16.10.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Mit Kippa oder Davidstern können sich Juden in Berlin nicht mehr zeigen. Zu groß ist die Gefahr, von arabischstämmigen Migranten, islamischen Asylsuchern oder links Verblendeten brutal attackiert zu werden
Bild: IMAGO/snapshotMit Kippa oder Davidstern können sich Juden in Berlin nicht mehr zeigen. Zu groß ist die Gefahr, von arabischstämmigen Migranten, islamischen Asylsuchern oder links Verblendeten brutal attackiert zu werden

Antisemitismus

„Nie wieder“ – die große Lüge

Jüdisches Leben in der Öffentlichkeit existiert nicht mehr“ – Richter und Politiker sehen teilnahmslos zu

Hermann Müller
16.10.2025

Es klingt geradezu grotesk, aber die Frage muss gestellt werden: Ist mittlerweile nicht nur Deutschlands Stromproduktion von den Launen des Wetters abhängig, sondern auch, ob sich die Polizei mit mutmaßlichen Rechtsbrechern befasst? Denn unter anderem mit einem Hinweis auf das schlechte Wetter hat Berlins Polizei unlängst einen Einsatz bei einer israelfeindlichen Demonstration abgebrochen.

Trotz behördlichen Verbots hatten sich am Jahrestag des von Hamas-Terroristen in Israel verübten Massakers am
7. Oktober rund 300 Personen am Neptunbrunnen nahe dem Alexanderplatz versammelt. In Sichtweite des Dienstsitzes des Regierenden Bürgermeisters feierte die Menschenmenge das Hamas-Massaker lautstark mit üblen Parolen wie
„7. Oktober, 7. Oktober – ein neuer Sieg!“.

Die Polizei stellte die Personalien von 193 Demo-Teilnehmern fest. Eingeleitet wurden 65 Strafermittlungsverfahren. Nach Angaben der Polizei wurde ein Demo-Teilnehmer einem Bereitschaftsgericht vorgeführt, in vier Fällen wurde ein Unterbindungsgewahrsam angeordnet. Bis dahin wirkte das Vorgehen der Polizei noch relativ konsequent.

„Unverhältnismäßiges Wetter“
Fast hundert Teilnehmer der unangemeldeten Demo ließ die Polizei allerdings am Ende einfach laufen. Um 23.35 Uhr erklärte Polizeisprecherin Anja Dierschke in einer Videobotschaft: „Von einer Vielzahl dieser Personen haben wir die Identitäten festgestellt. Die Dauer der Maßnahme war nicht unerheblich, sodass wir jetzt in diesen Minuten aufgrund der Dauer und auch der schlechten Witterungsbedingungen im Sinne der Verhältnismäßigkeit die Maßnahmen beendet haben.“

Das Vorgehen der Berliner Polizei, gut ein Drittel der Teilnehmer der Hass-Demo einfach laufen zu lassen, stieß auf sehr viel Unverständnis. In den sozialen Medien stellte etwa ein Nutzer die Frage: „Weil es regnet, durften jetzt alle gehen, trotz der antisemitischen Hetze?“

„BILD“ stellte am Folgetag zu Recht fest, dass die Teilnehmer der verbotenen Demo, die lange genug geblieben waren, straffrei nach Hause gehen konnten.

Tatsächlich ist fraglich, ob vom Vorgehen der Berliner Polizei das richtige Signal an die Szene radikaler Antisemiten ausgeht. Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel schätzte Berlins Antisemitismusbeauftragter Samuel Salzborn ein, dass antisemitischer Hass alltäglich geworden sei.

Gegenseitige Vorwürfe
Der SPD-Abgeordnete Alexander Freier-Winterwerb kam im Berliner Abgeordnetenhaus sogar zu der Einschätzung, dass jüdisches Leben in der Öffentlichkeit faktisch nicht mehr existiert: „Die Polizei rät, keine Kippa zu tragen, keine hebräische Schrift zu zeigen, nicht über Israel oder das Jüdischsein zu sprechen.“ Der SPD-Politiker warf im Landesparlament dem Koalitionspartner CDU sogar Wortbruch beim Kampf gegen Judenhass vor. Sein Vorwurf: Seit über einem Jahr liege ein Antrag zur Bekämpfung von Antisemitismus in der Hauptstadt „unbearbeitet auf dem Tisch der CDU-Fraktion“. Für diese konterte der Abgeordnete Timur Husein: „Als CDU haben wir vorgeschlagen, das Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz so zu ändern, dass antisemitische Demonstrationen leichter zu verbieten sind. Keine Antwort der SPD.“

Richter urteilen kontraproduktiv
Dringender Handlungsbedarf besteht nicht nur beim Berliner Versammlungsrecht. Eine Antidiskriminierungsklausel für öffentlich geförderte Kultureinrichtungen hat die Berliner Landesregierung vergangenes Jahr wegen juristischer Bedenken zurückziehen müssen. Ziel war es gewesen, Empfänger von öffentlichen Fördergeldern unter anderem zum Bekenntnis gegen Antisemitismus zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte zudem den Versuch gestoppt, einen pro-palästinensischen Aktivisten wegen Gewaltbereitschaft in sein Heimatland auszuweisen. Insgesamt hatte das Berliner Landeseinwohneramt vier Personen ausweisen wollen, die an einer gewaltsamen Besetzung des Präsidiums der Freien Universität teilgenommen hatten.

Der Extremismusexperte Ahmad Mansour sieht angesichts der Entwicklung in Deutschland insgesamt sogar „eine komplette Bankrotterklärung unserer Demokratie“. Er kommt zu dem Schluss: „Komplette Straßenzüge sind in der Hand von Hamas und ihrer Sympathisanten, und wir reden im Bundestag immer noch von ‚Nie wieder!' und historischer Verantwortung und Staatsräson.“

Schutzversprechen gebrochen
In Hamburg kündigte Anfang Oktober der Antisemitismusbeauftragte der Stadt, Stefan Hensel, an, sich von seinem Amt zurückzuziehen. In einem Interview machte Hensel aus seiner Frustration keinen Hehl mehr und wies darauf hin, dass die jüdische Bevölkerung hierzulande zu über 90 Prozent postsowjetisch sei und auf ein Sicherheitsversprechen vertraut habe, als sie Zuflucht in Deutschland gesucht habe. „Dieses Versprechen ist seit dem 7. Oktober 2023, seit der Eskalation in Nahost, dabei, aufgekündigt zu werden“, sagte Hensel.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS