Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Das Wolliner Ostseebad Misdroy ist zur Boomtown geworden, es platzt aus allen Nähten
Misdroy ist eines der meistbesuchten pommerschen Ostseebäder. Bereits ein Spaziergang auf der gepflegten, an Sommerabenden sehr belebten Promenade oder eine Strandwanderung vom Kaffeeberg zum Westend des Ostseebades bestätigt das eindrucksvoll.
Letzte Zweifel beseitigt eine Betrachtung des Baugeschehens an der Promenade und im Ortszentrum. Beim Primus unter den Wolliner Ostseebädern wird gebaut, viel gebaut, sehr groß gebaut und zügig gebaut.
Am Westend von Misdroy, einige Kilometer vom Zentrum der Promenade entfernt, mitten im Dünenwald, ragt das neue 13-stöckige Appartement-Haus „Aquamarina“ mit seinen 140 privaten Appartements empor. In den oberen Stockwerken kann der Bewohner ohne Feldstecher die Inseln Rügen und Usedom sehen. Elektroroller stehen auf der Straße für jene bereit, denen der Weg vom Westend ins Zentrum des Ostseebades zu weit ist. Parkplätze für Pkw sind dort im Sommer rar.
Steilküste stoppt Ausdehnung
In Richtung Swinemünde könnte sich der Ort problemlos weiter ausdehnen, denn der schöne Sandstrand der Pommerschen Bucht erstreckt sich über mehr als zehn Kilometer bis Osternothafen. Im Osten setzt hingegen die bis zu 95 Meter hohe Steilküste dem Baugeschehen enge Grenzen. Östlich des hohen Appartement-Hauses ragen Baukräne in den Himmel. Dort entsteht der Hotelkomplex Wave (Welle) mit allen Annehmlichkeiten, auf die anspruchsvolle Gäste nicht verzichten möchten. Die ersten zehnstöckigen Gebäude des umfangreichen Komplexes wurden bereits im Mai 2022 übergeben.
Ein weiterer Neubau befindet sich an der Promenada Gwiazd (Promenade der Stars). Es ist das im Juli 2020 fertiggestellte zwölfstöckige sehr große „Balticus Apartamenty“.
Erwähnung verdienen – neben den zahlreichen großen Neubauten im Zentrum des Ortes – auch die neuen Gebäude auf der Düne, unmittelbar links der Seebrücke. Neben dem acht Stockwerke hohen „Aquamarina Prima“ ist hier ein weiteres Gebäude im Entstehen.
Für ein geplantes 100 Meter hohes Gebäude hat man die Baugenehmigung offensichtlich zurückgezogen. Die Skyline Misdroys ähnelt bereits ohne dieses Gebäude eher der eines spanischen Seebades als der eines pommerschen.
Einst Bäderarchitektur bevorzugt
In deutschen Zeiten prägten – ebenso wie in Heringsdorf und Swinemünde – vor allem Gebäude der Bäderarchitektur den Charakter der Strandpromenade. Berliner und Stettiner Geschäftsleute schufen sich hier ihre Sommerresidenzen. Diese Gebäude dominieren heute nicht mehr die Promenade, ein Schattendasein führen sie jedoch nicht.
Im Zentrum des Ortes, in bester Lage, hatte im Jahre 1857 der Berliner Rentier Arnold Lejeune eine prachtvolle Villa im italienischen Stil, das „Lejeunsche Schloss“, gebaut. Von 1887 bis 1945 diente die Villa als Kurhaus des Ostseebades, heute fungiert sie als Kulturhaus.
Die Gäste Lejeunes logierten im Haus Miramare, das später zum Hotel umgebaut wurde. Im Jahre 2009 erhielt es einen sehr großen Anbau und trug nun den Namen Aurora. Zurzeit wird es aufgestockt und erreicht damit etwa die gleiche Höhe wie der Anbau. Der Name Miramare blieb erhalten, ihn hat das Restaurant des Hauses übernommen.
Die Villa des früheren Misdroyer Badearztes Dr. Röchling, die Villa Richter sowie das Haus Brandenburg sind heute Hotels. Auch das Strandhotel, während des Krieges Lazarett, empfängt wieder Gäste. Das prachtvolle Hotel Viktoria fiel 1968 einem Brand zum Opfer und wurde durch ein recht schmuckloses Gebäude ersetzt. Eines der attraktivsten Gebäude der Bäderarchitektur, das „Haus Seeblick“, es war nach dem Krieg unter dem Namen „Bałtyck“ ein Erholungsheim der Gewerkschaften, wird nach jahrzehntelangem Leerstand und beginnendem Verfall restauriert. Unmittelbar daneben befindet sich eines der schönsten historischen Häuser von Misdroy, das Haus Seestern (Stella Maris).
Und schließlich: Nicht nur die alten Häuser an der Promenade des Ostseebades werden aufpoliert, auch die Westendpromenade selbst erhält mittlerweile ihre alte Schönheit zurück.