05.12.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Politik

Lehren aus einem scheinbar unauflösbaren Konflikt

Ob der vereinbarte Frieden für Gaza halten wird, ist offen. Doch schon jetzt lassen sich wesentliche Erkenntnisse aus den jüngsten Entwicklungen gewinnen

René Nehring
15.10.2025

Ist das wirklich das Ende eines jahrzehntelangen Konflikts? Am Montag feierten US-Präsident Trump und Israels Premierminister Netanjahu in Jerusalem das Einlenken der Hamas auf den Kurs eines von Trump vorgelegten Gaza-Friedensplans – und vor allem die Freilassung der letzten seit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 noch in der Gewalt der arabischen Terrororganisation befindlichen lebenden israelischen Geiseln. Am Abend desselben Tages unterzeichneten dann die Staats- und Regierungschefs der USA, Ägyptens, der Türkei und Katars in Gegenwart zahlreicher weiterer politischer Führer aus aller Welt eine Friedenserklärung für das Palästinensergebiet. Nach Jahren des Blutvergießens, so Trump, sei der Krieg im Gazastreifen damit zu Ende, nun beginne der Wiederaufbau.

Ob sich die 1987 gegründete Hamas im Kampf gegen Israel tatsächlich geschlagen gibt, kann indes bezweifelt werden. So hatte sie nicht nur – wie vereinbart – bis Dienstag lediglich einen Bruchteil auch der toten israelischen Geiseln übergeben, sondern zuvor bereits erklärt, der von ihr geforderten Entwaffnung keineswegs zuzustimmen. Auch sonst lassen sich manch Fragezeichen hinter die Euphorie der letzten Tage setzen (siehe hierzu auch die Seite 3 der aktuellen PAZ-Ausgabe).

Trotz aller Zweifel ein Erfolg
Doch auch wenn sich die jüngsten Vereinbarungen (noch) nicht als jener Durchbruch erweisen sollten, als den ihn die Beteiligten darstellen, so sind sie doch als Erfolg der israelischen und US-amerikanischen Politik zu werten. Zu Recht verwies Netanjahu vor der Knesset auf die militärischen Operationen und Präzisionsschläge der Streitkräfte seines Landes in den letzten zwei Jahren wie die Ausschaltung des Hamas-Chefs Sinwar, die Tötung des Kopfs der Terrormiliz Hisbollah, Nasrallah, oder auch die Bombardierung der Atomanlagen des Hamas-Verbündeten Iran in einer gemeinsamen Aktion mit US-Streitkräften. Trump wiederum kommt das Verdienst zu, in einer Zeit, in der im Westen die Solidarität gegenüber Israel bröckelte und zunehmend die Anerkennung eines Staates Palästina betrieben wurde (was von Netanjahu als Quasi-Belohnung für den Terror abgelehnt wird), mit seinem Friedensplan einen entscheidenden Impuls gegeben und anschließend die richtigen Akteure bewegt zu haben.

Zusammen straften Trump und Netanjahu damit all jene Lügen, die in den vergangenen Jahrzehnten zur Beilegung des Gaza-Konflikts auf endlose Verhandlungen setzten. Und sie straften jene Lügen, die nicht wahrhaben wollten, dass vor allem die Hamas selbst für das Leid der palästinensischen Araber verantwortlich ist und dass all die Milliarden-Hilfen aus dem Ausland weniger bei der Zivilbevölkerung landeten als vielmehr in den Kriegskassen der Terrororganisation. Dies ist eine zentrale Erkenntnis aus dem Gaza-Konflikt: Im Krieg mit Extremisten lässt sich Frieden nicht durch gutgläubiges Entgegenkommen verhandeln, sondern nur durch militärische Stärke herbeizwingen.

Die zweite Erkenntnis ist einmal mehr, dass ein demokratischer Staat gegen autoritäre Regime nicht genauso kämpfen kann wie seine Gegner. So mussten die israelischen Streitkräfte in den letzten zwei Jahren stets Rücksicht nehmen auf die in den Händen der Hamas befindlichen jüdischen Geiseln – während die Hamas-Führung die eigenen Kämpfer skrupellos als Märtyrer verheizte. Zudem geriet Israel, je klarer sein militärischer Erfolg wurde, umso mehr in Erklärungsnot für die Opfer der Gegenseite. Dabei wurde nicht nur der Ursprung des Krieges, der Terror des 7. Oktober 2023, verdrängt, sondern Israel auch für das Leid der Zivilbevölkerung von Gaza verantwortlich gemacht. Interessanterweise richtete niemand von den Anklägern der israelischen Politik auch Forderungen an die Hamas, das sinnlose Sterben zu beenden.

Grundlegende Erkenntnisse
Die dritte grundlegende Erkenntnis ist, dass trotz aller Übermacht am Ende ein Frieden nicht allein mit militärischen Mitteln herbeizuzwingen war. Trotz eines klaren Erfolgs auf dem Schlachtfeld und trotz aller Präzisionsschläge war die israelische Armee selbst im Verbund mit den USA nicht in der Lage, das Terror-Regime eines Zwei-Millionen-Gebietes vollständig auszuschalten. Der Grund dafür ist, dass die Hamas ihren Krieg gegen Israel nie allein führte, sondern stets mit breiter Unterstützung aus dem islamischen Raum. Und so brachte denn auch erst die Vermittlung Katars, der Türkei und Ägyptens die Hamas zum Einlenken.

Darin liegt denn auch eine wichtige Erkenntnis für den zweiten großen Konflikt unserer Zeit – den Ukrainekrieg. Auch hier glauben die beteiligten Parteien Russland und die Ukraine fest an einen militärischen Sieg. Doch auch hier führen beide Seiten den Krieg keineswegs allein, sondern mit jeweils breiter Unsterstützung Dritter (die Ukraine mithilfe von USA und EU, Russland mithilfe Chinas und des BRICS+-Blocks). Und somit dürfte auch hier nur eine politische Lösung zu einer Beilegung des Krieges führen.

Und die Europäer? Von ihnen hieß es dieser Tage, dass sie wieder einmal nur am Katzentisch der Weltpolitik säßen. Was durchaus nicht falsch ist. Doch bedeutet dies keineswegs, dass sie in den großen Konflikten unserer Zeit nur Zuschauer wären. Vielmehr sind sie seit Jahrzehnten in zahlreichen Krisenherden als Geldgeber maßgebliche Faktoren. In dieser Rolle haben sie sich so sehr eingerichtet, dass sie fast schon reflexartig ihre Schatullen öffnen, sobald irgendwo das Wort „Geberkonferenz“ fällt.

Dass die Europäer – dies keineswegs nur in Gaza – im Namen humanitärer Hilfe dabei vielfach mitgeholfen haben, zweifelhafte Regime am Leben zu erhalten, sollte ihre politischen Führer dazu animieren, darüber nachzudenken, ob der bisherige Weg noch zeitgemäß ist. Wenn das eigene Gewicht nicht reicht, um Frieden zu stiften, sollte man wenigstens nicht zu denen gehören, die durch fatales Handeln die Kriege der Welt nähren.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS