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Tirol

Kaminfeuer statt Halligalli

Fliegende Forellen und Jachtclub am Berg – Winterliche Geschichten von der Brixentaler Jochstub’n

Carolin Weinhold
05.02.2024

Skier abschnallen, durch die Tür treten – und sich wie zu Hause fühlen. Anders kann man das Gefühl hier auf der Jochstub'n, die sich in 1634 Metern Höhe an den Zinsberg schmiegt, nicht beschreiben. Eine große, gemütliche Stube, im Kamin prasselt ein Feuer und in der Ecke sitzt der Stammtisch. „Kommt rein, ist noch genug Platz“, ruft Wirt Hans.

Schon seit mehr als 40 Jahren lebt und arbeitet er hier oben. Und lässt seiner Kreativität freien Lauf: Die Geschichte eines Hüttenwirts, der sein eigenes Logistik-Konzept entwickelt hat und zu spontanen Musikabenden einlädt. Der einen Segelclub am Berg gegründet hat und am liebsten fliegende Fische zubereitet.

Und der sich nach getaner Arbeit gerne zum Kartenspielen niederlässt. „Wenigstens den Nachmittag möchte ich genießen, wenn ich schon morgens nicht mehr machen kann, was ich mag“, sagt er mit einem Augenzwinkern. „In den ersten paar Jahren als Hüttenwirt konnte ich noch in der Früh den Tiefschnee genießen und mich dann ganz allmählich dem Mittagessen für die Gäste widmen. Damals gab's ja nur Würstel und Suppe, ganz unkompliziert.“

Längst sind die kulinarischen Ansprüche bei seinen Tagesbesuchern gewachsen, ebenso der Betrieb. Der liegt inmitten in der SkiWelt Wilder Kaiser – Brixental. Geographisch betrachtet liegt diese genau im Herzen von drei Gemeinden, fünf Almen und zwei Bezirken. Zentraler geht es eigentlich nicht. Nur die Anbindung ist das Problem – oder der große Vorteil, aber dazu später.

Zwar können Urlauber von gleich mehreren Bergbahnstationen idyllisch hinwandern, Skifahrer kommen sowieso vorbei, wenn sie die Pisten oberhalb von Brixen im Thale erkunden. Aber in unmittelbarer Nähe gibt es weder eine Liftstation noch eine Straße – wie also die Materiallieferungen bewerkstelligen?

Irgendwann kam Beihammer die zündende Idee: 400 Meter unterhalb der Jochstub'n hat er ein Zwischenlager eröffnet, das Lieferanten problemlos mit ihren frischen und regionalen Lebensmitteln anfahren können. „Wenn ich am Berg etwas brauche, setze ich mich einfach aufs Skidoo oder in die Pistenraupe und fahre mein Lager von oben an.“

Beihammer führt die Jochstub'n als klassischen Familienbetrieb – gemeinsam mit Ehefrau Bärbel, Sohn Hans-Peter und Schwiegertochter Betti. „Wir sind eine sehr ruhige, gemütliche Hütte und setzen auf Authentizität statt Halligalli.“

Der Familie Beihammer ist es wichtig, dass es in dem weitläufigen Skigebiet mit seinen etwa 270 Pistenkilometern und rund 80 Hütten auch Rückzugsorte zum Innehalten und Verweilen gibt. Das geht hier ausgezeichnet: herzhafte Tiroler Gerichte auf der Speisekarte und eine urig-gemütliche Atmosphäre am Kaminfeuer, vor allem dann, wenn sich Mitarbeiter und Gäste Klarinette, Trompete oder Akkordeon schnappen und gemeinsam musizieren. Auch vor der Tür ist es wie im Paradies: Kaisergebirge, Loferer Steinberge und Großglockner stehen Spalier und spiegeln sich spätestens beim Sonnenskifahren im Speichersee.

Apropos Speichersee: Zu dem hat Beihammer einiges zu erzählen. Dort leben die Gebirgsforellen, die er – mit Salat und Sahnecreme – seinen Gästen wärmstens empfiehlt. „Die Forellen kamen einst angeflogen“, erzählt Hans. „Wildenten hatten den Laich unter ihren Flügeln und setzten ihn dann hier im Speichersee aus.“ Auch der Wirt selbst hat auf dem See schon mal etwas ausgesetzt: ein Segelboot. „Das habe ich vor etwa zehn Jahren zum Spaß gekauft und hergebracht. Damals hatte der Teich noch viel zu wenig Wasser, segeln konnte man sowieso nicht.“ Doch dann wurde er aufs Doppelte erweitert, und Beihammer gründete mit Peter Widmann, dem Betriebsleiter der Bergbahnen – den Jachtclub Jochstub'nsee. Mittlerweile gibt es zwei Boote und acht Kapitäne, die Gäste mit gültiger Liftkarte jeden Sonntag und Dienstag kostenlos mit auf einen Segeltörn in 1600 Meter Höhe nehmen. „Im Sommer müsst ihr also unbedingt wiederkommen“, muntert Beihammer seine Gäste auf. Die meisten werden diesem Wunsch gerne nachkommen.

Die Gästekarte, die es automatisch bei der Anmeldung im Hotel gibt, gilt als Fahrschein für den Regionalverkehr.
Infos: Tourismusverband Kitzbüheler Alpen – Brixental, Dorfstraße 11, A-6365 Kirchberg in Tirol, Telefon 0043 (0) 57507 2000, E-Mail: info@brixental.tirol, www.brixental.tirol


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