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Über die historischen und politischen Grundlagen der Bundeswehr, Veränderungen und Kontinuitäten im Kriegshandwerk – und die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz für den Kernauftrag der eigenen Armee
In seinem Buch „Deutsche Krieger“ beschreibt der Historiker Sönke Neitzel historische Entwicklungslinien, die es nach dem Selbstverständnis der Bundesrepublik und nach dem Traditionsverständnis der heutigen deutschen Armee eigentlich gar nicht gibt. Ein Gespräch über einen besonderen Aspekt unserer Geschichte und das schwierige Verhältnis der Deutschen zu ihren Streitkräften.
Herr Neitzel, was hat Sie dazu bewogen, eine Militärgeschichte „vom Kaiserreich zur Berliner Republik“ zu schreiben?
Der Ausgangspunkt war die Arbeit an dem Buch „Soldaten“ im Jahre 2010 mit Harald Welzer, in dem wir die Abhörprotokolle deutscher Kriegsgefangener aus dem Zweiten Weltkrieg analysierten. Damals war die Bundeswehr in Afghanistan in schwere Kämpfe verwickelt. Beim Verfolgen der Medienberichterstattung erinnerten mich viele Aussagen der Bundeswehrsoldaten an die Abhörprotokolle, die wir gerade auswerteten. Diese Gedanken haben zu weiteren Überlegungen geführt. Da ja auch die Wehrmacht nicht vom Himmel fiel, habe ich als Ausgangspunkt meiner Untersuchung die Gründung des Kaiserreichs 1871 gewählt. Von hier ab können wir von einem deutschen Militär sprechen. Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt jedoch auf der Bundeswehr.
Die Bundeswehr tut sich – wie die Republik insgesamt – schwer mit dem historischen Ballast. Immer wieder betonen ihre Repräsentanten den Neuanfang des Jahres 1945, so als ob der heutige deutsche Staat mit seinen Vorgängern nichts zu tun hat. Haben Armee und Gesellschaft einen Lernprozess durchlaufen, dass man der Geschichte ebenso wenig entfliehen kann wie den Herausforderungen der Gegenwart?
Ich sehe es – zumindest mit Blick auf die frühe Bundesrepublik – genau andersherum. In den ersten Jahren der Bonner Republik gab es eine starke Kontinuität zum Deutschen Reich. Natürlich hatte der Staat eine neue Verfassung und ein neues Parteiensystem, aber die Bundesbürger waren zuvor allesamt Bürger des Deutschen Reiches. Es gab keine Stunde Null, Elitenkontinuitäten gab es überall, im Journalismus, in der Kultur, in der Politik. Und es gab sie auch im Militär.
In Bezug auf das Militär hat die Bonner Republik zur Gestaltung des Übergangs zu einem Trick gegriffen und die Wehrmacht vom Nationalsozialismus getrennt. Dadurch konnten Millionen ehemalige Kriegsteilnehmer, darunter die meisten Politiker und Staatsdiener, in die neue Republik integriert werden. Dieser Gründungskompromiss endete erst in den 1990er-Jahren, als die Kriegsgeneration abtrat. Die letzten Bundestagsabgeordneten, die noch in der Wehrmacht gedient hatten, gingen 1998 in den Ruhestand, darunter Heinrich Graf von Einsiedel von der PDS und Alfred Dregger von der CDU. In dieser Zeit thematisierte die Wehrmachtsausstellung die Verbrechen deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg in einer Breite, wie dies wenige Jahre zuvor kaum denkbar gewesen wäre.
Parallel zum Abgang der Kriegsgeneration änderten sich auch die Aufgaben des Militärs. Die Politik sprach nicht mehr von Landesverteidigung, sondern von „Peacekeeping“. An die Stelle von Gefechtsübungen traten Rettungs- und Hilfseinsätze. Politik und Armeeführung versuchten nun, von den historischen Kontinuitäten wegzukommen, unter anderem mit neuen Traditionsrichtlinien. Das gelang oft nicht, bis heute gibt es immer wieder Skandale, die oft mit Rechtsradikalismus verbunden sind. In den späten 1990er-Jahren gab es dann sogar einen Untersuchungsausschuss des Bundestages, und damit begann der endgültige Abschied der Bundeswehr von der Wehrmacht.
Ein zentraler Begriff Ihrer Studie ist „Kohäsion“, also die Frage, was die Armeen in ihrer Zeit zusammengehalten hat.
Richtig. Aus der Soziologie kennen wir Kohäsionsmodelle, die den Zusammenhalt einer Gruppe erläutern. Neben der horizontalen Ebene der Primärgruppen, also der kleinen Truppengrößen bis zur Kompaniestärke, gibt es auch die vertikale Kohäsion, die den Bezug der Truppe zur politischen und militärischen Führung beleuchtet. Wenn also die Kampfverbände untereinander stark zusammenhalten und zugleich eine hohe Loyalität zur militärisch-politischen Führung zeigen, dann ist dieses Kohäsionsgeflecht besonders widerstandsfähig. Vermutlich war dies Geflecht in der deutschen Geschichte bei der Wehrmacht am widerstandsfähigsten; was dazu führte, dass die Armee bis zu ihrem Untergang nicht zusammenbrach. Dies war freilich tragisch, weil dies zu einer Verlängerung des Krieges führte, der mit irrsinnigen Verlusten erkauft wurde, allein 1945 hatte die Wehrmacht 1,2 Millionen Gefallene.
Sie beleuchten jede Armee aus drei Perspektiven: 1. die politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, 2. das innere Gefüge der Streitkräfte und 3. die handwerkliche Ebene, wo es um Strategien, Konzepte, Erfahrungen etc. geht. Hat die deutsche Gesellschaft ein Problem damit, anzuerkennen, dass das Kerngeschäft einer Armee das Kriegshandwerk ist?
Zweifellos. Und wie sollte es auch anders sein nach zwei Weltkriegen? Krieg ist in Deutschland – aber auch in anderen europäischen Ländern – äußerst negativ besetzt. Insofern ist die Begründung eines Kampfeinsatzes entscheidend für dessen Akzeptanz durch die Bevölkerung.
Ein Markstein in der Entwicklung der Bundeswehr ist der Afghanistan-Einsatz. Bis 2001 sprachen Armee und Politik von „Peacekeeping“. Die Soldaten galten als globale Sozialarbeiter, die Wiederaufbauhilfe leisteten. Mit dem Afghanistan-Einsatz musste die Bundeswehr jedoch wieder kämpfen – und die deutsche Öffentlichkeit sich all den Begleiterscheinungen stellen, die unsere Alliierten längst durchgemacht hatten: gefallene Soldaten, aber auch physisch und psychisch Versehrte.
In meinem Buch fordere ich im Grunde nur mehr Ehrlichkeit im Umgang mit den Realitäten. Als liberale Demokratie können wir natürlich sagen, dass wir die Kampftruppen abschaffen und nur noch ein bisschen Sanitätslogistik und Cyber-Abwehr betreiben wollen. Das wäre, wenn man sich das gesellschaftliche Klima ansieht, wahrscheinlich sogar der ehrlichere Weg. Allerdings stellt sich dann die Frage, ob unsere Verbündeten in einer zunehmend unsicheren Welt bereit sind, für unsere Sicherheit den Kopf hinzuhalten.
Doch wenn sich unser Land dafür entscheidet, seinen Verpflichtungen für die eigene Sicherheit nachzukommen, dann muss es sich darüber im Klaren sein, was das in der Konsequenz bedeutet: zumindest potentiell auch Kampf und Krieg. Dazu brauchen wir jedoch nicht nur eine bessere materielle Ausstattung der Truppe, sondern auch die Akzeptanz dieses Kernauftrages der eigenen Armee. Diese Ehrlichkeit haben wir derzeit nicht.
Eine spannende Frage Ihres Buches ist, was ein junger Offizier des Kaiserreichs mit einem Bundeswehroffizier von heute zu tun hat. Ihre Antwort?
