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Nürnberger Religionsgespräch – Vor 500 Jahren verbot der Rat katholische Messen. Zwei Ausstellungen widmen sich dem Thema
Auf den 21. April 1525 ist der Beschluss des Rats datiert, katholische Messen im Herrschaftsgebiet von Nürnberg zu verbieten. Das dort im Staatsarchiv aufbewahrte Dokument weist Streichungen und an den Rand geschriebene Zusätze auf, die darauf hinweisen, dass um den Beschluss gerungen wurde, fortan ausschließlich die evangelisch-lutherische Lehre zuzulassen. Der Entscheidung vorausgegangen war das in sechs Sitzungen vom 3. bis 14. März im Großen Rathaussaal geführte Religionsgespräch, zu dem der Rat die altgläubigen und lutherischen Theologen der Stadt eingeladen hatte.
Der Rat bestimmte, dass die Bibel allein Grundlage des Religionsgesprächs sein sollte. Das monierte Andreas Stoß, der Prior des Karmelitenklosters. Seine renitente Haltung trug Stoß als einzigem Teilnehmer des Religionsgesprächs die Ausweisung aus Nürnberg ein. Die vom Augustinerprior Wolfgang Volprecht und Andreas Osiander, dem Prediger der Lorenzkirche, angeführte lutherische Fraktion hatte auf die den Theologen vorgelegten zwölf Glaubensfragen nach dem Urteil des Rats die überzeugenderen Antworten.
Den Anstoß zu den Religionssitzungen gaben Glaubensstreitigkeiten der Bürger. Von der Anordnung, dass nur noch lutherische Predigten abgehalten werden durften, versprach sich der Rat neue Glaubenseinigkeit der Bewohner. Doch eigentlich war es unerhört, dass sich eine weltliche Herrschaft dazu aufschwang, über Glaubensfragen zu bestimmen. Aber Nürnbergs Beispiel machte Schule
Auf einem „Reformationsspaziergang“ durch Nürnberg kann man Spuren des Religionsgesprächs und seiner Folgen entdecken. Das Augustinereremitenkloster war die Keimzelle der reformatorischen Bestrebungen. An seiner Stelle steht heute ein Parkhaus. Prior Volprecht hielt als erster in Nürnberg bereits 1524 eine deutsche Messe. Kaum war das Religionsgespräch beendet, übergab er der Stadt gegen Versorgung das Kloster. Bis Juli schlossen sich die Karmeliter, die Benediktiner und die Kartäuser an. Die Dominikaner übergaben 1543 ihr Kloster, die Franziskaner taten das 1562. Der gesamte Klosterbesitz ging an den städtischen Almosenkasten.
Deutscher Orden blieb standhaft
Aber es gab auch langlebige Widerstandsnester. Der Deutsche Orden blieb mit seiner Jakobskirche katholisch. Sie weist wie die Sebaldkirche und die Lorenzkirche eine prachtvolle Ausstattung auf, deren beste Stücke überwiegend kurz vor der Reformation geschaffen wurden. Paradebeispiele sind das in der Gusswerkstatt von Peter Vischer hergestellte Bronzegehäuse des Sebaldusgrabs und der am Stahlseil in der Lorenzkirche schwebende Engelsgruß. Geschaffen hat dieses einzigartige Werk der Holzschnitzerei der Vater des Karmelitenpriors: Veit Stoß.
In Nürnberg blieb nach Einführung der Reformation der Bildersturm aus. Auf den Grund weisen die Stifterwappen der Kunstwerke hin. Sie sollten nach wie vor der Repräsentation der Patrizier dienen. Den Engelsgruß ließ der Rat nach Einführung der Reformation jedoch für Jahrhunderte verhüllen. Und manches Werk hat Wunden davongetragen, wie zum Beispiel in der Lorenzkirche der an den Fingern verstümmelte heilige Laurentius zeigt. Ab Mai gibt es in der Lorenzkirche und der Sebaldkirche Führungen, die auf die Reformation Bezug nehmen.
Von den Klöstern ist nicht viel geblieben. Einige wurden schon vor langer Zeit auf Abriss verkauft, andere gingen mit großen Teilen der Altstadt im Zweiten Weltkrieg unter. Der historische Rathaussaal ist ebenso eine Wiederaufbauleistung wie St. Jakob, St. Sebald, St. Lorenz und St. Klara. Die Katharinenkirche der Dominikanerinnen ist eine für Freilichtveranstaltungen genutzte Ruine.
Am meisten steht noch vom Kartäuserkloster, in dem seit 1853 das Germanische Nationalmuseum residiert. Es beherbergt in Kirche und Kreuzgang Werke aus den aufgelassenen Klöstern. In einem jüngeren Gebäudeteil sind Gemälde aus der Dürerzeit ausgestellt, etwa ein erlesenes Bildnis Cranachs des Älteren von Luthers Schirmherr Kurfürst Friedrich dem Weisen. Es stammt aus dem Dominikanerkloster.
Die Dominikaner verfügten über eine hervorragende Bibliothek. Sie bildet den Grundstock der Stadtbibliothek. Daran erinnert ab 14. März die Sonderausstellung: „Aufgehoben! Die Bibliothek des 1543 erloschenen Dominikanerklosters“. Die Präsentation in der Stadtbibliothek Zentrum umfasst 16 erlesene Handschriften und Drucke. Das Stadtmuseum im Fembohaus zeigt anlässlich des Reformationsjubiläums ab 13. März die Sonderpräsentation: „Caritas Pirckheimer und die Folgen der Reformation“. Caritas war Äbtissin des Klaraklosters. Zu den Brieffreunden der gebildeten Schwester des Humanisten Willibald Pirckheimer gehörten Dürer und Erasmus von Rotterdam. Caritas forderte religiöse Toleranz und bestand wie Luther auf Gewissensfreiheit. Sie weigerte sich mit ihren 60 Nonnen, das Klosterleben aufzugeben.
Neben dem als Faksimile präsentierten Ratsbeschluss vom 21. April 1525 ist die originale Chronik von Caritas zu sehen, welche das Klarakloster betreffende Vorgänge der Jahre 1524 bis 1528 beschreibt. Sie schildert etwa, wie drei Mütter ihre Töchter gewaltsam und gegen deren Willen aus dem Kloster holten.
In Melanchthon fand Caritas einen Fürsprecher, der den Rat bewegte, friedfertig mit den Nonnen umzugehen. Sie mussten sich nach der Zählung von Caritas 111 Predigten Osianders anhören und durften wie auch die Dominikanerinnen des Katharinenklosters keine Novizinnen aufnehmen. So bestand das Kloster noch bis zum Tod der letzten Klarisse 1594 fort.
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