24.10.2025

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Münstermann: „König David“, um 1620
Bild: Landesmuseum Kunst Kultur Oldenburg/Sven_AdelaideMünstermann: „König David“, um 1620

Ausstellung

Meister der Übersteigerung und Extreme

Manierismus für Protestanten – Erste umfassende Ausstellung zu Ludwig Münstermann in Oldenburg

Helga Schnehagen
24.10.2025

Der Rang eines „Michelangelo des Nordens“ kann Ludwig Münstermann zwar nicht zugewiesen werden, aber ihn auf einen „Herrgottschnitzer von der Waterkant“ zu degradieren ist noch weniger möglich. Die Beurteilung von Münstermanns Werk schwankt bis heute zwischen genial und abstrus. Wer also war Ludwig Münstermann, der als Meister der Übersteigerung und Extreme im Oldenburger Land, in den ehemaligen Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst, seine umstrittenen Spuren hinterließ?

Das überschaubare Gebiet seines Wirkens ist den Kriegswirren geschuldet. Um 1575 geboren, hatte der Bildhauer gerade einige Arbeiten für die beiden Grafen abgeschlossen, als der Dreißigjährige Krieg ausbrach. Mit ihm kam die norddeutsche Kunstproduktion zum Erliegen. Dass sein Werk dennoch fortlebte, liegt daran, dass Anton Günther von Oldenburg mit den Kriegsparteien Neutralitätsverträge geschlossen hatte und die Heerführer reichlich „beschenkte“, damit sie sein Gebiet – als eines der wenigen – verschonten.

Münstermanns Werkstatt lag in Hamburg. Dort war er 1599 als Meister in das Amt der Drechsler aufgenommen worden. Dementsprechend wird sein Werk von Holz dominiert. Der Drechslermeister bearbeitete aber auch Sandstein, Alabaster, Elfenbein und Bernstein. Seine schönsten Werke befinden sich bis heute in situ. Um sie zu bewundern, muss man durchs Oldenburger Land reisen.

Eines der prächtigsten Ausstattungsstücke, das Münstermann geschaffen hat, ist der Altar von 1614 aus der Schlosskirche zu Varel. Seine architektonische und figürliche Gestaltung erinnert an Altäre in katholischen Kirchen. Das inhaltliche Programm mit Kreuzigung, Tod und Auferstehung Christi in der senkrechten Mittelachse – anstelle von Mariendarstellungen – ist jedoch typisch protestantisch.

Eine eigenständige Erfindung Münstermanns ist das räumlich-bühnenhafte Dekorationsschema wie es unter anderem in den Altaraufsätzen von Rodenkirchen und Hohenkirchen zu bestaunen ist. Vor allem in Rodenkirchen dehnt sich die perspektivische Abendmahlsdarstellung weit in die Tiefe aus. Voller Stolz hat der Meister hier sein Werk signiert: Zwei Putti halten am unteren Sockel ein Schriftband mit seinem Namen und ein Wappen mit seinem Meisterzeichen.

Zu Münstermanns Hauptwerken gehört ebenso die Kanzel von Schwei. Die geschnitzten Figuren mit Moses als Trägerfigur und den Evangelisten sowie Christus, König David und König Salomo am Kanzelkorb zählen zum Besten, was der Meister geschaffen hat.

Das Oldenburger Landesmuseum selber besitzt rund 40 Werke des um 1637/38 verstorbenen Bildhauers. In der ersten umfassenden Ausstellung zu dem Künstler werden Fragen nach dem manieristischen Kontext, nach der Werkstattpraxis und nach der aktuellen Relevanz der theologischen Programme von Münstermanns Werken thematisiert. Dabei offenbaren die Phantasie-Architektur und die anatomisch widersprüchlichen Körper eine ganz eigene Spielart des Manierismus, die über das Oldenburger Land hinaus nur wenigen bekannt ist.H. Schn.

„Münstermann“ im Augusteum des Landesmuseums Oldenburg, bis 30. November, geöffnet täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr. www.landesmuseum-ol.de 


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