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In der Alten Nationalgalerie Berlin: Hier konnten die beiden Werke, die einst den Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. begeisterten, in der Ausstellung „Unendliche Landschaften“ bis Anfang August bewundert werden
Foto: Rainer Halama/WikimediaIn der Alten Nationalgalerie Berlin: Hier konnten die beiden Werke, die einst den Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. begeisterten, in der Ausstellung „Unendliche Landschaften“ bis Anfang August bewundert werden

Romantik

„Kreidefelsen“ erstmals in Greifswald

Caspar David Friedrichs Meisterwerk nach Pommern zurückgekehrt – Ausstellungsflut zum 250. Jubiläum

Martin Stolzenau
01.09.2024

Das Pommersche Landesmuseum in Greifswald präsentiert zur Jubiläumsausstellung um den Geburtstag von Caspar David Friedrich am 5. September einen echten und lange erwünschten Stargast: das Hauptwerk „Kreidefelsen auf Rügen“. Das weltberühmte Gemälde, das heute im Schweizer Winterthur zu Hause ist, wird mit der Präsentation im Landesmuseum sieben Wochen lang, und zum ersten Mal überhaupt in Friedrichs Heimatregion ausgestellt.

Es sei „ein langersehntes Treffen von Bild und Landschaft nach über 200 Jahren“: Mit diesen Worten lädt das Landesmuseum die Besucher zu Ausstellung ein. Zudem wird mit einem dänischen „Geburtstagsgast“ aus dem Fuglsang Kunstmuseum ein Blick auf die Schwesterinsel Møn geworfen. Es handelt sich um das Ölgemälde „Partie fra Møns Klingt“ von 1852 des Künstlers Peter Christian Skovgaard. Die Sonderausstellung: „Caspar David Friedrich. Sehnsuchtsorte – Kreidefelsen auf Rügen & Greifswalder Hafen“ ist noch bis zum 6. Oktober geöffnet.

Da ist es umso spannender zu erfahren, wie der Aufstieg Friedrichs überhaupt begann. Dessen Karriere leitete kein Geringerer als der preußische König Friedrich Wilhelm III. im Jahr 1810 ein. Sein Sohn, der damals 15-jährige Kronprinz und spätere König Friedrich Wilhelm IV., hatte seinen Vater um den Ankauf der Gemälde gebeten. Auch später erwarb das Königshaus weitere Werke. Der Maler hatte seine Bilder „Abtei im Eichwald“ und „Mönch am Meer“ in der Berliner Akademieausstellung präsentiert.

Mit dem Preußenkönig begann es
Als der kunstsinnige Preußenkönig beide Werke erwarb, brachte die königliche Anerkennung den Maler rasch in Mode. Die Werke, die mit der bisherigen Bildtradition rigoros brachen, erregten Aufsehen. Heinrich von Kleist feierte sie in einer Rezension geradezu euphorisch. Andere Verehrer glorifizierten sie als „Inbegriff eines modernen Bildes“, wieder andere empfanden sie als Entgleisungen. Prominente Kritiker wie Johann Wolfgang von Goethe, der den Maler wegen seiner Naturnähe in früheren Jahren noch gelobt hatte, verunglimpften allerdings die neue Malweise in der Folge.

Zum 250. Geburtstagsjubiläum des Malers gibt es zahlreiche Sonderausstellungen. Die Palette reicht von der spektakulären Schau in Hamburg zu Jahresbeginn (die PAZ berichtete) über die Folgeausstellungen in Greifswald und Berlin bis zur aktuellen Friedrich-Schau in Dresden, wahrscheinlich dem Höhepunkt des Friedrich-Jahres. Dazu gesellt sich ab
22. November eine weitere Schau in Weimar. In Berlin, Dresden und Weimar wird auch das zuletzt erworbene „Karlsruher Skizzenbuch“ des Romantikers gezeigt.

