25.08.2025

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Aus einem Stück für den sächsischen Hof angefertigt: Blick in die Ausstellung in Lauchhammer
Bild: KunstgussmuseumAus einem Stück für den sächsischen Hof angefertigt: Blick in die Ausstellung in Lauchhammer

Jubiläumsausstellung

Kunstguss mit Weltgeltung

Lauchhammer feiert 300 Jahre Industriekultur – Ihren Aufstieg hat die heutige Brandenburger Stadt einer Freifrau zu verdanken

Veit-Mario Thiede
25.08.2025

Am 25. August 1725 ließ Benedicta Margaretha Freifrau von Löwendal (1683–1776) im heutigen Lauchhammer den ersten Hochofen ihres Eisenhüttenwerks anblasen. Damit entfachte sie die Industrialisierung der Niederlausitz. Lauchhammer, das sich den Beinamen „Kunstguss-Stadt“ zugelegt hat, feiert „300 Jahre Industriekultur“ mit einer am 24. August im Kunstgussmuseum beginnenden Sonderausstellung und einem am 29. August startenden Festwochenende.

Lange gehörte Lauchhammer zu Sachsen, ging 1815 an Preußen und liegt heute im Bundesland Brandenburg. Noch immer gibt es in der Stadt zwei Unternehmen, die auf die Firmengründung der Freifrau zurückgehen. Das eine ist die TAKRAF GmbH, ein weltweit tätiges Unternehmen für Tagebaugeräte. Das andere ist die Kunstgießerei. Sie meldete Insolvenz an, doch der Betrieb läuft weiter.

Das in einem alten Schulhaus eingerichtete Kunstgussmuseum steht neben der Kunstgießerei, deren ältestes Gebäude 1884 aus rotem Klinker und den aus Hochofenschlacke hergestellten silbergrauen Formgusssteinen errichtet wurde. Die Sonderausstellung heißt „Glühendes Erbe. Von Eisen, Kunst und Menschlichkeit“. Im Mittelpunkt der Schau steht die Freifrau von Löwendal, deren Lebensstationen uns mit Texten, Bildern und Objekten vorgestellt werden. Ihr Gatte, der sächsische Oberhofmarschall Woldemar Freiherr von Löwendal, erwarb 1716 das Rittergut Mückenberg (heute Lauchhammer-West). Zwei Jahre später überschrieb er es Benedicta.

Die tatkräftige Frau erwies sich als äußerst geschäftstüchtig, nachdem man auf ihren Besitzungen Lagerstätten von Raseneisenerz entdeckt hatte, die einen hohen Eisengehalt aufweisen. Die von der Freifrau bei August dem Starken 1725 erwirkte „Concession zur Anlage eines Hochofen- und Hüttensysthems“ ist ausgestellt. Die fromme Unternehmerin behandelte ihre Arbeiter fürsorglich. Daher der Ausstellungs-Untertitel „Menschlichkeit“. Sie produzierte Schmiedeeisen und Gusseisen, das sie zu Kaminplatten, Waffeleisen, Töpfen, Pfannen und Kanonenkugeln weiterverarbeitete.

Inspiration aus der Antike
Die „Kunst“ machte erst Benedictas Patenkind und Universalerbe Detlev Carl Graf von Einsiedel (1737–1810) zum Produktionszweig. Unter seiner Regie glückten 1784 die weltweit ersten Kunstwerke im Eisenhohlguss. Zu ihnen gehört die auf einer Grünfläche beim Museum aufgesockelte große Vase, deren Reliefdekor aus Putten besteht. Die Inschrift auf dem Sockel verkündet: „Erster Kunstguss 1784“.

Die besondere Spezialität des Grafen waren eiserne Kopien von antiken Statuen. Im Eingangsbereich des Kunstgussmuseum nehmen uns zwei dieser Prachtexemplare in Empfang: die 1788 gegossene „Große Herkulanerin“ und die „Kleine Herkulanerin“ von 1791. Ihre Vorbilder wurden in dem vom Vesuv verschütteten antiken Herculaneum ausgegraben und gelangten in den Besitz des Landesherrn August dem Starken.

