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Vor 500 Jahren forderten die Bauern „freiheyt“ – Ausstellungen in Mühlhausen und Bad Frankenhausen widmen sich dem Bauernkrieg
Vor 500 Jahren waren in Thüringen Mühlhausen und Frankenhausen die Zentren des Bauernkriegs. Der radikale Reformator Thomas Müntzer zog mit 300 Mann von Mühlhausen nach Frankenhausen, um die dort versammelten Aufständischen zu verstärken. Sie gingen gegen die Fürstenheere in der Schlacht bei Frankenhausen unter. Die Thüringer Landesausstellung „freiheyt 1525“ widmet sich in drei Mühlhäuser Museen dem Bauernkrieg, während sich die Sonderausstellung im Regionalmuseum Bad Frankenhausen auf die Schlacht und Thomas Müntzer konzentriert.
Der erste Teil der Landesausstellung findet in dem zur Müntzergedenkstätte erklärten Museum Marienkirche statt. In ihr predigte Müntzer. Sein Freiheitsbegriff unterscheidet sich erheblich von unseren Freiheitsrechten. Die von ihm propagierte Freiheit meint die Loslösung des Menschen von allen irdischen Abhängigkeiten, seien es Begierden oder die Angst vor der Obrigkeit, um sich ganz Gott zu widmen.
Die Sonderschau besetzt das Langhaus. Vermittelt wird das Landleben um 1525 im Jahreslauf. Es geht in Wort, Bild und Objekten von der Sense und dem Pflug über die Mistgabel und die Schafschere bis hin zum Bienenkorb um Aussaat und Ernte, Viehzucht, Imkerei und was sonst noch das Landleben ausmachte. In der Präsentation fehlt die Obrigkeit. Dabei bewirtschafteten die Bauern doch Land, das dem Adel, der Kirche, Städten und Stiftungen gehörte. Diese Grundherren verlangten Abgaben und Frondienste. Da diese immer weiter stiegen, kam es vielerorts zu Aufruhr.
Hinsichtlich der Exponate ist übrigens die dem kirchlichen Leben gewidmete Abteilung die attraktivste. Sie wartet etwa mit einem Reliquienkreuz (um 1330) auf, das zu den wertvollsten mittelalterlichen Goldschmiedearbeiten Thüringens überhaupt gehört.
Der zweite Teil der Ausstellung wird im Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche gezeigt. Hier stehen die Ereignisse des Bauernkriegs im Blickpunkt. Er begann im Südwesten Deutschlands. Plan des Ausstellungsteams ist es, die zentralen Ereignisse mit Hilfe von zwölf „Gesichtern des Bauernkriegs“ zu vermitteln. Erstaunlicherweise werden jedoch nur wenige Hauptakteure aufgerufen, während blass bleibende Gesichter aus der zweiten oder dritten Reihe überwiegen.
Durch Abwesenheit glänzt Georg Truchsess von Waldburg. Dabei war er als Feldherr des Schwäbischen Bundes, zu dem sich weltliche und geistliche Obrigkeiten sowie Reichsstädte zusammengeschlossen hatten, die zentrale Figur des Bauernkriegs im Südwesten. Er brachte den Aufständischen in etlichen Schlachten vernichtende Niederlagen bei.
Zu den beachtenswerten Gesichtern gehört der Laienprediger Sebastian Lotzer, der in Abstimmung mit den Abgesandten dreier Bauernhaufen die „Zwölf Artikel von Memmingen“ verfasste (siehe PAZ vom 6. Juni). Sie beziehen sich auf die Minderung von Abgaben und Frondiensten sowie die Abschaffung der Leibeigenschaft. Vielerorts übernahmen die Aufständischen diesen Forderungskatalog.
