26.08.2025

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Im Nord-Kirchturm der Kathedrale wurde eine historische Zeitkapsel gefunden
Bild: WagnerIm Nord-Kirchturm der Kathedrale wurde eine historische Zeitkapsel gefunden

Östlich von Oder und Neiße

In Liegnitz schlug eine historische Bombe ein

Eine Zeitkapsel brachte historische Schätze in bestem Zustande zutage

Chris W. Wagner
26.08.2025

Bei Sanierungsarbeiten des nördlichen Turms der Kathedrale zu Liegnitz [Legnica] in Niederschlesien entdeckten Arbeiter letzte Woche eine historische Zeitkapsel. Der Fund befindet sich nun an einen „sicheren Ort“, über dessen Adresse sich die Liegnitzer Kurie noch ausschweigt. Der „Schatz“ wurde am 12. August Historikern und Vertretern der Kommunalverwaltung gezeigt, berichtete das öffentlich-rechtliche Radio Breslau am 14. August.

Laut Radio Breslau sollen sich in der Zeitkapsel mehr als 20 Gold- und Silbermünzen befinden sowie ein Dokument, das wahrscheinlich vom Fürsten Georg Rudolf von Liegnitz unterzeichnet wurde. „Die ältesten Goldmünzen wurden zu Zeiten Georg Rudolfs Fürst von Liegnitz geprägt, also im frühen 17. Jahrhundert“, konnte Radio-Breslau-Reporter, Andrzej Andrzejewski, herausfinden. In der Kapsel sollen sich auch Silbermünzen aus dem 20. Jahrhundert befinden. Alle Münzen seien „in einem ausgezeichneten, nahezu neuwertigen Zustand. Eine der Hypothesen geht davon aus, dass es sich bei dem Fund um eine Zeitkapsel handelt, in die alle paar Jahrzehnte weitere wertvolle Erinnerungsstücke hinzugelegt wurden“, spekuliert jedenfalls der Sender Radio Breslau. Die Denkmalschutzbehörde bestätigte diese Vermutung.

Eine Holzkirche auf dem Ring
Domprobst Robert Kristman dementiert den Fund als solchen nicht, will Konkretes jedoch – noch – nicht preisgeben. Er müsse sich an die Prozeduren halten. Diese verlangen, dass „zuerst der Liegnitzer Oberbürgermeister über den Fund zu informieren ist. Dieser wiederum erstattet dem Denkmalschutzbeauftragten der Woiwodschaft Bericht. Dann führt dieser eine Besichtigung mit dem Eigentümer und Vertretern des örtlichen Museums oder des Staatsarchivs durch“, so Małgorzata Lisewska, Leiterin der Liegnitzer Außenstelle Denkmalschutz der Woiwodschaft Niederschlesien.

Die Liegnitzer St.-Peter-und-Paul-Apostel-Kirche, die Paulus erst 1342 als zweiten Namenspatronen hinzubekam, war die erste von drei Kirchen in Liegnitz. Ihre erste schriftliche Erwähnung stammt von 1192. Wahrscheinlich war es damals noch eine Holzkirche, die als „obere Kirche“ bezeichnet wurde. Sie stand am damals erst entstehenden Marktplatz, der in Schlesien natürlich Ring genannt wird. Um diesen neuen Ring konzentrierte sich das Leben der Liegnitzer und die ‚Petrus-Kirche' wurde so zum zentralen Gotteshaus der Stadt. Zwischen 1328 und 1378 wurde die Kirche unter Baumeister Wiland – dem Sohn des Hofbaumeisters vom Breslauer Herzog Heinrich IV. – nach dem Vorbild der Breslauer Elisabethkirche neugestaltet.

Äußerst wertvoll bestückt
Diese Oberkirche besaß die bedeutendste „Kettenbibliothek“ Schlesiens. Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit hatte man nämlich die wertvollen Bücher mit Ketten an Pulten oder Regalen befestigt, damit sie vor Ort gelesen und nicht gestohlen werden konnten. Der Kern dieser Kettenbibliothek geht auf die alte Kollegiatbibliothek zurück und wurde später durch Klosterbestände ergänzt. Allein der erhaltene Bestand umfasst rund 1600 Bände, darunter etwa 300 Frühdrucke, die nach 1945 in die Universitätsbibliothek Breslau gelangten. Und weil Herzog Georg Rudolf von Liegnitz leidenschaftlicher Förderer von Musik und Literatur war, legte man wohl in die Zeitkapsel der Oberen Kirche durch ihn geprägte Münzen und Dokumente. Er selbst gründete die nach ihm benannte „Bibliotheca Rudolfina“, die er mit theologischen, medizinischen und Musikbüchern bestücken ließ. Georg Rudolfs „Rudolfina“ stiftete er der Schule an der St.-Johannes-Kirche, dem Gotteshaus, in dem er 1653 begraben wurde. Er holte auch den in Bunzlau geborenen Dichter Martin Opitz (1597–1639) an seinen Hof. 1622 wurde Georg Rudolf Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“, der ersten und mit 890 Mitgliedern auch der größten deutschen Sprachakademie.

Großer Stifter und Mäzen
Georg Rudolf war von 1602 bis 1653 Herzog von Liegnitz und 1615 bis 1653 auch Herzog von Wohlau. Er bekleidete von 1621 acht Jahre lang das Amt des Oberlandeshauptmanns von Schlesien. 1646 stiftete er das Liegnitzer Johannesstift, aus dem später die Liegnitzer Ritterakademie hervorgegangen ist. Diese diente erst dem schlesischen Adel und später auch dem Bürgertum als Schule. Von 1901 bis 1945 diente das Gebäude der Ritterakademie als staatliches Gymnasium.

Was mit den Schätzen der Zeitkapsel passiert, steht zwar noch in den Sternen, Andrzejewski hofft allerdings als Liegnitzer, dass der Schatz der Stadt Liegnitz erhalten bleibt, etwa durch Ausstellung im Kupfermuseum.


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