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Internethandel

Kaufland attackiert Amazon

Die schwäbische Schwarz-Gruppe baut ihr Digitalgeschäft aus. Im Mittelpunkt steht dabei die digitale Verkaufsplattform „Kaufland Marketplace“

Hermann Müller
19.04.2024

Mit ihren Tochterunternehmen Lidl und Kaufland ist die Schwarz-Gruppe aus Neckarsulm zum weltweit erfolgreichsten deutschen Einzelhandelsunternehmen aufgestiegen. Während die Schwarz-Gruppe im Jahr 2021 weltweit fast 154 Milliarden US-Dollar Umsatz erzielte, kam der Konkurrent Aldi trotz seiner Erfolge in Übersee global nur auf einen Umsatz von rund 121 Milliarden. Die Umsatzzahlen sicherten den beiden Unternehmen neben dem chinesischen Handelskonzern JD eine Sonderstellung. Die Schwarz-Gruppe und Aldi sind neben JD die einzigen nichtamerikanischen Unternehmen, die in der Liste der weltweit zehn größten Einzelhändler auftauchen. Mit Namen wie Walmart, Amazon und Costco ist die Liste ansonsten eine Angelegenheit von US-Unternehmen.

Inzwischen baut die schwäbische Schwarz-Gruppe auch ihr Digitalgeschäft aus. Im Mittelpunkt steht dabei die digitale Verkaufsplattform „Kaufland Marketplace“. Ähnlich dem Geschäftsmodell des Amazon Marketplace kooperiert auch Kaufland bei seiner Handelsplattform mit Online-Händlern, die auf dem Kaufland-Marktplatz ihre Artikel im eigenen Namen anbieten. In Deutschland gehört der Kaufland-Marktplatz mit mehr als 45 Millionen Produkten bereits zu den größten Online-Marktplätzen.

Fullfillment-Service seit Februar
Ableger gibt es inzwischen in Tschechien und der Slowakei. Vor Kurzem kündigte Kaufland an, ab Spätsommer seine Verkaufsplattform auch in Österreich und Polen anzubieten.

Wie bei den Branchenriesen Amazon und Ebay üblich, bietet der Kaufland Marketplace seit dem Februar auch einen sogenannten Fullfillment-Service an. Dabei übernimmt Kaufland für die Online-Händler, welche die digitale Handelsplattform nutzen, Lagerhaltung, Verpackung und Versand der Ware an. Mit dieser Entwicklung betreibt die Schwarz-Gruppe den Ausbau ihres Digitalgeschäfts mit einem erstaunlichen Tempo.

Richtig Fahrt aufgenommen hatte das Online-Geschäft nämlich erst im Oktober 2020 durch die Übernahme des Internetshops der Supermarktkette Real. Rolf Schumann, Vorstand Digitalisierung der Schwarz-Gruppe, hatte bei der Übernahme erklärt, dass die Kombination aus stationärem Geschäft und Online-Handel zusätzliche Möglichkeiten eröffne.

Tatsächlich hat die Schwarz-Gruppe mit ihrer hohen Präsenz in der Fläche durch die Lidl- und Kauflandmärkte einen Vorteil, den Online-Marktplätze wie Amazon und Ebay nicht haben. Weltweit existieren nämlich mittlerweile rund 13.700 Lidl- und Kaufland-Filialen. Dies sorgt auch bei Kunden, die dem Online-Handel skeptisch gegenüberstehen, für einen hohen Bekanntheitsgrad. Die Kunden haben gegenüber einer jahrzehntelang bekannten Marke wie Kaufland zudem auch oft mehr Vertrauen als gegenüber Start-ups, die allenfalls eine kurze Unternehmensgeschichte vorweisen können.

Auch Otto will expandieren
Bislang ist in Deutschland noch immer Amazon der umsatzstärkste Online-Marktplatz. Konkurrenz bekommt das US-Unternehmen inzwischen nicht nur durch den digitalen Marktplatz von Kaufland. Auch der Hamburger Versandhandelsriese Otto, weltweit die Nr. 3 im Versandhandel, setzt verstärkt auf das Plattform-Prinzip. Auf dem Otto-Marktplatz bieten mittlerweile mehr als 6500 Händler Produkte an. Ähnlich wie Kaufland kann auch das Hamburger Unternehmen von der Bekanntheit der eigenen Marke profitieren. Punkten will Otto zudem durch faire Geschäftsbedingungen für die Händler auf seinem Marktplatz. Gerade gegenüber dem Marktführer Amazon wird immer wieder Kritik laut, er würde seine Marktmacht gegenüber Händlern ausnutzen. Zudem versucht Otto sich als Alternative zu asiatischen Anbietern von Billigstware wie Temu oder Shein zu positionieren.

Ob dieser Ansatz Erfolg hat, ist ungewiss. In der Rangliste der umsatzstärksten Online-Marktplätze in Deutschland hat sich die von China aus arbeitende Handelsplattform Temu bereits hinter Amazon, Ebay und nur knapp hinter Otto vorgearbeitet. Temu liegt damit ein Jahr nach dem Start in Deutschland bereits vor dem Kaufland-Marktplatz. Hinter dem Erfolg von Temu sehen Einzelhandelsexperten eine Mischung aus Billigpreisen, sehr kurzen Versandzeiten, dazu aber auch sehr geschickter Werbung auf den sozialen Medien. Zudem reagiert Temu äußerst schnell, wenn sich bei den Kundenbestellungen Produkttrends abzeichnen. Ob das erst 2022 in den USA gegründete und von China aus operierende Unternehmen diese Erfolgsstrategie hierzulande langfristig fortsetzen kann, ist nicht sicher.

Bislang nutzt Temu beispielsweise durch das Aufteilen von Ware auf mehrere Teilsendungen ein zollrechtliches Schlupfloch aus, das aus Sicht von Kritikern geschlossen werden muss. Auch Plagiate bekannter Markenprodukte, die über die Handelsplattform von China aus nach Europa verschickt werden, können nach Ansicht von Beobachtern für die Handelsplattform zu einem Problem werden.


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