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Während die USA ohne Not auf Konfrontation mit dem Nachbarn gehen, könnte Deutschland profitieren
In Ottawa herrscht Alarmstufe Rot. Was lange ein stabiler Freihandel mit dem wichtigsten wirtschaftlichen Nachbarn im Süden war, droht zu einem der gravierendsten Brüche in den transatlantischen Beziehungen seit Jahrzehnten zu werden. Kanadas immense Bodenschätze, jahrzehntelang eine tragende Säule der partnerschaftlichen Wirtschaftsbeziehungen mit den USA, werden zunehmend zum politischen Zankapfel. Dabei war das Verhältnis zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten stets ein Musterbeispiel nüchterner Zweckfreundschaft. Der Norden lieferte, der Süden kaufte. Kanada förderte, die USA veredelten. Vom Nickel bis zum Kobalt, vom Uran bis zu den begehrten seltenen Erden: Kanada war der Rohstoff-Speicher Amerikas. Mehr als die Hälfte der Mineralienexporte gingen über die Grenze nach Süden. Ein Geschäft, von dem beide Seiten profitierten – bisher.
Denn US-Präsident Donald Trump löst erneut heftigen Wind im Land des Ahornblattes aus. Erst vor wenigen Tagen nahm der Zollkrieg zwischen Ottawa und Washington eine neue Wendung: Die USA verstärkten ihre Strafzölle auf kanadische Importe und forderten erneut, Kanada sei „zu ihrem 51. Bundesstaat“ zu machen – ein rhetorischer Affront, der in Kanada nicht nur Kopfschütteln, sondern echte politische Verstörung auslöste. So wandelt Trump – zumindest verbal – auf ähnlichen Spuren wie Putin.
Kanada orientiert sich neu
Kanada gehört zu den rohstoffreichsten Staaten der Welt. Besonders wertvoll sind seine Vorkommen an kritischen Mineralien und seltenen Erden – Metalle und Elemente, die in der Elektromobilität, der Halbleiterproduktion, der Erneuerbaren Energie und für Verteidigungsanwendungen mittlerweile unentbehrlich sind. Ohne Lithium, Kobalt, Nickel oder seltene Erden fehlen die Grundbausteine moderner Batterien und Hochtechnologie. Diese Rohstoffe sind ein strategisches Gut – und genau darin liegt das Dilemma der USA. Während Washington versucht, seine industrielle Basis „heimzuholen“ und sich von China zu emanzipieren, verschreckt die Trump-Regierung genau die bisher so zuverlässige, geografisch nahe Lieferquelle, die Amerika eigentlich benötigt. Dass die USA große Anstrengungen unternehmen, ihre eigene Rohstoffförderung auszubauen, zeigt der aktuelle Plan der Regierung, historische Deals mit der heimischen Bergbauindustrie abzuschließen, um die Produktion kritischer Mineralien zu steigern und Lieferketten zu sichern. Doch dieser nationale Ansatz braucht Zeit – und ist teuer. Gleichzeitig verprellt Washington mit seinen Zöllen genau jene Lieferanten, die kurzfristig Abhilfe schaffen könnten.
Diese besagten Zölle auf kanadische Waren – zuletzt auf 35 Prozent angehoben – treffen dabei nicht nur Rohstoffe, sondern die gesamte Wertschöpfungskette nordamerikanischer Industrie. Ottawa reagierte trotzig mit eigenen Abgaben, während immer mehr Kanadier sich in Umfragen sogar einen EU-Beitritt vorstellen – ein symbolisches, aber deutliches Zeichen der Unzufriedenheit gegenüber Washington.
Ein überraschender Effekt zeigt sich inzwischen in Statistiken: Trotz der Zollbarrieren konnte Kanada im September 2025 seinen Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA steigern – besonders Metall- und Mineralienexporte trugen dazu bei. Dieser Trend spricht dafür, dass Kanada seine Exportströme neu ordnet und zugleich versucht, sich gegen den wirtschaftlichen Druck zu stemmen.
Die Abhängigkeit der USA von Rohstoffen zeigt sich am deutlichsten bei seltenen Erden: Chinas dominierende Stellung in dieser Branche hat in den vergangenen Monaten schon für Spannungen gesorgt, und Trump hat darauf mit internationalen Allianzen reagiert, um neue Lieferketten – etwa mit Australien, Südkorea und Japan – zu etablieren.
Doch genau hier liegt eine geopolitische Öffnung: Kanada, das über reichhaltige Vorkommen verfügt, aber bislang in der Verarbeitung und Veredelung meist noch auf China angewiesen war, könnte zum Bindeglied zwischen Europa und der Rohstoffwelt werden. Für Deutschland ist das eine historische Chance. Die deutsche Industrie steht mitten in der Transformation zur Elektromobilität und digitalen Hochtechnologie – und braucht dringend stabile Quellen für Lithium, Graphit, seltene Erden und weitere Mineralien.
Neue Partnerschaften am Horizont
In Berlin wie in Brüssel wird längst über Alternativen zu den bisherigen Lieferketten nachgedacht. Gespräche zwischen deutschen und kanadischen Wirtschaftsvertretern laufen bereits auf Hochtouren. Dabei geht es um langfristige Lieferabkommen, gemeinsame Förderinitiativen und Partnerschaften bei der Rohstoffverarbeitung – vom Abbau über Verarbeitung bis zu Hightech-Zulieferketten. Diese deutsch-kanadischen Annäherungen könnten nicht nur strategische Versorgungssicherheit bringen, sondern auch Europas Position in einem zunehmend multipolaren Rohstoffmarkt stärken.
Was als Wirtschaftspolitik verkauft wird, wirkt daher für die USA zunehmend selbstzerstörerisch. Statt den amerikanischen Industriesektor zu stärken, verprellt Trump bisher verlässliche Rohstoffpartner. Kanada, dessen Rohstoffe für Jahrzehnte globale Nachfrage decken könnten, stellt sich neu auf – weg von der Abhängigkeit vom US-Markt, hin zu vielfältigeren internationalen Beziehungen. Und während Washington weiter auf Konfrontation setzt, könnte Deutschland aus diesem geopolitischen Zoff als stiller Profiteur hervorgehen.