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Die neue Premierministerin setzte auf Kontinuität mit Erneuerung aus einem traditionellen Selbstverständnis sowie Stärke und Mut heraus
Mit der Wahl von Sanae Takaichi zur ersten Premierministerin Japans hat das Land, das sonst eher für politische Kontinuität und leise Übergänge bekannt ist, einen historischen Moment erlebt. Zum ersten Mal in der Geschichte steht eine Frau an der Spitze der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt – und sie steht dort nicht als Symbol feministischer Emanzipation – wie die Baerbocks dieser Welt glauben –, sondern als Vertreterin eines dezidiert konservativen Selbstverständnisses. Die 64-jährige Takaichi aus der mächtigen Liberaldemokratischen Partei ist keine Rebellin gegen das Establishment, sondern vielmehr dessen entschlossene Erneuerin. Ihre Wahl ist damit weniger Revolution als Rückbesinnung: nämlich ein Versuch, Japan aus der aktuellen Lethargie des politisch Gewohnten zu lösen. Dies ohne die geistige Grundlage des Landes infrage zu stellen. Die engagierte Politikerin, die Englands „Eiserne Lady“, Margaret Thatcher, als Vorbild hat, ist die Inkarnation der modernen japanischen Rechten: hochgebildet, patriotisch – nicht nationalistisch –, technikfreundlich, aber skeptisch gegenüber gesellschaftlichen Experimenten.
Takaichi war stets glühende Anhängerin des verstorbenen Premierministers Shinzo Abe und gilt als Hüterin seines politischen Erbes. Sie setzt auf eine aktive Wirtschaftspolitik, die sich auf Staatsinvestitionen und industriepolitische Impulse stützt, ohne den marktwirtschaftlichen Rahmen aufzugeben. Ihre „Takaichinomics“ sollen dabei Wachstum und Wehrfähigkeit miteinander vereinen. Der Staat soll lenken dürfen, wo Märkte versagen, ansonsten lenkt der Markt allein. Das ist eine Haltung, die in Tokio pragmatisch klingt, in Berlin aber Erinnerungen an längst überwundene Steuerungsträume weckt. Doch Takaichi ist keine Ideologin der Vergangenheit, sondern eine Realpolitikerin im Hier und Heute. Ihr Grundgedanke lautet: Ein Land, das ökonomisch stagniert und militärisch zögert, verliert auch die geistige Souveränität.
Die Alterung der Gesellschaft, der Fachkräftemangel – all das bildet den Hintergrund ihrer Agenda. Migration, das große Tabuthema in Japans Politik, will sie dosiert zulassen. Aber: Ihre Antwort auf den Bevölkerungsschwund ist nicht kulturelle Öffnung, sondern technologische Beschleunigung: Automatisierung, Robotik, Digitalisierung sollen den Mangel an Händen kompensieren.
Konsequent gegenüber China
Nach innen will Japans erste Regierungschefin ein Gefühl nationaler Zusammengehörigkeit erneuern, das ausgerechnet dem traditionsbewussten Japan in den vergangenen Jahrzehnten peu à peu verloren gegangen scheint. Dafür will sie nach außen dem Land wieder eine Stimme geben, die man hört – auch wenn sie unbequem ist. Ihre außenpolitische Vision ist klarer denn je: Japan soll militärisch eigenständiger werden, seine Selbstverteidigungskräfte ausbauen, die Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten verringern, aber die Allianz mit den USA dennoch festigen. Gegenüber China kündigt sie eine erheblich konsequentere Haltung an, und gegenüber Nordkorea ist sie Realistin, nicht Romantikerin.
Für Deutschland, das in Asien bislang eher als Wirtschaftspartner denn als sicherheitspolitischer Akteur wahrgenommen wurde, entsteht daraus eine doppelte Herausforderung. Einerseits eröffnet sich die Chance, mit Japan enger zu kooperieren – in der Technologiepolitik, bei kritischen Rohstoffen, bei der Sicherung globaler Lieferketten. Denn beide Nationen teilen eine industrielle DNA, einen hohen Bildungsanspruch, den Glauben an Vernunft und Ordnung. Andererseits zwingt Takaichis Kurs Europa, nachzudenken: Sollte Japan ein stärkerer Teil einer US-geführten Sicherheitsarchitektur im Pazifik werden, wächst der Druck auf Berlin, Farbe zu bekennen – zwischen der ökonomischen Rücksicht auf China und der strategischen Loyalität gegenüber der westlichen Wertegemeinschaft.
Japan als Spiegel Europas
Auch wirtschaftlich könnte Japans Neuorientierung zum Prüfstein werden. Denn ein „Japan First“ in der Industriepolitik könnte die Handelsbeziehungen mit Deutschland erschweren, aber auch Anreiz sein, die Partnerschaft zu vertiefen, bevor andere sie definieren. Für die deutsche Außenpolitik liegt darin eine Chance. Das Land der aufgehenden Sonne ist kein Exot, sondern ein Spiegel für das, was Europa selbst bevorsteht: ein Kampf um wirtschaftliche Vitalität, sicherheitspolitische Eigenständigkeit und kulturelle Identität in einer Welt, die gerade dabei ist, ihre Gewissheiten zu verlieren.
Takaichis Aufstieg ist deshalb mehr als ein fernöstliches Ereignis. Er ist ein Zeichen dafür, dass Konservatismus als Mut zur Kontinuität ein wertvoller Polit-Impuls ist. Japan wagt den Versuch, Stärke neu zu denken – nicht als Machtdemonstration, sondern als Sicherung der Freiheit. Doch für Europa, das immer stärker ideologisiert scheint, dabei grün-linke Dogmen wie göttliche Gebote initiiert, sollte sich ein Beispiel nehmen. Denn manchmal zeigt sich die Zukunft der westlichen Ordnung zuerst dort, wo man sie am wenigsten erwartet: in einem Land, das nie laut ist – aber, wenn es spricht, die Welt aufmerksam werden lässt. In diesem Sinne steht Japan vor einem „Neustart im Stillen“, und wir in Deutschland sollten – mal ohne Arroganz – genau hinsehen.