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Ausstellungen

Mal mehr, mal weniger Platz für „Dialog“

Caspar David Friedrich vs. Otto Dix: Zwei Großmeister ihrer Zeit traten zeitgleich in Hamburg an – Bilanz zweier Ausstellungen

Harald Tews
01.04.2024

Ostermontag enden in Hamburg zwei bemerkenswerte Ausstellungen: die große Jubiläumsschau „Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit“ in der Hamburger Kunsthalle sowie „Dix und die Gegenwart“ in den Deichtorhallen. Das Rennen zwischen der Romantik und der Moderne entschied dabei die Kunsthalle für sich. Am Ende wird sie bei den Besucherzahlen ein Rekordergebnis verkünden können. Über 300.000 Besucher werden es am Ende gewesen sein, die sich in den dreieinhalb Monaten seit Ausstellungsbeginn die Werke des pommerschen Landschaftsmalers angesehen haben.

Nicht jeder verließ die Kunsthalle mit einem positiven Eindruck. Es gab Kritik daran, dass Eintrittskarten nur online und für ein bestimmtes Zeitfenster verfügbar waren. Seit Anfang März war selbst dieses nicht mehr möglich, da alle Karten ausverkauft waren. Schlimmer war die Situation vor Ort, der sich als ein zäher Parcours mit engen, von Trennwänden unterteilten Räumen erwies, in denen sich die Besuchermassen stauten. Beim Maler der Stille fand niemand seine Ruhe. Man hätte darauf vorbereitet sein können, denn einen Malerstar wie Friedrich, dessen 250. Geburtstag dieses Jahr begangen wird, hätte man nicht in dem für Gegenwartskunst bestimmten Kubus der neuen Kunsthalle mit ihren niedrigen Decken, sondern im geräumigeren Altbau aufhängen sollen (die PAZ berichtete).

Dass es ganz anders gehen kann, beweist die Otto-Dix-Ausstellung am anderen Ende der Hamburger Kunstmeile jenseits des Hauptbahnhofs: Die Deichtorhallen, die eigentlich ein Mekka für zeitgenössische Kunst und Fotografie sind, gaben Dix und dem Publikum genügend lichtdurchfluteten Raum. Obwohl auch diese Ausstellung gut besucht war, trat sich in der ehemaligen Marktfläche, die von einer einzigen Dachkonstruktion umhüllt ist, niemand gegenseitig auf die Füße. Und Dix braucht diesen Platz, denn was Friedrich für das 19., das war Dix für das 20. Jahrhundert: einer der herausragendsten deutschen Maler seiner Zeit.

Viele seiner Werke, welche die Hölle des Ersten Weltkriegs thematisieren, sowie auch seine fratzenhaft verzerrten Personenportraits rücken die Museen ungern als Leihgaben heraus. Das berühmte Triptychon „Der Krieg“ ist nur als Reproduktion zu sehen. Immerhin hat man für die Deichtorhallen 50 originale Werke ausleihen können, darunter so bekannte Werke wie das an Friedrich erinnernde Gemälde „Gewitter im Riesengebirge“ oder Dix' „Selbstbildnis mit Palette“ von 1942.

Ähnlich wie in der Friedrich-Ausstellung lässt man die Werke dieser Meister nicht für sich selbst sprechen, sondern stellt sie in einen Kontext mit Kunst der Gegenwart, um deren Bedeutung für die heutige Zeit hervorzuheben. „In Dialog treten mit ...“ heißt das heutzutage im Kuratoren-Deutsch. Was ein Anselm Kiefer mit seinem Monumentalgemälde „Am letzten Tor“ dem Dix-Triptychon „Der Krieg“ zuflüstert, wenn sie einander gegenüberhängen, bleibt den meisten Besuchern wohl verschlossen. Letztlich erscheint diese „Dialog“-Auswahl willkürlich. Man nimmt, was man kriegen kann.

Allein schon wegen seiner Kriegsthematik ist Dix gerade in heutiger Zeit so aktuell wie kaum ein anderer Künstler. Das stellen die Deichtorhallen hervorragend unter Beweis. Die Ausstellung hätte vielleicht besser in die Galerie der Gegenwart der Kunsthalle gepasst, in der man stattdessen lieber den Friedrich gezwängt hat. Vom 19. April an ziehen die Friedrich-Werke in die Alte Nationalgalerie von Berlin. Mal sehen, wie man dort auf den Publikumsansturm vorbereitet ist. Die PAZ wird berichten, derweil in den Deichtorhallen auf Dix vom 18. Mai an 40 internationale Künstler folgen werden, die sich die Frage stellen, wie wir im 21. Jahrhundert überleben wollen.


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