14.12.2024

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Hinterpommern

Kummerfrey – einst elitärer Treffpunkt

Bei Ernst Christoph von Manteuffel war auch Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. zu Gast

Brigitte Stramm
10.05.2024

Kerstin [Karścino] war ein Gutsdorf in Hinterpommern, es gehörte einst zum Landkreis Kolberg. Erstmalig erwähnt wurde der Ort bereits 1276, und im 16. Jahrhundert wird der Besitz als Lehen der Familie von Manteuffel genannt. Seit 1764 gehörte es ohne Unterbrechung bis 1945 der Familie von Gaudecker. Wir widmen uns der Zeit Graf Ernst Christoph von Manteuffels, der am 22. Juli 1676 in Kerstin geboren wurde und am 30. Januar 1749 in Leipzig starb.

Seine berufliche Laufbahn kann man durchaus als vielseitig bezeichnen. Im März 1705 wurde er zum Hof- und Legationsrat ernannt und als Gesandter nach Kopenhagen geschickt. Seine Aufgabe war es, ein erneutes Bündnis Dänemarks mit Sachsen gegen Schweden im Großen Nordischen Krieg vorzubereiten, das 1709 zustande kam.

1708 erhielt Manteuffel den Titel eines Wirklichen Kammerherrn. 1709 wurde er von Kaiser Joseph I. in den Freiherrenstand erhoben. 1715/16 erfolgte seine Beförderung zum Kabinettsminister und Wirklichen Geheimen Rat. Er hielt sich sowohl am polnischen Hof in Warschau als auch am sächsischen Hof in Dresden auf. Ab 1728 leitete Manteuffel die sächsisch-polnische Außenpolitik und richtete sie sowohl pro-habsburgisch als auch pro-preußisch ein. Differenzen zwangen ihn 1730 zum Rücktritt.

Beruflich erfolgreich
Manteuffel zog sich auf sein Stammgut Kerstin zurück. Um 1729 ließ er, nur wenige 100 Meter vom Gutshaus entfernt, ein Lustschlösschen mit dem Namen Kummerfrey errichten. Dank der Abbildung des Schlösschens auf einer Tabakdose ist erhalten, wie das Ensemble einmal ausgesehen hat. Eine heitere, beschwingte und elegante Architektur zeigt sich, Säulen zieren die eingeschossige Fassade. Der Grundriss zeigt einen Mitteltrakt und zwei seitliche Flügeltrakte, die kurz gehalten waren und jeweils in zwei Kammern, zwei Kabinette und ein Vestibül untergliedert waren.

In der weiteren Beschreibung liest man: „Das Walmdach wurde von figürlichen Darstellungen bekrönt und in der Mitte von einem Türmchen geteilt. Zentrales Element in der Mitte, der Corps de Logis, war ein länglich oktogonaler Salon mit insgesamt vier Zu- beziehungsweise Ausgängen. Die beiden seitlichen Gebäudeflügel wurden von hier aus direkt begangen. Über jeweils zwei große Flügeltüren führten Vorder- und Hinterzugang auf die Freiflächen oder Esplanaden. Das Palais war umgeben von vier kleineren Pavillons, die sich an der zentralen Esplanade aufreihten. Hier befanden sich Kammern für Personal, Gäste, eine Küche mit Weinkeller und, zusätzlich zum Haupthaus, eine umfangreiche Bibliothek.“

Auch der Park wurde nach Gesichtspunkten angelegt, in die Lebensmotto und Lebenseinstellung seines Erbauers einflossen: „Eine Art Leben ... ohne Reue, ohne Wünsche und ohne andere Sorgen“.

Illustre Gäste
Bald nannte er sich Junker von Kummerfrey, hier empfing er noble Gäste, es fanden zahlreiche philosophische Gespräche statt. Manteuffel selbst gründete die Gesellschaft „Orden von Kummerfrey“ auf den Idealen Horaz', Vorläufergesellschaft der „Gesellschaft der Wahrheitsliebenden“, und gab sich den Titel Grand-Prieur de Sanssouci.
Zwischen den Jahren 1732 und 1734 empfing Manteuffel viele illustre Gäste wie den russischen Gesandten in Berlin, Graf Pavel Ivan Jaguzinskij, und auch Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. mit seinen Vertrauten war 1731 zu Gast. Er bezeichnete Manteuffel später als seinen Freund und Chevaliers de Sanssouci. Gelehrte wie den Aufklärer Johann Christoph Gottsched und seine Frau empfing er 1744 auf Kummerfrey anlässlich deren Reise zum 200. Jubiläum der Universität Albertina in Königsberg. Von Gottsched stammt der Ausspruch: „Doch weist Dein schönes Kummerfrey, Dein Tusculum, wie wahr es sey, Daß Du der Weisheit Dich geschenket. Wo Lustwald, Schloß und alles zeigt, Sein Herr sey jeder Kunst geneigt.“

Kummerfrey, das Friedrich II. die Anregung zum Bau des Schlosses Sanssouci in Potsdam gegeben haben soll, besteht leider nicht mehr. Bereits nach dem Tod Manteuffels begann der Verfall der Anlage, auch der Park wurde nicht mehr gepflegt. Ohnehin hatte sich Manteuffel 1748, kurz vor seinem Tod von seinen pommerschen Besitzungen getrennt. Ende des 19. Jahrhunderts waren nur noch Mauerreste vorhanden.

Auch dem Gutshaus Kerstin ist leider kein glückliches Schicksal beschieden. Von dem einst prächtigen Gebäude findet man heutzutage nur noch eine Ruine vor.


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