27.07.2025

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Toni Bauhofer auf BMW überglücklich nach seinem Sieg beim Kolberger Bäderrennen 1929, bei dem er ohne Sturz und unversehrt ins Ziel kam
Bild: WikimediaToni Bauhofer auf BMW überglücklich nach seinem Sieg beim Kolberger Bäderrennen 1929, bei dem er ohne Sturz und unversehrt ins Ziel kam

Kolberg

Internationales Bäderrennen in Pommern

Auf spektakulären Rennkursen wurde dem begeisterten Publikum der großartigste Motorsport seiner Zeit geboten

Jürgen Ehmann
27.07.2025

Erstmalig fand am 29. Juli 1923 in Swinemünde das vom Motorrad Club Deutschland im Auftrag des Deutschen Motorradfahrer-Verbandes (D.M.V.), der seinen Sitz in Berlin hatte, ausgerichtete Motorrad-Bäderrennen statt. Ein Ereignis, dass sich im Laufe der kommenden Jahre zu einem gesellschaftlichen und sportlichen Großereignis ersten Ranges entwickelte.

In diesem mit internationaler Beteiligung veranstalteten Rennsportspektakel setzten sich in den vier größten Klassen Motorräder deutscher Firmen wie NSU und Wanderer durch und errangen jeweils die ersten drei Plätze sowie den großen Motorrad-Wanderpreis von Deutschland. Zwei englische Maschinen (Zenithwagen und Triumph) und eine italienische (Garelli) waren parallel dazu in der Amateurklasse siegreich.

Nach dem großen Erfolg des Vorjahres meldeten für den 12. und 13. Juli 1924 weit über 100 Teilnehmer, darunter auch viele im Motorradsport bekannte Namen. Da die Bahnstrecke Swinemünde–Ahlbeck die ausgewählte Rennstrecke kreuzte, war die für die Rennen vorgesehene Strecke auf sechs Runden – insgesamt 117,6 Kilometer – beschränkt worden.

Die Veranstaltung am 28. und 29. Juni 1925 sah dann schon tatsächlich 136 Fahrer aus sieben Nationen und hervorragende Einzelleistungen. Für damalige Verhältnisse saßen wahre Rennvirtuosen in den Sätteln, der nicht immer leicht zu handhabenden Maschinen, die alles andere als leicht durchs anspruchsvolle Streckengelände knatterten. Bei diesem Rennereignis musste der deutsche Top-Rennfahrer Bleckert sich mit einem undankbaren vierten Platz in der Kategorie II (175 ccm, 156,8 Kilometer) zufriedengeben. Der Vorjahressieger Hans Przybilski in der 150-ccm-Klasse gewann diesmal in der 125-ccm-Klasse.

Verlegung nach Kolberg
Die Motorradrennen des D.M.V. entwickelten sich dank ihrer vorbildlichen Durchführung, ihrer hervorragenden Organisation und ebenso aufgrund des begeisterten Publikums sowie großartiger Leistungen in motorsportlicher Hinsicht zu den größten Landstraßenwettbewerben Deutschlands und waren fortan generell eines der größten Ereignisse im deutschen Motorsport.

Der D.M.V. veranstaltete ab 1926 die Rennereignisse weiter im östlichen Teil Pommerns – in Kolberg, die ab sofort als Internationale Bäderrennen veranstaltet wurden. Am 3. und 4. Juli fiel der erste Rennstartschuss, zugleich der Start eines der drei für Deutschland seitens der Fédération Internationale des Clubs Motocycliftes freigegebenen Rennen.

Die Start-Ziel-Rundstrecke an der Hohen Bergschanze auf der Chaussee Kolberg–Belgard führte mitten durch Kolberg vorbei an der Körliner Straße, Kummertstraße, Neumarktstraße, Baustraße, Neustadt, Mühlenpost, Treptower Straße, weiter durch die Orte Karlsberg, Selnnow, Kautzenberg, Semmerow, Pustar, Damgard sowie Zernin – und von dort aus wieder zurück nach Kolberg. Es wurden exakt 193,41 Kilometer absolviert, was sieben Runden von jeweils 27,63 Kilometer Streckenlänge entsprach.

