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Familiennachzug: Bund fordert die Hauptstadt zur Wende auf – Hamburg moniert Kirchenasyl
Wie soll der deutsche Staat mit Asylbewerbern umgehen, die in vielen Fällen ohne Identitätspapiere eingereist sind und während des Asylverfahrens einfach abtauchen? Schon jetzt erlaubt das Asylgesetz die Einstellung des Verfahrens, wenn der Antragsteller beispielsweise nicht zu Anhörungen erscheint. Brandenburgs neuer Innenminister René Wilke will Asylbewerbern, die untertauchen, künftig automatisch den Asylanspruch entziehen. Nach Angaben seines Ministeriums in Potsdam wurden vom 1. Januar bis 17. Juli dieses Jahres 855 Fahndungen nach untergetauchten Asylbewerbern ausgelöst.
Der seit seinem Austritt aus der Linkspartei parteilose Minister begründet seinen Vorstoß mit einer einfachen Frage: „Wie soll man einem Bürger erklären, dass da jemand ist, der hierherkommt und eine Prüfung seines Asylantrags möchte, sich dann aber dem Verfahren entzieht?“ Man „dürfe sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen“, so Wilke. Als Möglichkeiten, um die Verfahren auf ein vernünftiges Gleis zu bringen, nennt der frühere Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) eine Initiative Brandenburgs bei der Innenministerkonferenz oder im Bundesrat.
Anders als Brandenburg stößt das benachbarte Berlin derzeit keine Veränderungen im Asylrecht an. Die Bundeshauptstadt muss vielmehr auf Entscheidungen des Bundes und auch auf Vorwürfe der Hamburger Regierung reagieren. Durch ein Machtwort von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) steht zum einen nun eine Berliner Sonderregelung zum Familiennachzug vor dem Aus.
Durch ein Landesaufnahmegesetz hatte Berlin es jahrelang ermöglicht, dass Syrer, Afghanen und Iraker Verwandte nachholen dürfen. Als Bedingungen mussten sich die Ausländer dazu verpflichten, die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung ihrer Verwandten zu übernehmen. Eingeführt hatte diese Regelung noch der rot-grün-rote Vorgängersenat. In der jetzigen Regierungskoalition war die SPD für die Weiterführung der Sonderregelung, die CDU war vehement dagegen. Nachdem das Landesaufnahmeprogramm für afghanische, syrische und irakische Asylsucher Ende 2024 ausgelaufen war, sieht es derzeit nicht nach einer Weiterführung der Sonderregelung aus.
Wie Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) Ende Juli erklärte, wird das Bundesministerium des Innern „kein Einvernehmen für neue oder für eine Verlängerung bestehender Landesaufnahmeprogramme erteilen“. Seiner Senatskollegin Iris Spranger (SPD) teilte Evers mit, dass es notwendig sei, „die für den Bereich Flucht anfallenden Kosten auf das notwendige Minimum zu begrenzen“. Der Finanzsenator wies Innensenatorin Spranger auch darauf hin, dass die Übernahme der Versicherungsbeiträge durch die Verwandten „keine ausreichende Vorsorge gegen zusätzliche Kosten des Landes Berlin“ sei. Tatsächlich gilt die Verpflichtungserklärung der Immigranten für den Nachzug ihrer Verwandten nur für fünf Jahre. Danach müssen alle Beitragszahler für etwaige Kosten aufkommen. Zudem hat Berlins Umgang mit dem Kirchenasyl zu einem Streit mit dem Hamburger Senat geführt. Unmittelbarer Anlass sind vier Afghanen, die in der Dreieinigkeitskirche in Steglitz Kirchenasyl erhalten haben. Die vier Männer hatten jahrelang in Schweden gelebt. Aus Angst, von dort abgeschoben zu werden, waren sie zunächst nach Hamburg, dann nach Berlin gegangen.
Tschentscher pocht auf Dublin III
Das Hamburger Amt für Migration hat die vier Afghanen zur Rückkehr nach Schweden aufgefordert – dorthin, wo das Quartett erstmals einen Asylantrag gestellt hatte. Allerdings erkennt Berlin im Gegensatz zu Hamburg das Kirchenasyl an. Als Folge weigert sich das Land Berlin, die Afghanen aus der Kirche zu holen. Ohne weisungswidrig die Kirche zu betreten, konnten Berliner Polizisten allerdings einen der Afghanen doch festnehmen, als dieser die Kirche kurz verlassen hatte. Bundespolizisten setzen den den Afghanen daraufhin in einen Linienflug nach Stockholm und verhängten eine fünfjährige Einreisesperre. Für zwei der Afghanen im Kirchenasyl ist die sechsmonatige Überstellungsfrist gemäß Dublin-Richtlinie jedoch mittlerweile verstrichen. Schweden muss sie damit nicht mehr zurücknehmen.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) kritisierte mittlerweile nicht nur das Vorgehen Berlins. Er sprach laut einem Bericht der „Berliner Zeitung“ auch von einem systematischen Missbrauch des Kirchenasyls: Es sei nicht hinnehmbar, dass „die Überstellung nach der Dublin-III-Verordnung von einer Berliner Kirchengemeinde vereitelt“ werde, so Tschentscher. Auch der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings, äußerte sich zum Kirchenasyl: Er fordert, die Kirchen sollten konsequenterweise dauerhaft die Betroffenen beherbergen und betreuen, wenn in Dublin-Fällen durch das Kirchenasyl eine Rückführung nicht mehr möglich sei.