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Alle nationalen Wendungen der Zeit als eigener Forschungsauftrag
Das Museum zu Gleiwitz [Gliwice] feiert 120. Geburtstag und zeigt bis Ende November eine Jubiläumsausstellung. Diese erzählt von der „Bewahrung der Erinnerung trotz Einschränkungen durch herrschende Systeme sowie der beruflichen Professionalität der Museumsmitarbeiter“, so Kurator Daian Recław.
1903 wurde während einer Tagung des Gleiwitzer Kriegsveteranenvereins zu dessen 30. Jubiläum beschlossen, ein Militärmuseum zu gründen. An der Spitze dieses Vereins stand Artur Schiller (1858–1945), Richter am Bezirksgericht. „Als Richter Schiller dem Gleiwitzer Bürgermeister Hermann Mentzel die Museumsidee der Kriegsveteranen vorstellte, sagte dieser, dass er in Gleiwitz eher ein allgemeines Museum sehen würde“, so Recław. Diese Einrichtung sollte alles Wichtige aus dem oberschlesischen Industriegebiet sammeln. Bürgermeister Mentzel, der von 1899 bis 1912 im Amt war, habe Schiller an den Geistlichen und Historiker Johannes Chrząszcz (1857–1928) aus Peiskretscham (Pyskowice) verwiesen. Er soll ebenfalls die Gründung eines solchen Museums in Gleiwitz angeregt haben.
Der slawische Name Chrząszcz trüge, berichtet Recław, denn „er war ein überzeugter Preuße. Jede Versammlung beendete er mit einem Trinkspruch auf den Kaiser und betrachtete die polnischen Aufständischen in Oberschlesien als Banditen. Chrząszcz war Herausgeber der Zeitschrift ,Oberschlesische Heimat' und Pfarrer in Peiskretscham und hatte keine Zeit, sich um die Gründung eines Oberschlesischen Museums zu kümmern. Deshalb wurde Schiller zum Hauptinitiator dieses Museums.“
Am 22. März 1905 wurde das Hotel „Deutsches Haus“ am Gleiwitzer Ring der Sitz des Oberschlesischen Museums. Im Frühjahr 1934 zog die Sammlung in die Villa Caro in der Niederwallstraße um. 1945 wurde daraus ein polnisches Stadtmuseum. Heute gehören vier Standorte dazu: das Piastenschloss, der Sender Gleiwitz, die Eisengießerei und die Villa Caro als Hauptsitz. Dort wird im Untergeschoss die innovative Jubiläumsausstellung präsentiert.
Ein Museum ohne Konkurrenz
Recław gehört zu den ältesten Museumsmitarbeitern, und weil er Oberschlesier aus der Gegend von Pless [Pszczyna] sei, kenne er die oberschlesische Seele gut – eben auch die deutsche. Er sei froh, dass man heute positiv über das deutsche Erbe Oberschlesiens berichten darf. „Das Hotel Deutsches Haus war ein Wahrzeichen des Deutschtums. Zur Jahrhundertwende als Symbol preußischer Herrschaft erbaut, war es ein Prestigeobjekt, in dem Versammlungen und Bälle stattfanden. 1905 feierten dort hohe Beamte, Bürgermeister anderer Städte, der Vorsitzende des Verbandes der Synagogen Oberschlesiens und Industrielle die Gründung des Oberschlesischen Museums“, berichtet Recław. Die Gleiwitzer waren stolz auf ihre Einrichtung, „da es das erste Museum im gesamten industriellen Oberschlesien war. Es gab kein Museum in Kattowitz [Katowice], keines in Beuthen [Bytom] und lange Zeit gab es auch kein Museum in anderen Städten.“
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde ein neuer Direktor des Museums ernannt, denn „Artur Schiller war aufgrund der politischen Lage in Schlesien und wegen der polnischen Aufstände verzweifelt. Außerdem war sein Sohn an der Ostfront gefallen. Schiller kehrte in seine Heimatstadt Bunzlau [Bolesławiec] zurück, wo er noch ehrenamtlicher Leiter des dortigen Museums war, bis er 1945 starb.“
Ins Oberschlesische Museum wurde der Kunsthistoriker Franz Heinevetter (1885–1949) aus Erfurt geholt. Im Jahr 1933 wurde das Museum dann an einen neuen Standort, nämlich in die einstige Villa von Oscar Caro, verlegt.
Als Recław vor 37 Jahren seine Arbeit im Museum aufnahm, „war die Erzählung noch die, dass die polnische Bevölkerung allein diese Kulturlandschaft erschaffen hätte. Die Volksrepublik Polen hat den Beitrag des preußischen Staates an der Entwicklung Oberschlesiens verleugnet.“ Der Kurator berichtet, dass damals die Legende kursierte, „Heinevetter habe polnische Objekte vernichten wollen. Man fand nämlich im Museumskeller unter der Kohle verschüttete polnisch beschriftete Zunftkisten. Direktor Heinevetter hat die Polen nicht besonders gemocht, denn sie hatten einen Teil Deutschlands gestohlen, nämlich einen Teil Oberschlesiens“, erklärt er. „Es ist schwer, ein Volk zu mögen, das dir ein Stück Land stiehlt, aber er zerstörte keine Museumsstücke. Soweit ich weiß, ließ er diese Kisten in den Keller bringen, um sie vielmehr vor den fanatischen Nazis zu verstecken und vor der Zerstörung zu retten.“
Zerstörungen habe es im Museum erst nach dem Krieg gegeben, bedauert Recław, „zum Beispiel eine schöne Sammlung von Helmen und Fahnen. Auch der einzige deutsche Museumsmitarbeiter, der Archäologe Anton Skalnik, von einer Frau aus dem Museum zu Beuthen denunziert, wurde aus diesem Museum verbannt. Der Grund: Er habe die Urgeschichte aus deutscher Sicht dargestellt.“