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3. November 1964

Lyndon B. Johnsons Wahlsieg veränderte die USA

Der texanische Demokrat gewann gegen seinen republikanischen Herausforderer Barry Goldwater in historischer Dimension

Jens Eichler
03.11.2024

Als er am Tag der US-Wahlen vom 3. November 1964 an die Urne trat, konnte er sich ein stilles Siegeslächeln nicht verkneifen. Ja, er war sich sicher. Er würde es schaffen. Richtig gewählt, richtig gewinnen und mit dem Votum des amerikanischen Volkes Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden. Nicht wie zuletzt ins Amt gekommen durch eine Tragödie. Hatte doch der Attentäter Lee Harvey Oswald nur knapp ein Jahr zuvor, am 22. November 1963, den damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy erschossen. Noch auf dem Rollfeld von Dallas, dem Tatort des Mordes, um den sich bis heute Theorien, Mythen und Geheimnisse ranken, wurde sein Stellvertreter und zugleich rechtmäßiger Nachfolger für die noch laufende Wahlperiode vereidigt: Lyndon B. Johnson.

Die Südstaaten waren dagegen
Und tatsächlich sollte es ein fulminanter Sieg werden. Einer, den bis heute kein Kandidat bei US-Wahlen jemals wieder erreichen sollte. Johnson wurde mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt. Der liberale, soziale Demokrat erreichte 61,1 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten. Noch klarer fiel das Ergebnis in der Zahl der für das amerikanische Wahlsystem entscheidenden Wahlmänner aus. Hier gewann der Texaner 486 von 538 möglichen. Etwa 95 Prozent der Afro-Amerikaner, die wählen durften und konnten, gaben Johnson ihre Stimme.

Sein Gegner, der Republikaner Barry Goldwater, holte nur 38,4 Prozent mit entsprechend 52 Wahlmännern. In US-Bundesstaaten aufgeschlüsselt gewann der Hardliner-Republikaner aus Arizona nur vier US-Bundesstaaten: Louisiana, Alabama, Georgia und Mississippi. Alles waschechte Südstaaten, die in den USA „The heart of Dixie“ genannt werden und die dem liberalen Programm Johnsons, das als „Great Society“ bekannt wurde, kritisch gegenüberstanden. Allein schon, weil Johnson sich vornahm, die Rassentrennung zu beenden und die Gleichstellung der Afro-Amerikaner mit der weißen Bevölkerung voranzutreiben. Ein Vorhaben, das insbesondere in den typischen Südstaaten allein aus geschichtlichen Gründen auf starke Vorbehalte stieß.

Mit seinem Kantersieg sollte Johnson Geschichte schreiben, wurde er in den nachfolgenden Jahren doch einerseits zu einem der erfolgreichsten US-Präsidenten aller Zeiten. Aber ebenso zu einer tragischen Figur, da er für Umstände und Geschehnisse verantwortlich gemacht wird, die er im Grunde genommen gar nicht richtig zu verantworten hat.

Eine neue Ära beginnt
Sein Sieg ist umso bemerkenswerter einzustufen – unabhängig vom numerischen Ergebnis – als das ihm das schale Image eines ungehobelten, grobschlächtigen Texaners mit viel Herz, aber ohne Hirn, Verstand und Manieren anhaftete. Vor allem der Kennedy-Clan hatte für diesen negativen Ruf gesorgt und ihn unentwegt als primitiven Provinztölpel deklassiert.

Umso größer daher die Überraschung seines grandiosen Sieges – und seiner folgenden Leistungen, die bis heute nachwirken. Denn „LBJ“, wie er fortan oft genannt wurde, schaffte es, die Bürgerrechtsgesetze in Form des Civil Right Acts von 1964 als Gesetz durchzubringen. Etwas, was seinem ermordeten Vorgänger nicht geglückt war, und was ab Inkrafttreten die US-Gesellschaft und eine ganze Nation verändern sollte. Plötzlich gab es gesetzliche Grundlagen, um rassistische Diskriminierung zu bekämpfen.

Für Johnson war dies eine Herzensangelegenheit. Rassentrennung und Verbrechen, die in diesem Zusammenhang begangen wurden, widerten ihn an. Er sah in der Aufhebung der Rassentrennung und in einer gesetzlich verankerten Gleichberechtigung aller US-Amerikaner die einzige und reale prosperierende Zukunft der USA. Dass er als Texaner, und damit als Südstaatler, so eingestellt war, unterstreicht einerseits seine herausragende Leistung und Bedeutung und erklärt andererseits sein Engagement für sein „The Great Society“-Programm. Dieses hatte maßgebliche Reformen zur Bekämpfung der Armut zum Inhalt und führte zu einer ganzen Reihe von Gesetzen, die das Wahlrecht, Gesundheitswesen, die Sozialsysteme, das Erziehungswesen, die Umwelt, die Ernährung, den Verbraucherschutz und die Bürgerrechte betrafen.

Sein Gegner von den Republikanern, Barry Goldwater, stand hingegen nahezu für das exakte Gegenteil: Nicht nur, dass er Johnson beschimpfte und beleidigte. Goldwater sprach sich gegen das Ende der Rassentrennung und gegen die Gleichstellung der Schwarzen aus und forderte zudem einen Rückzug des Staates aus vielen Bereichen, da er Eingriffe ins Renten-, Gesundheits- und Bildungswesen als Widerspruch zur Idee der individuellen Freiheit ansah.

So sehr die USA innenpolitisch in Johnsons neuen Ära zu erblühen schienen, so desaströser entwickelte sich aber das Szenario rund um den Vietnamkonflikt, in den die Vereinigten Staaten unter Johnsons Führung zunehmend gerutscht waren. Dabei hatte John F. Kennedy den Grundstein für die verhängnisvolle Verstrickung der USA in Indochina gelegt.

Johnsons blindes Befolgen falscher Ratschläge des verantwortlich Oberkommendierenden der US-Armee in Vietnam, General William Westmoreland, überschattete seine Verdienste. Westmoreland hatte nur eine Strategie: Mehr Soldaten, noch mehr Waffen. Erst als er den Einsatz von Atomwaffen forderte, setzte Johnson ihn ab. Doch da steckten er und die USA schon viel zu tief im Sumpf des Vietnamkriegs, sodass ein müder „LBJ“ bei den Wahlen 1968 nicht mehr antrat.

Dennoch vertreten heute viele Experten und Historiker die Meinung, es hätte niemals eine bessere Zeit an Wohlstand und sozialen Erneuerungen in den USA gegeben wie Johnsons erste beide Regierungsjahren 1964 und 1965.


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Kommentare

Kersti Wolnow am 03.11.24, 10:35 Uhr

Mit diesem Mann habe ich mich schon vor Jahren beschäftigt, weil mit ihm auch der ekelhafte Zeitgeist in Westeuropa einzog. Abtreibung und verringerte Einwanderungshürden für Leute aus Asien und Afrika formte die europäischen USA für immer um. der sogen. "Gegenkandidat" hätte dasselbe gemacht. Die USA haben wie wir schon lange keine Wahl.

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