Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Zum Jubiläum ist ein solides biographisches Porträt des Dichters erschienen
Kai Kauffmann beurteilt seine neue Biografie über Klopstock als dessen „erste Gesamtdarstellung seit 1888“. Das Werk des Professors für Neuere Literatur an der Universität Bielefeld stellt Klopstock von der Wiege bis zur Bahre in all seinen Facetten vor und zeichnet seine Lebensreise von Quedlinburg über Schulpforte, Jena, Leipzig und Bad Langensalza, Zürich sowie Kopenhagen bis Hamburg nach.
Interessant ist eine Episode aus Klopstocks früher Jugend. Sein Vater pachtete 1732 das „Königlich-Preußische Ober- und Unteramt Friedburg“ in der Grafschaft Mansfeld. Hier verbrachte Klopstock fröhliche Kindertage in freier Natur. Keine fünf Jahre später musste der Vater die Pacht wegen hoher Schulden wieder abgeben. Die vielköpfige Familie zog zurück nach Quedlinburg. Von den Schulden kamen die Eltern nicht mehr herunter, und so musste der zeitlebens nicht eben finanzstarke Klopstock nach dem Tod des Vaters die Familie unterstützen.
Immer wieder kommt Kauffmann auf Goethe zurück, der in jungen Jahren ein begeisterter Leser des „Messias“ war. Klopstock und Goethe lernten sich persönlich kennen. Aber bei ihren Treffen sprach Klopstock lieber über die von ihm betriebenen Sportarten Schlittschuhlaufen und Kunstreiten als über Goethes Publikumserfolge „Götz von Berlichingen“ und „Die Leiden des jungen Werthers“. Später kam es zu ernsthaften Irritationen, weil Klopstock ihm nach Weimar schrieb, er solle zu einem soliden Lebenswandel zurückkehren, statt mit seinem Dienstherrn Herzog Carl August zechend das Fürstentum unsicher machen. Ausführlich untersucht Kauffmann überdies das Verhältnis von Klopstocks „Messias“ zu den Fassungen von Goethes „Faust“.
Kauffmann urteilt: „Nichts ist so falsch wie das von der gängigen Literaturgeschichte überlieferte Bild eines Dichters, dessen Bedeutung sich mit den ersten Gesängen des Messias und einigen frühen Oden erschöpft habe.“ Klopstocks Schriften stellt er vom ersten bis zum letzten Gesang des „Messias“ vor. Ebenso die biblischen und vaterländischen Dramen, die Liebeslyrik, die Lobgesänge auf die Französische Revolution und die harschen Anklagen gegen die auf sie folgende Schreckensherrschaft Dantons. Er interpretiert die Stücke und liefert den Lesern reichlich Auszüge aus Klopstocks Werken. Zum spannend geschilderten Lebens- und Werklauf treten allerdings wissenschaftlich trockene Ausführungen zu Klopstocks aus der antiken Dichtung übernommenen, variierten oder von ihm selbst entwickelten Versformen.
Der Biograf zeigt Klopstock als einen beeindruckenden und eigenwilligen, zuweilen tragikomischen, stets jedoch von seiner Berufung durch Gott überzeugten Poeten. Auch Klopstocks zweite Ehefrau Johanna Elisabeth von Winthem, die in der Literatur viel zu wenig Beachtung gefunden habe, erfährt hier eine gründliche Würdigung. Der Autor hat jedenfalls alles dafür getan, uns für Klopstock und dessen Werk einzunehmen.