In der 175-ccm-Klasse dominierten auf den ersten drei Plätze Friedrich, Sprung und Müller aus Zschoppau – die alle auf einer DKW-Maschine fuhren – und verwiesen den Swinemünder Borkenhagen auf den vierten Platz. Den Großen Motorrad-Wanderpreis von Deutschland gewann der Münchener Bauhofer auf seiner 499-ccm-BMW mit der schnellsten Zeit des Tages. Dabei erreichte er zeitweilig eine Spitzengeschwindigkeit von weit über 100 Kilometern in der Stunde.

Wie wichtig das Bäderrennen für Kolberg letztendlich war, zeigte die Zeichnung einer Garantiesumme von immerhin 7000 Reichsmark für das am 30. und 31. Juli 1927 stattfindende Ereignis. Eine Summe, die damals gewaltig erschein.

Auf Felgen ins Ziel gerettet
Für einen noch besseren Rennverlauf hatte die Stadt Kolberg zusätzlich ein im Jahr zuvor an der Kautzenberger Ecke die Sicht behinderndes Gehöft aufgekauft und umgehend niedergelegt, um die Rennstrecke zu entschärfen. Trotzdem stürzte Titelverteidiger Bauhofer zwei Tage vor der eigentlichen Veranstaltung beim Training schwer und musste mit einem komplizierten Armbruch und anderen Verletzungen ausscheiden.

Ein Kunststück gelang wiederum dem Engländer Ashby in der 250-ccm-Klasse, der in einer fabelhaften Zeit von nur
20 Sekunden sein Motorrad auftankte und trotz einer späteren Schlauchpanne sich auf den Felgen Funken schlagend über die Ziellinie rettete und somit überlegen siegte. Wie anspruchsvoll das Rennen für Fahrer und Motorräder war, beweist die große Anzahl an Fahrern, die wegen Maschinendefekten das Wettrennen aufgeben mussten.

Einsamer Sieger
Ernst Jakob Henne aus München siegte auf seiner BMW mit einer damals schier unglaublichen Durchschnittsgeschwindigkeit von 105,5 Kilometern und erhielt dafür den Wanderpreis von Deutschland nebst dem silbernen Schild der Stadt Kolberg sowie ein Preisgeld von immerhin 1000 Reichsmark.

Im Gegensatz zu früheren Veranstaltungen starteten die Teilnehmer am 12. August 1928 in vier Kategorien: die 250-ccm-Klasse musste eine Gesamtstrecke von 276,98 Kilometern bewältigen; die 350-, 500- und 1000- ccm-Klassen hingegen knatterten 332,38 Kilometer Gesamtstrecke an einem Tag entlang.

Start und Ziel wurden nach Kautzenberg verlegt, wo ein besserer Überblick über einen großen Teil der Rennstrecke vorhanden war – sowohl für die Rennleitung als auch für die Fahrer sowie für das begeisterte Publikum. Von 54 Meldungen starteten zu guter Letzt 40 qualifizierte Fahrer und von diesen kamen wiederum nur elf ins Ziel.

Pech hatte – wie schon im Vorjahr – auch diesmal wieder der Rennfahrer Bauhofer, den es mit einem Sturz wegen des Bruchs der Federgabel aus dem Rennen katapultierte. Der Engländer Ashby gewann in der 500-ccm-Klasse mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 105,45 Kilometern in der Stunde den Wanderpreis vor Henne, der wegen eines Reifendefekts ausschied. Kurios: In der schweren und daher extrem anspruchsvollen 1000-ccm-Klasse beendete der Berliner Erich Tennigkeit aus dem Rennstall Rudge-Whitworth wegen des vorzeitigen Ausscheidens der anderen Teilnehmer allein das Rennen.

