21.10.2025

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Zünftig: Mit der Mütze, die auch noch gefüttert ist, kann man dem Wetter trotzen
Bild: SeegertZünftig: Mit der Mütze, die auch noch gefüttert ist, kann man dem Wetter trotzen

Tradition

Kein Museumsstück mehr

Die Wiederentdeckung der Pottmütze, oder: Wie Pommernwolle wärmt und Seelenzustände beschreibt

Torsten Seegert
19.10.2025

Wenn in den kommenden Wochen die Temperaturen fallen und der Wind noch etwas rauer an der pommerschen Küste weht, dann kann sich eine Pottmütze schon bald als recht nützlich erweisen, um den Naturgewalten zu trotzen. Denn: Die auch als „Potthüll“ bezeichnete aus der Wolle Rauhwolliger Pommerscher Landschafe gestrickte Kopfbedeckung wurde zwischenzeitlich zu diesem Zweck wiederentdeckt.

So sind sie wieder ein Stück weit zurückgekehrt in eine Welt, die sie eigentlich längst in Richtung musealer Aufbewahrung verlassen hatten. Durch blaue Seglermützen in der Mitte des 19. Jahrhunderts verdrängt, waren die wenigen bunten Zipfelmützen in den Magazinen der pommerschen Museen verschwunden, wo sie auf ihre Hebung als entschlüsseltes Strickmuster weit über 100 Jahre warten mussten.

Dann, im Jahre 2019, war es endlich soweit: Cornelie Müller-Gödecke aus Gribow begann sich die Pottmützen genauer anzuschauen und recherchierte. – Aber: Neben zwei originalen Strickmützen gab es lediglich einige Ansichtskarten, welche die innen bis in Ohrenhöhe gefütterten Kopfbedeckungen mit ihren stolzen Besitzern abbildeten. So kam es, wie es wohl kommen musste: Das Strickmuster vervollständigte sich mit den Strickversuchen.

Handstrick auch in USA beliebt
Heute, sechs Jahre nach der Rekonstruktion der pommerschen Pottmütze, werden die Muster mit dem Maschenbild sogar in drei verschiedenen Größen (S, M und L) zum Nachstricken auf ihrer Seite (wockensolle.de) vorgestellt. Und hier kann der Besucher auch noch eine Anleitung für eine weitere Strickmütze einsehen, die sogar in der amerikanischen Zeitschrift „Piecework“ veröffentlicht wurde – das Vorbild kam aus Gager auf Mönchgut, einer Halbinsel auf der Insel Rügen.

All das hat dann doch noch weitere Wellen geschlagen, sodass nun wieder pommersche Pottmützen gestrickt werden. Längst ergänzen sie perfekt die ebenfalls aus der Wolle der Pommernschafe hergestellten Hoodies der Firma Nordwolle – wie das Foto zeigt. Daher heißt es also: Wie auch immer man die kalte Jahreszeit verbringen möchte, eine Pottmütze gehört in Pommern wieder dazu.

Die Wiederentdeckung könnte in Zeiten „Künstlicher Intelligenz“ vielleicht auch unser gegenseitiges Verständnis befördern. Denn Pottmützen sind auch ungemein mitteilsam: Wie dem „Führer durch die Sammlung für deutsche Volkskunde“ von 1914 zu entnehmen ist, nutzte man die Strickmützen schon damals, um auch ohne soziale Netzwerke Seelenzustände mitzuteilen. Blaubunte Mützen standen für Trauer und rotbunte Mützen für Freude.

Vielleicht ist die vorgenannte Beschreibung auch für unsere Leser Anregung genug, sich den Pottmützen wieder zuzuwenden. So gesehen, könnten es einige der bunten Zipfelmützen vielleicht sogar bis auf die Gabentische zum Weihnachtsfest schaffen. Denn die Handarbeit ist nicht nur ein materielles Geschenk, sondern auch die Anerkennung der für das Stricken aufgewendeten Zeit und Sorgfalt.

Für die Anleitung zum Stricken der Pottmütze von Cornelie Müller-Gödecke folgt man am Besten dem QR-Code.

Info: www.wockensolle.de 


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