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Reiseunternehmen setzen auf historisch Interessierte: Stadtführung in Königsberg
Foto: J.T.Reiseunternehmen setzen auf historisch Interessierte: Stadtführung in Königsberg

Touristenmagnet Nordostpreußen

Kurische Nehrung statt Mallorca

Zwei Millionen Besucher erwartet – Das Königsberger Gebiet profitiert von den geschlossenen Grenzen

Jurij Tschernyschew
16.03.2021

In der diesjährigen Reisesaison erwartet das Königsberger Gebiet einen Rekord von geschätzten zwei Millionen Touristen. Im ersten Quartal dieses Jahres lag die Zahl der Buchungen für Flüge von Moskau nach Königsberg um sieben bis acht Prozent über der des Vorjahreszeitraums. Experten rechnen mit einem weiteren Anstieg auf 15 bis 20 Prozent. Dabei hatte die Tourismusindustrie der Region 2020 schon von den Grenzschließungen profitiert.

Gastronomen und Hotelbesitzer berichteten, dass viele Touristen deutlich mehr Geld ausgegeben hatten als früher. Das ist nicht zuletzt auf den Anteil reicher Russen unter den Reisenden zurückzuführen, die früher nur zu den prestigeträchtigen Urlaubsorten am Mittelmeer geflogen sind und das nördliche Ostpreußen als Urlaubsziel nicht im Visier hatten.

Neben Touristen aus der Russischen Föderation fahren auch viele Bewohner der Region an die Ostsee, die wegen der geschlossenen Grenzen nicht mehr übers Wochenende ins benachbarte Danzig, Zoppot oder nach Litauen reisen können. An den ersten sonnigen und warmen Februartagen bewegte sich ein riesiger Menschenstrom ans Meer. Alle Cafés und Restaurants waren gut besucht, auf der Promenade und in den Parks tummelten sich Menschenmassen.

Am Kontrollpunkt zum Nationalpark Kurische Nehrung bildeten sich Staus wie in der Sommersaison. Die Nationalparkverwaltung musste feststellen, dass die Erhöhung der Eintrittspreise den Zustrom an Autos nicht verringert hat. Um den für die Sommersaison erwarteten Verkehrsinfarkt einzudämmen, erwägt die Leitung des Naturschutzgebiets, den Preis für die Zufahrt auf umgerechnet rund 17 Euro pro Fahrzeug zu erhöhen. Zurzeit gibt es 1100 Parkplätze auf dem russischen Teil der Kurischen Nehrung, davon 600 in den Gemeinden Rossitten, Sarkau und Pillkoppen. Die Zahl der organisierten Bustouren soll nicht begrenzt werden. Vor Kurzem hat das regionale Ministerium für Kultur und Tourismus mit dem Flughafen Powunden [Chrabrowo]einen Vertrag über umgerechnet 10.000 Euro für die Platzierung eines großformatigen Werbebanners im Flughafengebäude abgeschlossen, das bis zum 15. Dezember Bilder von den Sehenswürdigkeiten und Reisezielen der Region zeigt.

Werbung am Flughafen

Generell haben die regionalen Behörden in letzter Zeit auf verschiedene neue Formen der Werbung zurückgegriffen, um noch mehr Touristen in die Exklave zu locken. So organisiert das regionale Tourismusinformationszentrum regelmäßig Reisen für Vertreter der Tourismusbranche zu verschiedenen Ausstellungen und Veranstaltungen, um die Sehenswürdigkeiten der Region zu bewerben.

Außerdem denken die Behörden über die Entwicklung einer Anwendung für Mobiltelefone nach. Die App „Go Kaliningrad“ soll das Konsumverhalten der Touristen steuern und sie zu den Sehenswürdigkeiten im nördlichen Ostpreußen navigieren. Für die Entwicklung der App wurden umgerechnet 345.000 Euro bereitgestellt.

Während das regionale Tourismusministerium über die Reize der zukünftigen mobilen Anwendung spricht, hat der größte Online-Kleinanzeigendienst „Avito“ bereits eine auffällige und einprägsame Anzeige über die Reize der Region veröffentlicht. Laut dem Online-Dienst belegt das Königsberger Gebiet den zweiten Platz unter den Reisezielen der Russen in Zeiten geschlossener Grenzen hinter St. Petersburg, das außer Konkurrenz steht.

In einem aussagekräftigen Text wird Königsberg als europäische Stadt mit reichem historischen Erbe dargestellt wird. „Königsberg“, so heißt es, habe „den herben Charme des alten Preußens bewahrt“. Das Portal wirbt mit „Backsteinkirchen, Fachwerkfassaden sowie die leckersten Königsberger Klopse und dem leckersten Marzipan der Welt. Es lohnt sich auf jeden Fall, das Schloss Königsberg zu besuchen, das einst dem Deutschen Ritterorden gehörte“. Touristen gelingt es vielleicht, in ein paar Klopse oder Marzipan zu beißen, aber das reale Schloss zu besichtigen, dürfte eine unlösbare Aufgabe sein.

Die preußische Geschichte weckt das Interesse vieler Reiseveranstalter, und die regionalen Behörden betonen die ungewöhnliche Geschichte in ihren Werbeaktivitäten. Die Aura einer europäischen Stadt, die sich von einer typischen Stadt Russlands unterscheidet, zieht auch russische Touristen nach Königsberg. Allerdings sind sie oft enttäuscht, denn vieles von dem, was ihnen in den Reiseführern versprochen wird, existiert nur in Erzählungen – etwa das zerstörte Schloss.


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