Im Juni 1929 verstarb der bei der Tourist-Trophy auf der Insel Man gestürzte Ashby an den Folgen eines Schädelbruchs. Er gewann in Kolberg 1925 und 1928 den Großen Wanderpreis und siegte dort 1927 in der 250-ccm-Klasse. Er ging als großartiger Motorsportler und als ein phantastischer Sportsmann in die Geschichte ein. Seine spektakulären Siege bei den Bäderrennen von Kolberg bleiben unvergessen.

Aus wegen Sicherheitsgründen
Wegen schwerer Unfälle mit Todesopfern im Frühjahr 1929 wurden alle Automobil- und Motorradrennen auf öffentlichen Straßen, darunter am 12. Juni 1929 auch das für den 23. Juni 1929 angekündigte Kolberger Bäderrennen, vom preußischen Innenmister Albert Karl Wilhelm Grzesinski verboten. Jedoch erhielt Kolberg vom Innenministerium kurzfristig eine Sondergenehmigung. In diesem Jahr wurden gleichzeitig die ursprünglich für die Avus in Berlin vorgesehenen Meisterschaftsläufe der Klassen 500 bis 1000 ccm neben dem Internationalen Rennen auf der geänderten Kolberger Rennstrecke abgehalten. Eine wegen schmaler Straßenbreite von den Fahrern beanstandete und ebenso gefürchtete Nebenstraße, die das Überholen erschwerte, wurde durch die Verbindungschaussee Pustan–Bogenthin–Wobrow–Necknin–Kolberg ersetzt. Die um 25,75 Kilometer verkürzte Strecke gewann dadurch aber zugleich an interessanten Kurven und fahrtechnischen Schwierigkeiten.

Wegen einer hervorragenden Organisation und trotz starkem Regen blieb das Rennen dennoch von schweren Unglücksfällen verschont. Schnellster Mann des Tages war diesmal der Münchner Bauhofer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 104 Kilometern in der Stunde, der endlich einmal unbeschadet und sturzfrei ins Ziel kam.

Ende des Jahres 1929 legte der D.M.V. den Termin für Kolberg auf den 7. Juni 1930 fest. Der Ausbau einer behelfsmäßigen Rennstrecke konnte zum vorgesehenen Termin nicht abgeschlossen werden, sodass die Stadt Kolberg dem Verband vorschlug, die Veranstaltung auf der Avus durchführen zu lassen. Zugleich wurde vorgeschlagen, sollte das Bäderrennen in den nächsten fünf Jahren in Kolberg ausgetragen werden, die Rennstrecke den Behördenvorschriften entsprechend auszubauen. So wurde im Jahr 1930 das Rennen von Kolberg nach Berlin auf die berühmte Avus verlegt. Sportlich verständlich, aber die einzigartige, spektakuläre Atmosphäre aus Kolberg fehlte dennoch.

Von der Avus auf die Hilfsstrecke
Bei starker internationaler Besetzung waren am 28. September 1930 die beiden Deutschen Werner Huth und Eduard Kratz, beide auf BMW, die schnellsten Fahrer. Beim Hauptrennen, dem Großen Bäderpreis von Deutschland, mit 68 Teilnehmern erreichte der Engländer Handley in der ersten Runde zwar eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 160 Kilometer, was ihm aber nichts nutzte, denn er schied schon in der zweiten Runde aus.

Am 2. August 1931 fand das Internationale Bäderrennen auf dem von Carl von Halfern, Oberpräsident der Provinz Pommern, als Hilfsrennstrecke genehmigten Ostseering Misdroy–Neuendorf–Warnow–Misdroy statt. Die 19,6 Kilometer lange Streckenrunde führte durch den hiesigen Wald und war mit Steigungen, Gefällen und 67 Kurven anspruchsvoll ausgestattet. Von 71 gemeldeten Fahrern fehlten bereits 26 am Start. Der Wiener Kuntsch auf NSU errang über die gesamten 314,56 Kilometer den begehrten Bäder-Preis.

Im Jahr 1932 wurde das Misdroyer Bäderrennen wegen der extrem ungünstigen Wirtschaftslage abgesagt, ebenfalls die für August 1933 geplante Veranstaltung.


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