Buhmann Müntzer
Auch Müntzer wird hervorgehoben. Auf ihn bezieht sich ein makabres Schriftstück: Die Stadtrechnung mit Scharfrichtereintrag zur Wiederaufrichtung Müntzers. Der Bauernkriegsführer war nach der Niederlage in der Schlacht bei Frankenhausen gefangen genommen, am 27. Mai geköpft und sein aufgespießtes Haupt zur Schau gestellt worden. Nach einiger Zeit fiel der Kopf von der Stange. Der Scharfrichter steckte ihn wieder auf und bekam dafür sechs Groschen. Müntzers Hinrichtung wohnten die Sieger der Schlacht bei: Landgraf Philipp von Hessen, Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel und Herzog Georg von Sachsen. Zu den in der Kornmarktkirche vorgestellten „Gesichtern des Bauernkriegs“ gehören sie jedoch nicht.
Vor der Kornmarktkirche steht neuerdings ein sieben Meter hohes Bauernkriegsdenkmal, das der Künstler Timm Kregel nach dem Vorbild eines 500 Jahre alten Entwurfs von Albrecht Dürer geschaffen hat. Enthalten ist er in Dürers Traktat „Underweysung der Messung“. Es ist im dritten Teil der Schau zu sehen. Den oberen Abschluss des Denkmals bildet ein zusammengesunkener Bauer, hinterrücks von einem Schwert durchbohrt.
Im Kulturhistorischen Museum geht es um die Erinnerung an den Bauernkrieg und dessen Deutung. Das älteste an den Bauernkrieg erinnernde „Denkmal“ ist 499 Jahre alt. Es handelt sich um den von Kardinal Albrecht gestifteten Brunnen auf dem Mainzer Markt, der dort entgegen der Behauptung im Begleitheft zur Ausstellung noch immer steht. Er weist die lateinische Inschrift auf, der Kardinal habe den verfallenen Brunnen erneuern lassen, nachdem „die verhängnisvolle Verschwörung der Bauern“ niedergeworfen war. Blickfang ist das angeblich von Müntzer geführte „Sensenschwert“ mit vergoldetem Messinggriff. Der DDR-Maler Werner Tübke ist mit dem Gemälde „Schlachtberg“ (1979–1981) vertreten, auf dem Müntzer die Freiheitsfahne sinken lässt. Es diente der Vorbereitung seines riesigen Rundgemäldes „Frühbürgerlich Revolution in Deutschland“, das im auf dem Berg der Schlacht bei Frankenhausen errichteten Panoramamuseum zu sehen ist.
Die mit den Aufständischen verbündeten Einwohner Frankenhausens zerstörten in ihrer Stadt die Burg ihres Landesherrn. Auf und aus ihren Trümmern ist Schloss Frankenhausen erbaut. In ihm residiert das Regionalmuseum. Es zeigt die Sonderschau „500 Jahre Bauernschlacht 15. Mai 1525 – Ein Ereignis prägt Stadt und Region“. Das wird mit alten und neuen Schriften, Bildern und Objekten veranschaulicht. Aber genau genommen gab es keine Schlacht, da die Aufständischen unmittelbar nach dem Angriff der Fürstenheere die Flucht ergriffen. Auf der wurden etwa 6000 Bauern und Frankenhäuser abgeschlachtet, während die Gegenseite nur sechs Mann verlor. Müntzer war nicht etwa Hauptmann der Aufständischen, sondern lediglich ihr Prediger, der behauptete, Gott sei auf ihrer Seite.
Den jahrhundertelangen Buhmann Müntzer erklärte die Führung der DDR zum Nationalhelden und Vorkämpfer des Sozialismus. Bereits lange vorher hatten die Bad Frankenhäuser ihn als einen der ihren wiederentdeckt, den sie seit Anfang des letzten Jahrhunderts mit Jahrestagen, Festspielen und Souvenirs ehren.
Die Landesausstellung in Mühlhausen läuft bis 19. Oktober, die im Regionalmuseum Bad Frankenhausen bis 14. September. www.bauernkrieg2025.de, www.regionalmuseum-bfh.de