Caspar David Friedrich wurde am 3. September 1774 in der Langen Straße 57 in Greifswald geboren, das noch bis 1815 zu Schweden gehörte. Er war das sechste von zehn Kindern der Familie. Der Vater fungierte als Seifensieder und Lichtgießer. Nach dem frühen Verlust der Mutter und mehrerer Geschwister war der Tod für den Maler ein beherrschendes Thema, zumal sein Bruder Johann Christopher ihn vor dem Ertrinken rettete und dabei selbst das Leben verlor.

Friedrich erhielt trotz knapper Familienkasse beim Greifswalder Universitätszeichenlehrer, Baumeister sowie Mathematiker Johann Gottfried Quistorp den ersten Zeichenunterricht, die frühe Orientierung auf die Perspektive und die Empfehlung für ein weiterführendes Studium an der Kopenhagener Akademie. Er fand dort zur Landschaftsmalerei, knüpfte Kontakte zu anderen Künstlern sowie Wissenschaftlern und kehrte 1798 nach Greifswald zurück.

Anschließend wechselte der junge Maler über Berlin nach Dresden, wo er ein Aktstudium an der Akademie absolvierte. Im Jahr 1799 beteiligte er sich erstmals an der Dresdner Akademie-Ausstellung und orientierte sich an den Landschaften des Schweizer Malers Adrian Zingg.

Die nächsten Jahre waren geprägt durch einen Prozess der Selbstfindung. Mehrere Reisen führten ihn in die pommersche Heimat zurück mit langen Aufenthalten auf Rügen, vielen Skizzen auf Vorrat sowie umfangreichen Baum-, Pflanzen- und Steinstudien. Dazu kam eine erste Begegnung mit dem frühromantischen Maler Philipp Otto Runge.

Ab 1805 gab es einen regen Kontakt mit Goethe, der die genaue Naturbeobachtung des Malers lobte und ihn zunächst prämierte, ehe er sich spätestens nach dem Werk „Der Tetschener Altar“, das sich 1807/08 zum romantischen Programmbild Friedrichs entwickeln sollte und eine deutschlandweite Debatte auslöste, von dem Künstler abwandte.

Der Maler warf in den Augen seiner Kritiker sprichwörtlich alle konventionellen Landschaftsauffassungen über Bord. Doch der Neu-Dresdner ließ sich von seiner innovativen Seh- und Malweise nicht abbringen, zumal er ab 1810 auch auf die große Wertschätzung des Preußenkönigs verweisen konnte.

Friedrich schuf weitere Meisterwerke im neuen Stil. Das reichte bis zum Bild „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ von 1819, das als Freundschafts-, Sehnsuchts- und Hoffnungsbild gilt. Der Künstler hatte sich zwischendurch als Patriot im antinapoleonischen Befreiungskampf positioniert, was dafür sorgte, dass er lange nicht die ersehnte Professur an der Akademie erhielt.

1818 heiratete er zur Überraschung aller Freunde. Die Auserwählte des pommerschen Grüblers, tiefreligiösen Fürstenfeindes und Einzelgängers war die um 19 Jahre jüngere Caroline Brunner. Mit ihr unternahm er eine ausgedehnte Hochzeitsreise zu Verwandten in Neubrandenburg, Wolgast und Greifswald mit einem Abstecher auf die geliebte Insel Rügen. Beide hatten anschließend drei Kinder und zogen in das größere Haus in der Straße An der Elbe 33 um, wo sich dann auch der norwegische Maler Johan Christian Clausen Dahl nach seiner Italienreise einfand. Beide Malerfreunde arbeiteten eng zusammen, erfüllten gemeinsam Aufträge und beteiligten sich an Ausstellungen, wobei der Malerfürst aus Pommern seine Landschaftsauffassung gegen die des Deutsch-Römers Joseph Anton Koch, der verstärkt in Mode kam, behauptete. Erst 1824 bekam Friedrich wie Dahl eine Assoziierte Professur. Aber ein Lehramt an der Akademie bekamen beide nicht. Stattdessen pilgerten Studenten in das private Atelier An der Elbe 33.

