits das Eingangsp
Foto: EngelDer Bismarckturm auf dem Juloberg in Stettin-Gotzlow: Nachdem das Gebäude jahrzehntelang im Dornröschenschlaf schlummerte und dem Verfall preisgegeben war, kümmert sich nun ein Stettiner Unternehmer um seine Rettung. Inzwischen wurde bereits das Eingangsp

Touristenmagnet

Hoffnung für Stettiner Bismarckturm

Vor 102 Jahren errichtet – Hoch über dem Odertal könnte das Gebäude wieder zum Ausflugsziel werden

Karl-Heinz Engel
09.07.2023

Von den einst 240 Bismarcktürmen inner- und außerhalb Deutschlands soll es gegenwärtig noch 17 in der Republik Polen geben. Einer davon steht im Stettiner Ortsteil Gotzlow [Goclaw] im Norden der Stadt. Er hat seinen Platz auf dem Juloberg, auch Weinberg genannt. Der bewaldete Hügel gehört zum über 100 Meter hohen südöstlichen Ausläufer der Ueckermünder Heide, die sich hier ziemlich nah an das linke Oderufer drängt. Obwohl das Bismarck-Denkmal jahrzehntelang mehr oder weniger dem Verfall und Vandalismus preisgegeben war, blieb es eine außerordentliche Erscheinung. Wer die ul. Swiatowida durch Gotzlow Richtung Pölitz fährt, wird das bestätigen.

Vor 102 Jahren, am 10. August 1921, ist der Turm zu Ehren des Eisernen Kanzlers der Öffentlichkeit übergeben worden. Dem war eine mehrjährige Bauzeit, die sich vor allem wegen des ersten Weltkriegs verzögerte, vorausgegangen. Die Stettiner Stadt- und Provinzialverwaltung, aber auch ein eingetragener Verein, hatten zuvor reifliche Überlegungen über Standort, Aussehen und Finanzierbarkeit angestellt. Als Örtlichkeit ins Auge gefasst worden war zunächst auch die Schlachterwiese, eine sich vor der Stettiner Haken-Terrasse hinbreitende Oderinsel. Die Entscheidung fiel schließlich zugunsten des Julobergs in Gotzlow, das damals noch dem Randowkreis angehörte und erst 1939 Teil Stettins wurde.

Bau bereits 1899 angeregt
Den 25 Meter hohen, noch immer wuchtig wirkenden Turm entwarf der aus dem Rheingau stammende, für seine monumentalen Bauten bekannte Architekt und Hochschullehrer Wilhelm Kreis. Er war als Sieger aus dem Gestaltungswettbewerb hervorgegangen. Die Baukosten beliefen sich auf 200.000 Mark. Eine Summe, die sich zu gleichen Teilen aus Spendengeldern und einem Zuschuss der Provinzialverwaltung zusammensetzte.

Bei der Turmeinweihung soll halb Stettin auf den Beinen gewesen sein. Auch danach hielt das Interesse an der Denkmalstätte an, sicherlich auch wegen der herrlichen Fernsicht auf die Stadt, das Flusstal und die bewaldeten Höhen der Buchheide jenseits der Oder. Der Turm thronte damals wirklich frei von störendem Bewuchs über dem Odertal. Alte Aufnahmen bezeugen das. Cafés und Restaurants luden zur Einkehr ein und hatten reichlich Zulauf.

Die mit Naturstein verkleidete, aus Beton bestehende Bausubstanz überdauerte die vergangenen Jahrzehnte zwar, was für ihre Robustheit spricht. Dennoch hat das Denkmal unter den widrigen Einflüssen gelitten. Symbolischer Schmuck und Hoheitselemente wie ein Reichsadlerensemble waren schon in der Nachkriegszeit heruntergeschlagen wurden. Mutwillige Zerstörungen und fehlende Instandhaltung hinterließen Spuren. Außerdem wetteifern inzwischen schlanke Rotbuchen um die Vorherrschaft auf dem Juloberg.

Die Stadtverwaltung versuchte das Objekt in den vergangenen Jahren mehrmals an einen Käufer zu bringen. Auf Ebay offerierte man es nebst einem knappen Hektar Grund und Boden für 320.000 Euro an. Doch ohne Erfolg. Zwischendurch diente das Gelände auch mal als Freiluftveranstaltungsstätte. Dann entdeckten Steilwandkletterer die Turmfassade und übten sich in ihren Künsten.

Grundsteinlegung 1913
Doch seit einiger Zeit regen sich Bauaktivitäten auf dem Juloberg. Das Bauwerk ist eingefriedet worden, und in seinem Innern haben Handwerker ihr Tun. Ein 1965 auf dem Dach installierter Sendemast für den Funkverkehr nach Swinemünde fehlt inzwischen. Reste des vor Jahrzehnten zu Bruch gegangenen Zierrats wurden geborgen und auf dem Vorgelände sortiert. Es gibt Indizien, dass der Bismarckturm, der seit 1994 auf der Denkmalliste der Woiwodschaft Westpommern steht, wohl die längste Zeit im Schlaf der Geschichte schlummerte.

Eine Hinweistafel verkündet dann auch, dass sich des Bauwerks die Unternehmensgruppe Rentumi des erfolgreichen Stettiner IT-Unternehmers Wojciech Klodzinski angenommen hat. Bereits im August 2021 war die Neueröffnung anlässlich seines 100-jährigen Bestehens geplant, so heißt es neben Polnisch auch auf Englisch und Deutsch. 2022 sollte das Aussichtsrondell für Besucher freigegeben werden und ein Café Gäste empfangen. Doch vorerst wurde daraus nichts. Es wird also einiges dazwischengekommen sein, sicher auch die Pandemie. Möglich, dass gut Ding auch am Stettiner Bismarckturm Weile haben will, damit er zu einem touristischen Anziehungspunkt wie früher wird.


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