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Ihnen könnte das Lachen wegen der Spenden bald vergehen: Der britische Premier Keir Starmer und seine Vize-Premierministerin Angela Rayner beim Labour-Parteitag in Liverpool
Foto: pa/reutersIhnen könnte das Lachen wegen der Spenden bald vergehen: Der britische Premier Keir Starmer und seine Vize-Premierministerin Angela Rayner beim Labour-Parteitag in Liverpool

Großbritannien

Labour-Partei im Spendensumpf

Keir Starmers Popularität verblasst bereits – Seine neue linke Regierung kämpft mit den ersten Skandalen

Claudia Hansen
29.09.2024

Eigentlich sollte von diesem Labour-Parteitag in Liverpool, knapp drei Monate nach ihrem Wahlsieg, ein Signal des Aufbruchs ausgehen. Doch stattdessen wurde die Konferenz diese Woche überschattet von immer neuen Enthüllungen über einen Spendenskandal, der die frischgebackene Regierungspartei erschüttert.

Labour-Spitzenpolitiker und ihre Partner haben sich Geld, teure Kleidung und Urlaubsreisen von einem umtriebigen Medienunternehmer namens Lord Waheed Alli schenken lassen. Seit Jahren ist der Multimillionär ein eifriger Labour-Spender, seit 2020 gab er etwa eine halbe Million britische Pfund. Nun schadet diese Beziehung der Partei, weil sie nach Korruption riecht.

In den vergangenen Wochen kam heraus, dass Premierminister Keir Starmers Ehefrau von Alli Designerklamotten im Wert von insgesamt 16.200 Pfund geschenkt bekommen hat. Starmer hatte es in seiner Zeit als Oppositionsführer versäumt, die Spende im Parlamentsregister rechtzeitig korrekt offenzulegen. Erst verspätet deklarierte er „Arbeitskleidung, Wert 16.200 Pfund“.

Auch andere Labour-Spitzenpolitiker kommen in der Spendenaffäre in Bedrängnis. Vizepremierministerin Angela Rayner ließ sich vom Multimillionär nicht nur teure Klamotten schenken. Alli lud sie mehrfach in sein Luxusapartment in New York ein. Peinlich für die Politikerin, die auf ihre Herkunft aus der nordenglischen Arbeiterklasse stolz ist. Pünktlich zur Parteikonferenz kam zudem heraus, dass Rayner bei dem „privaten“ Urlaub über Silvester 2023 von einem anderen Labour-Abgeordneten begleitet wurde. Nach Labours Wahlsieg bekam Alli einen Zugangspass für die Downing Street.

Statt auf dem Parteitag in Liverpool über ihre Reformpläne für das Vereinigte Königreich zu debattieren, war Labour in der Defensive und musste die Alli-Spendenaffäre erklären. Starmer und Rayner gaben sich trotzig und hielten daran fest, keine Regeln verletzt zu haben.

Indes hat Starmers Saubermann-Image böse Kratzer erlitten, und seine Beliebtheit ist am Sinken. Laut einer Umfrage Mitte September steht sein Popularitätsbarometer bei minus 14 Punkten. Nur 32 Prozent der Bürger haben eine „günstige“ Meinung von ihm, 46 Prozent eine „ungünstige Meinung“.

Massenentlassungen von Straftätern
Irritiert hat viele Bürger auch Labours Gefängnispolitik. Weil die Haftanstalten überfüllt sind, hat die neue Justizministerin Shabana Mahmood eine massenhafte vorzeitige Entlassung von Strafgefangenen in England und Wales angeordnet. Rund 2000 Kriminelle durften Mitte September nach Verbüßung von 40 Prozent ihrer Haftstrafe das Gefängnis verlassen. Im Oktober werden weitere 1700 Häftlinge freigelassen. Der Chefinspekteur der Gefängnisse warnte, dass man damit große Risiken eingehe. Es sei „unvermeidlich, dass auch was schiefgeht“. Unter den vorzeitig Entlassenen sind nicht nur Einbrecher, Drogendealer und Räuber, sondern auch Gewalttäter. Zum Beispiel Lawson Natty, ein 18-jähriger Schwarzer aus der Nähe von Newcastle. Er war im März wegen der Tötung eines 14-Jährigen mit einer Machete verurteilt worden. Jetzt ist er schon wieder raus aus dem Gefängnis.

Dass der Afro-Brite für einen Totschlag an einem Kind nur weniger als ein Jahr hinter Gitter musste, hat einige Briten empört – zumal zur gleichen Zeit Hunderte zu weit höheren Haftstrafen verurteilt wurden, die an den ausländerfeindlichen Krawallen nach dem Dreifach-Mord von Southport teilgenommen hatten. Manche der wegen öffentlichen Aufruhrs Verurteilten hatten nur Parolen gerufen, einige wurden sogar wegen Äußerungen in Social Media zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt.

Hier zeigten britische Justiz und Politik, dass sie hart sein können. Peinlich für Labour war, dass einige der entlassenen Kriminellen sofort wieder rückfällig wurden. Zum Beispiel Jason Hoganson, ein am ganzen Körper bis ins Gesicht tätowierter Mann, der wegen Gewalt gegen seine Ex-Partnerin im Gefängnis saß. Nur einen Tag nach seiner vorzeitigen Entlassung hat er erneut eine Straftat begangen und musste zurück in Haft.

Die Labour-Partei versuchte auf ihrem Parteitag in Liverpool, eine allzu düstere Stimmung zu vermeiden, obwohl Schatzkanzlerin Rachel Reeves seit Wochen von einem katastrophalen Zustand der öffentlichen Finanzen warnt. Labour ist in der Wählergunst unter 30 Prozent gesunken. Die anderen Parteien warten nur auf weitere Fehler der Regierung.

Die Partei Reform UK des Brexit-Populisten Nigel Farage präsentierte sich bei ihrem Parteitag in Birmingham strotzend vor Selbstvertrauen. Farage hat bei der Wahl im Juli mehr als vier Millionen Wähler gewonnen. Die Konservativen sind nach ihrer verheerenden Wahlniederlage noch in der Phase der Selbstfindung. Sie werden Anfang Oktober auf ihrem Parteitag einen neuen Vorsitzenden wählen. Sie schwanken noch, wie sie Labour künftig attackieren sollen.


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