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KfW-Bank-Chef glaubt, dass Anleger kein Vertrauen mehr in US-Märkte haben
Noch im März warnte die Unternehmensberatung Ernst & Young davor, dass Deutschland für ausländische Unternehmen zunehmend unattraktiv wird: „Wir werden abgehängt, andere europäische Standorte entwickeln sich deutlich besser.“ Tatsächlich sind die Direktinvestitionen aus dem Ausland in die deutsche Wirtschaft vergangenes Jahr auf den niedrigsten Stand seit 2011 gefallen.
Nun aber meldet der Chef der bundeseigenen KfW-Bank ein steigendes Interesse internationaler Investoren an Deutschland: „In meinen mehr als 30 Berufsjahren habe ich noch nie einen so rasanten Stimmungswechsel miterlebt“, so der KfW-Chef Stefan Wintels. Gegenüber dem „Handelsblatt“ erklärte er: „Viele institutionelle Investoren sind in den USA überinvestiert und würden gern stärker in Europa und innerhalb Europas, insbesondere in Deutschland, investieren.“
Die Bundesregierung hat zwar einen Bürokratieabbau, einen Investitionsbooster und eine Senkung der Körperschaftsteuer angekündigt – bis die Maßnahmen in der Wirtschaft eine Wirkung zeigen, wird aber noch geraume Zeit vergehen.
Das eigentliche Motiv von Anlegern, in Deutschland zu investieren, dürfte vor allem in der derzeitigen Lage der USA zu suchen sein. In Übersee braut sich an den Finanzmärkten eine Entwicklung zusammen, die professionelle Investoren mit Sorge sehen. Staatsanleihen der USA, die jahrzehntelang als „sicherer Hafen“ galten, werden an den Anleihemärkten zunehmend unbeliebter. Am 21. Mai stieß die US-Finanzverwaltung bei einer Auktion von Anleihen mit 20-jähriger Laufzeit auf so schwache Nachfrage bei Investoren, dass sie ein deutlich besseres Angebot machen musste. Erst als den Anlegern ein Zinssatz von fünf Prozent geboten wurde, fanden sich genug Käufer.
Beobachter sehen als unmittelbaren Anlass für den Anstieg der Renditen auf US-Staatsanleihen die Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Moody's. Diese hat die Bonität der Vereinigten Staaten am 16. Mai von der Bestnote „AAA“ auf „AA1“ abgesenkt. Damit haben die USA auch bei der letzten der drei großen Ratingagenturen ihre Top-Bonität verloren. Die Agenturen Fitch sowie S&P hatten ihre Bonitätsbewertung der Supermacht schon vor einiger Zeit gesenkt. Moody's begründete den Schritt mit den Kosten zur Bedienung der Staatsschulden: Diese Kosten sind mittlerweile höher als bei anderen Ländern mit der Spitzen-Bonität, so Moody's.
Ende Mai summierten sich die Staatsschulden auf den historischen Höchststand von rund 36,9 Billionen US-Dollar. Die Staatsschuldenquote der USA – also das Verhältnis von Staatsverschuldung zum Bruttoinlandsprodukt – lag Anfang des Jahres bei 124 Prozent. Die Zinslast für diese Staatsverschuldung wird 2025 1,17 Billionen US-Dollar betragen.
Trump verspielt Anlagevertrauen
Im März hatte Hedgefonds-Manager Ray Dalio angesichts der hohen Schuldenquote gewarnt, dass die USA unmittelbar vor einer Schuldenkrise stehen. Dabei geht es nicht um einen Zahlungsausfall, wohl aber um einen Rückzug ausländischer Käufer von Staatsanleihen und höhere Renditeerwartungen von Investoren. Dies könnte die Kreditkosten für die Vereinigten Staaten schnell untragbar machen.
Dalio wies auf die Möglichkeit drastischer Maßnahmen wie eine Umschuldung, politischen Druck auf Käufer oder die Kürzung von Zahlungen an bestimmte Länder hin. Donald Trump nahestehende Ökonomen haben unter dem Stichwort Mar-a-Lago-Accord vorgeschlagen, ausländische Gläubiger dazu zu bringen, ihre US-Staatsanleihen in solche mit bis zu 100-jähriger Laufzeit oder keiner Verzinsung umzuwandeln. Da kein Gläubiger freiwillig auf so einen Tausch eingehen würde, soll über Zölle oder die Drohung, den militärischen Schutz zu entziehen, Druck auf ausländische Kreditgeber ausgeübt werden. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schreibt im Zusammenhang mit solchen Ideen: „Es gibt keinen sichereren Weg, das Vertrauen in den Dollar zu unterwandern.“ Tatsächlich dürfte allein schon die Diskussion solcher Pläne viele Investoren dazu veranlassen, das Weite zu suchen.
Auf der Suche nach Alternativen kommt Deutschland ins Blickfeld von Investoren. Zwar hat auch die Bundesregierung ein großes Schuldenpaket beschlossen, aber im Vergleich zu den USA wirkt Deutschland mit einer Schuldenquote von 63 Prozent stabil. Auch Bundesanleihen haben international immer noch den Ruf als „sicherer Hafen“.
Die Abwahl der Ampelregierung und die Neubesetzung des Wirtschaftsministeriums können für internationale Investoren durchaus Anlass sein, eine Direktinvestition in Deutschland ins Auge zu fassen. Zwar haben Autobauer und auch die Chemiebranche hierzulande ganz massive Probleme, vorhanden ist aber noch immer eine industrielle Basis und ein breiter Mittelstand samt zahlreicher Weltmarktführer, die quasi das Tafelsilber des Wirtschaftsstandortes darstellen.