Politisch würden sich diese beiden Personen natürlich stark unterscheiden, es sind ja ganz andere Systeme. Aber der Soldatenberuf ist eben auch ein Handwerk. Und da hat sich meiner Meinung nach zumindest in der Kampftruppe des Heeres, die den Schwerpunkt meiner Untersuchung bildet, nicht so viel verändert. In der Art der Führung von Infanteriegefechten, etwa im Verständnis des Führens von vorne, gibt es große Parallelen. Bei der Luftwaffe ist das sicherlich anders. Hier liegen zwischen dem Fokker-Dreidecker eines Manfred von Richthofen und einem Eurofighter-Piloten der heutigen Luftwaffe Welten. Aber bei der Infanterie geht es noch immer um das unmittelbare, archaische Erleben des Krieges. Die tödlichste Waffe der Welt ist nach wie vor das AK-47, ein Sturmgewehr, und keine Rakete, Bombe oder Drohne.
Dennoch hat der digitale Wandel unserer Gesellschaft längst auch das Militär erfasst. Wie werden derlei Entwicklungen das Kriegshandwerk beeinflussen?
Natürlich wird der technologische Fortschritt, der ganze Cyber-Bereich, die Kriegsführung verändern. Es ist aber nicht so, dass sich der Krieg völlig verändern wird. Langzeitanalysen zeigen, dass Kriege heutzutage zwar weniger tödlich sind, dass sie jedoch nach wie vor genauso häufig vorkommen wie zu früheren Zeiten. Und in Afghanistan können wir sehen, wie die Taliban mit teilweise archaischen Mitteln Krieg gegen die NATO führen – und zwar aus ihrer Sicht relativ erfolgreich. Die ganze Hochtechnologie, die Drohnen und die vernetzten Kommunikationsmittel ändern nichts daran, dass am Ende die Durchsetzungsfähigkeit der Bodentruppen über den Ausgang eines Gefechts entscheidet.
Von manchen Historikern wird bis heute die These von einem „deutschen Sonderweg“ in der Geschichte vertreten. Ist das deutsche Heer einen Sonderweg gegangen?
Im Vergleich mit den ausländischen Armeen der jeweiligen Zeit überwiegen für mich die Parallelen, wenn man einmal von der Wehrmacht absieht. Alle Armeen sind ebenso von den überlieferten Kulturen ihrer Länder geprägt wie von den Werten und Normen ihrer Zeit. Interessante Unterschiede finden sich gleichwohl in den Technikkulturen. So haben die Deutschen stets gute Panzer gebaut, während sie bei den Flugzeugen zumeist nicht ganz so weit vorn in der Entwicklung waren.
Wenn man jedoch die deutschen Armeen untereinander vergleicht, stellt man fest, dass der Sonderfall die Nationale Volksarmee war. Es führt kaum ein Weg von der Wehrmacht in die NVA hinein, und es führt auch kein Weg von ihr hinüber in die Bundeswehr. Die NVA war letztlich eine sowjetisch geprägte Armee mit einer ganz anderen Kultur.
Aber in ihren Uniformen, Dienstgraden und den Wachaufzügen war die NVA näher an der Wehrmacht als die Bundeswehr.
Deshalb habe ich auch das NVA-Kapitel „Außen preußisch, innen sowjetisch“ benannt. Die Streitkräfte des Ostblocks waren insgesamt viel stärker sowjetisiert als die westlichen Armeen amerikanisiert waren. Interessant ist, dass die NVA gezeigt hat, dass man eine Armee ohne Wehrmachtsvorbilder und nur mit ganz wenigen personellen Kontinuitäten aufbauen kann. Als traditionsstiftend galten die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg und die revolutionären Kämpfe der KPD. Diese historische Ausnahmesituation ist denn auch der Grund, warum die NVA nach 1990 abgewickelt wurde, und zwar so rigoros wie kaum ein anderer Bereich der DDR. Selbst wenn man gewollt hätte, gab es im Grunde nichts, was man hätte übernehmen können: nicht in der Ausrüstung, nicht in den Kulturen, nicht in der Struktur. Und der Handwerker des Krieges, den die NVA in der Tat gut ausgebildet hatte, war in den 1990er-Jahren nicht mehr gefragt, weil es damals vor allem ums „Peacekeeping“ ging.
