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Geschichte und Zukunft – Die LO lud zu ihrer diesjährigen Arbeitstagung der Deutschen Vereine im südlichen Ostpreußen ein
Eine Vielzahl unterschiedlicher Gefühle weckte die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) bei den Teilnehmern ihrer diesjährigen Arbeitstagung für die deutschen Vereine im südlichen Ostpreußen, die am 26. und 27. April in Sensburg stattfand. Trauer und Mitgefühl beim Thema „Deutsche Kinder im Nachkriegspolen“, Wehmut beim Film über Ostpreußen sowie Nachdenklichkeit und Enthusiasmus bei der Diskussion um zukünftige Strategien und Strukturen der Deutschen Minderheit in Ostpreußen.
Am Nachmittag nach der Jahresversammlung des Verbands der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren (VdGEM) konnte der Sprecher der LO, Stephan Grigat, die Vertreter der Vereine des Verbands und der nicht im Verband eingebundenen Gesellschaften der Deutschen Minderheit in Allenstein und Neidenburg begrüßen. Das von Peter Wenzel von der LO in Hamburg, Ulf Püstow vom Vorstand der LO und dem Vertreter der LO in Allenstein, Damian Wierzchowski, organisierte Programm startete mit dem traurigen Thema der Folgen eines Kriegs für Kinder Kinder nach dem Krieg
Teresa Willenborg stellte in einem Referat ihr Buch „Kinder im Schatten des Krieges, Heimerziehung in Polen nach 1945“ vor. Ein Thema, das gerade den älteren Teilnehmern sehr nahe ging, welche die Zeit selbst erlebt oder die Folgen bei Familie und Freunden gekannt haben. Denn trotz aller psychologischer Schutzmechanismen bleiben Spuren zurück. In fünfjähriger Arbeit – auch in der Zeit von Corona – durchforstete Willenborg die Archive von 27 staatlichen, evangelischen und methodistischen Einrichtungen nach Unterlagen zu etwa – so die offiziellen Angaben des Roten Kreuzes – 57.000 deutschen Kindern. Das war nicht einfach, zumal die Kinder in der Gesellschaft häufig quasi „unsichtbar“ waren.
„Es gab einen radikalen Bruch mit der Pädagogik der Vorkriegszeit“, so Willenborg über das Vorgehen der Waisenhäuser, „wegen knapper Ressourcen bewerteten Kommissionen, wer polnisch ist oder wird. Es ging auch – je nach Einrichtung – um Assimilierung oder eine Vorbereitung auf das sozialistische Leben.“ Die Verwendung als Arbeitskraft und oft auch die Verantwortung für jüngere Geschwister machten aus den Kindern nicht selten kleine Erwachsene. Sie haben überlebt, doch um welchen Preis? Manchmal auch den der Identität, wie Willenborg in Interviews mit den Betroffenen herausfand. Zwölf Berichte davon enthält ihr Buch, drei stellte sie ihren Zuhörern vor.
Unter die Haut ging diesen vor allem der Bericht von Alfred Czesla, den viele von ihnen persönlich kennen, hat er doch einige der deutschen Vereine im südlichen Ostpreußen mitbegründet. Schade nur, dass er aus gesundheitlichen Gründen der Einladung zur Tagung nicht folgen und selbst für sich sprechen konnte. Außerdem war er für einen Vortrag über die Anfänge und die Entwicklung der Gesellschaften eingeplant.
Versöhnlicher wurde es am Abend mit einem Film über das historische Ostpreußen, vor allem das Samland, und am nächsten Tag mit dem Film zum 30. Jubiläum der Neidenburger Gesellschaft der deutschen Minderheit.
Geschichten vom Anfang und der Zukunft
Der späte Nachmittag und der Sonntagvormittag standen hingegen im Zeichen lebhafter Diskussionen um die zukünftige Struktur und Strategie der Deutschen Minderheit in Ostpreußen. Die bereits auf der Jahresversammlung des VdGEM von Wiesław Küchmeister aus Osterode angestoßenen Gespräche griffen ein Thema auf, das wegen der Überalterung der Vereine und Vorstände sowie sinkender Mitgliederzahlen schon länger schwelt. Die Stichworte Ehrenamt, Jugend, neue Medien, geographische Entfernungen oder Vereine als Rechtspersonen zeigen die Komplexität der Frage auf, von konkreten Problemen wie Mieten, Heizkosten oder immer komplizierteren Antragsformularen ganz zu schweigen. Eine Frage, die mehrfach im Raum stand, war dabei eine mögliche Fusion mancher Vereine.
Aus der Versammlung heraus fand sich eine sechsköpfige Arbeitsgruppe zusammen, die das Votum der Anwesenden erhielt und ein Konzept erstellen soll, das insbesondere auch strukturelle Probleme angeht. Durch den intensiven Austausch blieb kaum Zeit für die Bekanntgabe der in diesem Jahr anstehenden Projekte der LO. Insbesondere Grigat sah das aber nicht so eng: „Wenn man sich für ein Thema engagiert oder engagieren will, muss man dafür brennen.“ Und dieses Brennen sei in der Diskussion deutlich zu spüren gewesen, so der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen. Schlusspfiff für die Tagung, Anpfiff für die Arbeit der Arbeitsgruppe, Startsignal für eine bessere Zukunft.