Viele eiserne Antiken aus Lauchhammer dienten als Ofenaufsatz. Die nun im Kunstgussmuseum beheimatete „Kleine Herkulanerin“ zum Beispiel zierte den Ofen der Bibliothek König Friedrich Wilhelms II. im Berliner Stadtschloss, ist nun aber ofenlos. Hingegen stehen die „Kapitolinische Flora“ und die „Neapler Vestalin“ noch immer auf den Öfen an ihrem Bestimmungsort: dem Palmensaal des Neuen Gartens in Potsdam.

Das Schaudepot des Museums beeindruckt mit einer 2800 Exemplare umfassenden Modellsammlung. Sie sind zumeist aus Gips. In den Regalen stehen Büsten von Friedrich dem Großen und Martin Luther, die auf Entwürfe Johann Gottfried Schadows zurückgehen. In anderen lagern Büsten von Bismarck, Marx und Einstein. Im Raum steht der nach dem Vorbild von Bertel Thorvaldsen modellierte „Segnende Christus“.

Ein Fontane aus Lauchhammer
Detlev Graf von Einsiedel (1773–1861) führte 1838 den Bronzeguss in Lauchhammer ein. Die wohl bekannteste Bronzefigur ist der Luther des Wormser Denkmals. In Lauchhammer kann man den riesigen, in Gussteile zerlegten Luther bestaunen. Entworfen hat ihn und das weitere umfangreiche, aus Figuren, Reliefs und den Wappen von Reformationsstädten bestehende Ensemble des Lutherdenkmals Ernst Rietschel.

Mit dem 1868 in Worms enthüllten Lutherdenkmal erlangte der Kunstguss aus Lauchhammer Weltgeltung. Die Kunstgießerei lieferte Statuen nach China und Ecuador. Das von Rietschel entworfene Goethe- und Schiller-Denkmal Weimars ließ König Ludwig I. zwar in München gießen, drei in Lauchhammer angefertigte Kopien aber stehen in San Francisco, Milwaukee und Cleveland.

„Made in Lauchhammer“ ist ebenso das in Genf enthüllte Schweizer Nationaldenkmal mit den Personifikationen der Helvetia und der Geneva (1869). Und auch in Deutschland ziehen die Produkte aus der Kunstgießerei weite Kreise. Vor Ort steht auf dem Dietrich-Heßmer-Platz der Eisenguss einer Germania. In der Nikolaikirche Lauchhammer-Mitte befindet sich das nach einem Entwurf Schinkels 1842 gegossene eiserne Taufbecken. Bis heute produziert die Kunstgießerei von Schinkel entworfene Gartenmöbel. Die „Große Wilsnacker Glocke“ (1929) des Berliner Doms stammt aus Lauchhammer. Ebenso der rastende Theodor Fontane des Denkmals in Neuruppin (1907), der für Dresden gegossene Gottfried Semper (1892) oder die von Schadow entworfenen Löwen des Brunnens auf dem Leipziger Naschmarkt. Acht der elf Figuren von Fritz Cremers Buchenwald-Mahnmal (1958) lieferte Lauchhammer.

Das neueste Werk ist der nach einem Entwurf der Künstlerin Anna Franziska Schwarzbach geschaffene Eisenguss, der Benedicta Margaretha Freifrau von Löwendal darstellt. Er wird zur Eröffnung der Sonderschau im Kunstgussmuseum am 24. August enthüllt.

Kunstgussmuseum Lauchhammer, Freifrau-von-Löwendal-Straße 3 in Lauchhammer-Ost, täglich bis 17 Uhr geöffnet, montags geschlossen, Eintritt: 7 Euro. www.kunstgussmuseum-lauchhammer.de, Reisetipps: www.lausitzerseenland.de 


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