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Eines der größten Museen Deutschlands – Vor 125 Jahre wurde der Neubau des Bayerischen Nationalmuseums eröffnet
Am 29. September 1900 eröffnete Prinzregent Luitpold in München das Bayerische Nationalmuseum an der nach ihm benannten Straße. Vor dem linken Seiteneingang befindet sich ein Schild mit dem Hinweis, dass man bis zum Haupteingang noch 200 Meter die Prinzregentenstraße entlanglaufen muss. Und damit hat man dann erst die Hälfte der Gebäudefront abgeschritten. Das mächtige Bauwerk entwarf der bedeutende Architekt Gabriel von Seidl. Es erhielt 1905 und 1937 Anbauten, sodass den kunst- und kulturhistorischen Sammlungen inzwischen rund 13.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung stehen.
Das Bayerische Nationalmuseum ist älter als sein jetziger Museumsbau. Der ist sein drittes Domizil. Museumsgründer war 1855 König Maximilian II. von Bayern, dessen Bronzeskulptur über dem Haupteingang an der Prinzregentenstraße steht. Den Grundstock der Sammlungen bilden Stücke, die der König aus der Münchner Residenz und anderen Schlössern ins Museum überwies. Das nennt sich stolz das „Schatzhaus an der Eisbachwelle“ – und hat auch allen Grund dazu. Die Sammlungen in einem der größten Museen Deutschlands, das nahe der Brücke über den Eisbach mit dessen unter Surfern beliebter stehender Welle gelegen ist, reichen von der spätrömischen Zeit bis zum Jugendstil, wobei momentan ausgerechnet diese beiden Sammlungsgebiete sowie einige Räume der Mittelaltersammlung, die dem Hafnergeschirr und dem Historismus gewidmet sind, wegen Sanierung geschlossen sind.
Aber es gibt trotzdem Tausende von Objekten zu sehen. Weltberühmt sind die im Untergeschoss aufgestellten Weihnachtskrippen. Zurzeit können sie nach Voranmeldung von Gruppen und Einzelpersonen besichtigt werden. Von Ende Oktober bis Februar steht die Krippensammlung von Montag bis Sonntag allen offen. Sie umfasst Figurenensembles aus dem 18. bis 20. Jahrhundert, die aus Bayern, dem Alpenland und Italien stammen. Die hinter Glas stimmungsvoll ausgeleuchteten Inszenierungen weisen Landschafts- und Architekturkulissen sowie einen gemalten Hintergrund auf. Auch die wohl wertvollste Krippe der Welt gehört zur Sammlung. An der im 18. Jahrhundert in Neapel angefertigten „Anbetung der Könige im Marmorpalast“ ist alles aus Gold und Silber, was glänzt, und alles aus Edelstein, was funkelt.
In einigen Bereichen des Hauptgeschosses des im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstörten und in etwas vereinfachter Form wiederaufgebauten Museums passt die Architektur zu den Exponaten. So befinden sich in mehreren Sälen neugotische Rippengewölbe. Das gilt für den Waffensaal mit seinen alten Ritterrüstungen. Ebenso für den Raum, der dem Würzburger Bildschnitzer Tilman Riemenschneider gewidmet ist. Das Museum besitzt eine der bedeutendsten Kollektionen des Meisters. Außergewöhnlich gut erhalten sind die originalen Farbfassungen zweier um 1490 geschaffener Figurengruppen der Beweinung Christi. Fast wie neu sehen die Muttergottes und die sie stützenden Figuren des Johannes und zweier Begleiterinnen aus. In Holzoptik „schwebt“ hingegen die künstlerisch unkonventionell gestaltete Maria Magdalena an der Wand, die von sechs Engeln in den Himmel entrückt wird. Diese um 1490/92 gestaltete Figurengruppe gehört zu Riemenschneiders Hauptwerken.
Ein weiterer Höhepunkt des Rundgangs ist der Kirchensaal. Auf dem gefliesten Boden befinden sich mit Liegefiguren ausgestattete Grabplatten. An den Wänden hängen farbig gefasste Reliefs. Makaber mutet der auf einem Löwen reitende Knochenmann an. Es handelt sich um die Überreste einer Uhr, die 1513 im mittelfränkischen Kloster Heilsbronn aufgestellt wurde, das eine vielteilige Grablege der Hohenzollern beherbergt. Früher schlug das Gerippe mit einem Knochen in der Hand alle Viertelstunde die Glocke und bewegte dabei die Kinnlade.
Ein Fürstbischof bittet zu Tisch
Prunkstück des Kirchensaals ist das von Jan Pollack 1492 bemalte Retabel vom Hochaltar der ehemaligen Franziskanerkirche St. Antonius in München. Die Flügel zeigen Christus am Ölberg sowie den Judaskuss und die Gefangennahme Christi. Auf der Mitteltafel ist der ans Kreuz geschlagene Christus dargestellt, flankiert von den verkrümmt an die Kreuze gebundenen Schächern. Dicht drängen sich zahlreiche Figuren um die Kreuze und geben Trauer oder Nachdenklichkeit, Neugier, Gemeinheit oder Brutalität packend Ausdruck.
Aus der Flut von Gemälden und Bildteppichen, Skulpturen, Gläsern, Goldschmiedearbeiten, Fayencen, Bronzen und Elfenbeinen lassen sich immer wieder ganz besondere Stücke herausfischen. Der für seine erotischen Statuetten berühmte Conrat Meit wartet mit einer um 1510/15 geschnitzten und farbig gefassten Miniaturbüste des Augsburger Bankiers und Handelsherrn Jakob Fugger des Reichen auf. In der Kurfürst Maximilian I. gewidmeten Abteilung beeindruckt der 1618 bis 1624 aus Elfenbein und Lapislazuli angefertigte Schrank für seine Sammlung antiker Goldmünzen. Ihn bekrönt die Elfenbeinstatuette eines Imperators zu Pferde als Sieger über die auf den vier Schrankecken kauernden Könige.
Im Obergeschoss sind Spezialsammlungen ausgebreitet. Die Elfenbeinabteilung wartet mit filigranen Drechselarbeiten auf. Die Luxusmöbel von Abraham Roentgen (1711–1795) und seines Sohns David (1743–1807) haben einen eigenen Raum. Reich vertreten sind die Porzellanmanufakturen Nymphenburg, Frankenthal und Meißen. Letztere wartet mit einem Kuriosum auf: einem lebensgroßen Porzellanwickelkind, das der berühmte Modelleur Johann Joachim Kaendler 1741 ins Leben rief.
Auch die Goldschmiedekunst steht im Blickpunkt, insbesondere die aus Augsburg. Glanzlicht ist der mit dem Tafelsilber des Hildesheimer Fürstbischofs Friedrich Wilhelm von Westphalen gedeckte Tisch. Er hatte es anlässlich seines Amtsantritts 1763 in Auftrag gegeben. An der Fertigstellung des aus über 600 Teilen bestehenden Service waren 19 Augsburger Goldschmiede beteiligt. Der letzte Teil des Rundgangs ist den Wittelsbacher Königen, ihren Gemahlinnen und Kindern gewidmet.