Wie haben denn Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Zorn auf Ihr Buch reagiert?
Es ist mir nicht bekannt, ob sie das Buch gelesen haben. Unabhängig davon glaube ich, dass beiden die Widersprüche in der deutschen Sicherheitspolitik bekannt sind, und dass beide an einer ehrlicheren Herangehensweise gegenüber diesem Thema arbeiten. Erst vor wenigen Tagen haben die Ministerin und der Generalinspekteur das Diskussionspapier „Gedanken zur Bundeswehr der Zukunft“ vorgelegt. Darin thematisieren sie unter anderem den veränderten Auftrag der Streitkräfte und ihre finanzielle Unterversorgung. Darum geht es mir auch mit meinem Buch: um eine offene Auseinandersetzung nicht nur mit der deutschen Militärgeschichte, sondern auch mit den sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Tage.
• Prof. Dr. Sönke Neitzel ist Inhaber des Lehrstuhls für Militärgeschichte/Kulturgeschichte der Gewalt am Historischen Institut der Universität Potsdam und damit der derzeit einzige Professor für Militärgeschichte in Deutschland.
www.uni-potsdam.de
H. Schinkel am 23.02.21, 23:22 Uhr
Immer wenn ich den Namen Söhnke Neitzel lese weiß ich was kommt. Tut mir leid, diesen Mann kann ich als Historiker nicht ernst nehmen.
Die Sowjets wußten ganz genau das die Deutschen gute Soldaten waren, das haben sie am eigenem Leib erfahren müssen. Und genau das wollte sich Stalin zu nutzen machen. Deshalb wurde in der NVA das Nationalgefühl als Deutsche gefördert, auch wenn der "große Bruder" natürlich über allen Stand. Denn nur eine Armee die eine Verbundenheit mit ihrer Heimat hat, verteidigt diese auch vehement. Deshalb war die Uniform der NVA auch die der alten Wehrmacht, ebenso wurden Taktiken der Sowjets und der Wehrmacht angewendet.
Ganz anders die Bundeswehr. Dort wurde konsequent auf die Uniformen und Erfahrungen der USA gesetzt. Speziell die Erfahrungen der USA aus dem Vietnamkrieg. Alles Deutsche war in der Bundeswehr verpönt, auch wenn man vordergründig Kasernen nach alten Deutschen Vorbildern benannt hat. Die Bundeswehr war schließlich nicht als "richtige" Armee gedacht, ganz anders als in der DDR.
Leider übersieht das Herr Neitzel diese Zusammenhänge komplett.
Jan Kerzel am 23.02.21, 18:36 Uhr
@sitra achra. Man muss sich für nichts schaemen, was man nicht selbst verursacht hat. Die Bundeswehr ist Teil der Gesellschaft und spiegelt unsere allgemeine Lage sehr gut ab. Nichts Halbes, nichts Ganzes. Irgendwo undefinierbar zwischendrin. Mit dem gegebenen Fundament werden sie aus der Bundeswehr keine Armee machen können. Hilfsdienste für andere Armeen sind möglich und werden auch durchgeführt. Es ist für uns als Bürger absolut bedeutungslos, welche Ausstattung die Bundeswehr hat. Der Landesschutz ist ausschlieszlich durch die amerikanische Armee gewaerhrleistet. Die Sache ist also in sicheren Haenden. Da uns sowieso niemand angreifen will, ist dies aber eine rein theoretische Option. Auch unsere östlichen Nachbarn fühlen sich unter dem amerikanischen Schutz ( auch NATO genannt) sehr wohl und wollen das nicht missen. Von daher ist doch alles in bester Ordnung. Alle anderen Modelle, insbesondere engere eigenstaendige Kooperation mit Frankreich etc., sind Luftnummern und überflüssig.
sitra achra am 22.02.21, 10:02 Uhr
Diese Helotenarmee und die sogenannte liberale Demokratie sind der wahre historische Ballast.
Ich schäme mich als Deutscher, welch üble Entwicklung dieses nicht souveräne Land nach der Niederwerfung genommen hat. Klein-Amerika ist hassenswert und zum Scheitern verdammt.