Doch Friedrich kränkelte ab Ende der 1820er Jahre im zunehmenden Maße. Bildankäufe des russischen Zaren ermöglichten ihm Kuren, die aber keine Besserung brachten. Ein Schlaganfall und die Lähmung der rechten Hand begleiteten das Leid der letzten Lebensjahre. Als Höhepunkte seines Spätwerkes gelten die Werke „Das große Gehege“ und „Lebensstufen“. In beiden Bildern ist der goldgelb überströmte Himmel der wirkliche Träger des Ausdrucks. Friedrich starb am 7. Mai 1840 in Dresden. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Trinitatisfriedhof.

Später in Vergessenheit geraten
Seine Witwe und Kinder erlebten danach wirtschaftliche Not. Der Verstorbene und sein Werk fielen parallel bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts ins Tal des Vergessens. Selbst die „Pommersche Kunstgeschichte“ von Franz Kugler erwähnte den einst so bekannten Künstler aus Pommern mit keiner Silbe. Erst der norwegische Historiker Andreas Aubert stieß bei seinen Nachforschungen zu Dahl auch auf Friedrich und löste mit seinen Veröffentlichungen eine Wiederentdeckung des „Revolutionärs der Landschaftsmalerei“ aus.

Der „Rehabilitierung folgte die Kommerzialisierung“ und 1974, zum 200. Jahrestag der Geburt des Malers, begann der offene Ausbruch einer deutschlandweiten Friedrich-Begeisterung, was die Preise seiner Werke in die Höhe steigen ließ. Seitdem gibt es international ein gesteigertes Interesse an Friedrich.

Das Geburtshaus Friedrichs in Greifswald in der Lange Straße 57 wurde nach der Wende mit Mitteln der Bundesregierung restauriert und zum „Caspar-David-Friedrich-Zentrum“ ausgebaut, das als Ausstellungs-, Dokumentations- und Forschungsstätte dient.

2023 gelang es der Klassik Stiftung Weimar, den Kunstsammlungen Dresden und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit Unterstützung zahlreicher Förderer auf einer Auktion das „Karlsruher Skizzenbuch“ zu erwerben. Es ist eines von 20 Skizzenbüchern des berühmten Künstlers, von denen nur sechs erhalten geblieben sind. Dieses Werk ist nach erster Präsentation in Berlin in Dresden und ab 22. November in der Ausstellung „Caspar David Friedrich, Goethe und die Romantik“ in Weimar zu sehen.

Die aktuelle Dresdner Friedrich- Schau, die bis zum 5. Januar 2025 im Albertinum unter dem Titel „Wo alles begann“ mit einer Parallelausstellung im Dresdner Kupferstichkabinett läuft, präsentiert Friedrichs Werke in Gegenüberstellung mit Werken von Zeitgenossen, seines Umfeldes und seiner Schüler. Außer den Bildern aus den Dresdner Beständen sind Leihgaben aus anderen deutschen und internationalen Museen wie Wien und Madrid zu sehen. Zur Ausstellung gibt es einen Katalog und ein umfangreiches Begleitprogramm. Das Dresdner Albertinum ist außer am Montag täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Nach den Ausstellungs-Höhepunkten in Deutschland plant das Metropolitan-Museum of Art in New York für 2025 eine große Retrospektive zu Friedrich.

Ausstellungstermine: Greifswald, Pommersches Landesmuseum: „Sehnsuchtsorte“, vom 18. August bis zum 6. Oktober;
Dresden, im Residenzschloss: „Caspar David Friedrich – Der Zeichner“, vom 24. August bis 17. November; Dresden, Albertinum: „Wo alles begann“ vom 24. August bis 5. Januar 2025; Weimar, im Schillermuseum: „Caspar David Friedrich, Goethe und die Romantik in Weimar“, Sonderausstellung vom 22. November bis 2. März 2025; Frankfurt am Main, Deutsches Romantik-Museum, Gemäldekabinett der Romantik im Frankfurter Goethe-Haus: „Herr Friedrich wird zornig“, vom 29. August bis 20.November; New York, Metropolitan Museum of Art vom 8. Februar bis 11. Mai 2025: „Caspar David Friedrich: Die Seele der Natur (The Soul of Nature)“, die erste umfassende Ausstellung in den Vereinigten Staaten.


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