12.10.2025

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Idylle am fünf Kilometer langen Strand: Kiefern säumen die Lubminer Küste. Die Düne wurde mit Strandhafer bepflanzt
Bild: RosenthalIdylle am fünf Kilometer langen Strand: Kiefern säumen die Lubminer Küste. Die Düne wurde mit Strandhafer bepflanzt

Vorpommern

Naturparadies als Geheimtipp

Lubmin – ein traditionelles Seebad zwischen Tourismus und Industrie am Greifswalder Bodden

Erwin Rosenthal
12.10.2025

Das Seebad Lubmin, zwischen den beliebten pommerschen Urlaubsinseln Rügen und Usedom, nahe der Universitäts- und Hansestadt Greifswald gelegen, ist ein Geheimtipp für Urlauber. Der Ort, seit 1886 Seebad, hat zweifellos nicht den gleichen Bekanntheitsgrad wie die nahen pommerschen Ostseebäder Binz oder Heringsdorf. Das Baden im Greifswalder Bodden, einem Nebengewässer der Ostsee, ist aber keineswegs weniger vergnüglich als das Baden in der Ostsee.

Mit seinem fünf Kilometer langen, kinderfreundlichem, feinem Sandstrand und den nach Harz duftenden Kiefernwäldern lockt Lubmin vorrangig Familien mit Kindern und Senioren an. Zahlreiche Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen jeder Kategorie erwarten ihre Gäste. Zudem hält das Seebad Wohnmobilstellplätze unmittelbar am Strand bereit. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 50.000 Übernachtungen gezählt.

Das Seebadzentrum nutzt das frühere Bahnhofsgebäude des Ortes als Domizil. Das Gebäude und zwei historische Waggons erinnern daran, dass das Seebad zwischen 1903 und dem Ende des Zweiten Weltkrieges von Greifswald und Wolgast aus mit einer Kleinbahn erreicht werden konnte. Greifswalder Studenten hatten der Bahn den Namen „Feuriger Elias“ gegeben. Im Jahre 1945 wurde die Kleinspurbahn demontiert und als Reparationsleistung an die Sowjetunion abgegeben. Die beiden am ehemaligen Bahnhof ausgestellten restaurierten Waggons, ein Personenwagen aus dem Jahr 1898 und ein gedeckter Güterwagen von 1914, wurden vor 20 Jahren in der Nähe von Moskau aufgestöbert und zurück nach Deutschland gebracht.

Ebenfalls an der Freester Straße befindet sich das Heimatmuseum des Ortes. Schon das historische Gebäude ist eine Sehenswürdigkeit. In acht Ausstellungsräumen können hier Exponate und Fotos zur Geschichte Lubmins besichtigt werden. Eine umfangreiche Bernstein- und Fossiliensammlung rundet das Bild ab.

Die recht lange, gepflegte Promenade des Seebades lädt zum Bummeln und zum Flanieren ein. In Richtung Süden führt sie zur „Alten Wetterstation“ und zum „Teufelsstein“, einem im Wasser liegenden Findling mit einem Umfang von 16,8 Metern. Der Sage nach hatte Lucifer von der gegenüberliegenden Insel Rügen aus mit seinem Ziegenfuß einen Felsbrocken gegen den Turm der Kirche in Wusterhusen, ein Nachbarort Lubmins, geschleudert. Der Stein zerbarst jedoch während des Fluges. Die eine Hälfte, auf der noch heute der Ziegenfußabdruck zu sehen sein soll, fiel vor Lubmin in die See, während die andere Hälfte den Kirchturm streifte. Noch heute soll ein Knick im Turmhelm des Gotteshauses von der Untat des Teufels zeugen.

Nördlich der Seebrücke führt die Promenade – vorbei an zahlreichen hübschen Villen – schließlich zum Ferienobjekt „Knirk“ (für Wacholder). Von dort gelangt man über einen Waldweg zur Lubminer Marina. Deren Lage ist einzigartig, denn der Greifswalder Bodden gilt wohl zu Recht als das schönste Segelrevier Deutschlands. Die Seglerhäfen in Kröslin, Peenemünde und Wolgast sind nur wenige Seemeilen entfernt, Rügen, Usedom und Hiddensee schnell erreichbar. Wer ein paar Seemeilen mehr loggen möchte, schippert nach Swinemünde oder zur dänischen Insel Bornholm.

In den Fokus ist Lubmin mehrfach wegen seiner Industrieanlagen geraten. In der Lubminer Heide, östlich des Seebades gelegen, steht das sich im Rückbau befindliche Kernkraftwerk „Bruno Leuschner“. Baubeginn war 1967, täglich kamen hier 15.000 Menschen zur Arbeit. Man war hier stolz auf eines der größten Kernkraftwerke in Europa. Bereits die ersten vier Blöcke hatten zirka zehn Prozent des Strombedarfs der DDR erzeugt. Im Zuge der deutsche Einheit wurden alle Reaktoren heruntergefahren. Der Rückbau wird voraussichtlich erst in den 2040er Jahren beendet sein. Interessant für Technikbegeisterte: Das Kernkraftwerk Lubmin kann besichtigt werden.

Industriestandort
Unmittelbar nach der Abschaltung der fünf Reaktoren begannen die Planungen für ein atomares Zwischenlager zur Aufbewahrung von schwach-, mittel- und hoch radioaktivem Abfall. Das heutige Zwischenlager Nord liegt in der Gemeinde Rubenow und grenzt an das Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks. Es ist das einzige staatliche Zwischenlager Deutschlands. Östlich von Lubmin befindet sich auch der Anlandepunkt der stillgelegten Nord-Stream-Gas-Pipelines, die aufgrund der Sabotageakte der beiden Röhren auf dem Grund der Ostsee zerstört wurden.

Verlockend erscheinen zwei weitere, schier revolutionäre Formen der Energiegewinnung. In ihren Sondierungsgesprächen hatten die deutschen Koalitionäre das Ziel vereinbart, das erste kommerzielle Kernfusionskraftwerk der Welt in Deutschland zu bauen. Als einer der möglichen Standorte wird Lubmin genannt. Die vielversprechenden Forschungsergebnisse der Experimentieranlage Wendelstein 7-X (W7-X) in Greifswald haben die Politiker offensichtlich optimistisch gestimmt. „Überholen ohne einzuholen“, dieser Satz fällt dem politisch Gebildeten bei einem solchen Vorhaben ein.

Auch bei einem anderen, ebenfalls zukunftsweisenden Projekt, wird Lubmin genannt: Eine Investorengruppe will den Standort Lubmin zum Dreh- und Angelpunkt für den Aufbau der deutschen Wasserstoffwirtschaft machen. Auf dem früheren KKW-Gelände könnte – so der Plan – eine 1000-Megawatt-Anlage für die Produktion von „grünem“ Wasserstoff entstehen. Niemand vermag mit Sicherheit zu sagen, wann sich diese Träume verwirklichen lassen. Als sicher gilt jedoch: Die unverzichtbare KI ist ein wahrer „Stromfresser“.


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