Ralf Pöhling am 21.02.21, 20:06 Uhr
Hochinteressante Ausführungen, denen ich in weiten Teilen zustimmen möchte. Ausnehmen würde ich die Aussage zu den unterschiedlichen "Technikkulturen", die sich bei den Deutschen beim Panzerbau, aber weniger bei den Flugzeugen zeigen würde, denn die Deutschen waren beim Flugzeugbau eigentlich immer vorne dabei. Wenn man sie denn gelassen hat. ME 262, Tornado oder auch der moderne Eurofighter sind unter vielen anderen zu ihrer jeweiligen Zeit als sehr potente Entwicklungen anzusehen, an denen die Deutschen zumindest umfangreich beteiligt waren. Vom damals eingekauften Starfighter der Amerikaner, kann man das eher nicht behaupten. Was im Artikel jedoch überaus treffend zur Sprache kommt, sind die unterschiedlichen Grundlagen von "preussischer" Bundeswehr und "sowjetischer" NVA. Dass nach der Wiedervereinigung nun so langsam aber sicher die Kritik an der Bundeswehr hochkocht und man ihr nun mittlerweile permanent "rechte Tendenzen" unterstellt, dürfte in diesem Umstand seinen Ursprung finden. Dabei ist die "preussische" Bundeswehr ja kein Relikt des Nationalsozialismus, sondern hat ihre Wurzeln in einer Zeit, als Hitler noch lange nicht geboren und der Nationalsozialismus folglich noch nicht einmal erfunden war. Insofern ist der andauernde Shitstorm, dem unserer Truppe ausgesetzt ist, das Resultat noch nachwirkender sowjetischer Propaganda gegen den ehemaligen "kapitalistischen" Feind. Also ein Phänomen, was sich auch in ganz anderen Bereichen des wiedervereinten Deutschlands immer noch zeigt, die mit der Landesverteidigung gar nichts zu tun haben. Man sucht überall nach "Nazis" oder "Faschisten" und setzt Kapitalismus mit Faschismus gleich, denn das ist den DDR Bürgern durch das kommunistische System ja fortwährend eingehämmert worden. Für die Sowjets war die DDR letztlich nichts anderes, als eine Pufferzone gegen den kapitalistischen Westen, was sich dann auch in der abstrusen Bezeichnung der Mauer als "antifaschistischer Schutzwall" widerspiegelte. Dennoch sollte man darüber nachdenken, die Bundeswehr etwas anders aufzustellen als bisher. Und zwar nicht nur wegen der deutlich diffuser gelagerten Konflikte der Neuzeit und der daraus resultierenden andersartigen Kriegsführung, sondern auch aus dem gesellschaftlichen Nutzen, den der Schliff beim Militär mit sich bringt. Man könnte darüber nachdenken, die Truppe in zwei grundlegende Zweige mit festgelegter unterschiedlicher Funktion aufzuteilen: In eine eher konventionell orientierte Defensivtruppe zur Landesverteidigung in Form einer Milizarmee bzw. Nationalgarde, an der sich flächendeckend jeder(!) zu beteiligen hätte. Und in Form einer hochspezialisierten Interventionstruppe, die unsere Interessen im Ausland absichert und in der man sich auf auf freiwilliger Basis andienen könnte. Der erstgenannte Zweig würde dann die defensiv orientierte Eigensicherung des Landes bzw. das Abschreckungspotential gegen eine Invasion fremder Streitkräfte übernehmen und auch den Zivilschutz mit einbinden, der zweitgenannte Teil wäre dann eher so etwas wie ein mobiles militärisches Sondereinsatzkommando mit spezieller Ausbildung und Ausrüstung. Man könnte mit dieser klaren Aufteilung eventuell die Akzeptanz für den Wehrdienst in Deutschland wieder erhöhen. Denn wenn für den theoretisch defensiven Teil der Bundeswehr die immer wieder kontrovers diskutierten Auslandseinsätze von vornherein ausgeschlossen wären, dann sollte am Dienst für das eigene Land innerhalb des eigenen Landes auch kaum jemand mehr etwas zu kritisieren haben.