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Oberschlesisches Pantheon in den Katakomben der Kattowitzer Christkönigskathedrale zeigt amputierte Geschichte
Bild: WagnerOberschlesisches Pantheon in den Katakomben der Kattowitzer Christkönigskathedrale zeigt amputierte Geschichte

Östlich von Oder und Neiße

Oberschlesisches Pantheon bleibt Deutschen weiter verwehrt

Schlesischer Erzbischof scheint historische Amputation der Region tradieren zu wollen

Chris W. Wagner
20.05.2025

Das „Oberschlesische Pantheon“ in Kattowitz bleibt vorerst ohne Ehrung auch deutscher Persönlichkeiten. Das entschied dieser Tage der Programmrat des Pantheons. Der Dachverband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) und die Bewegung für die Autonomie (Ober-)Schlesiens (RAŚ) legten separat Widerspruch ein.

Seit 2013 forcierte der Kattowitzer Erzbischof Wiktor Skworc seine Idee, ein Gedenkort für bedeutende Oberschlesier zu schaffen. Allerdings ging es dem im oberschlesischen Bielschowitz [Bielszowice], einem Stadtteil Ruda [Ruda Śląska], geborenen Geistlichen von Anfang an nur um seine polnisch optierenden Landsleute. 2020 wurde sein Plan mit Geldern der Woiwodschaft Schlesien, des Warschauer Kultusministeriums sowie der Erzdiözese Kattowitz und Stadt Kattowitz umgesetzt.

Auf einer Fläche von mehr als 2000 Quadratmetern entstand eine Ausstellung, die oberschlesischen Geistlichen, Gelehrten, Künstlern und Philanthropen sowie polnischen Aufständischen gewidmet ist. „Menschen, dank denen Oberschlesien immer moderner wurde“, heißt es auf der Internetseite des Pantheons. Als Sitz wurden die Katakomben der Kattowitzer Christkönigskathedrale gewählt. „Das Oberschlesische Pantheon ist eine Institution, die zugleich ein Denkmal der Rückkehr Oberschlesiens in den polnischen Staat ist, der nach 600 Jahren tschechischer, österreichischer und deutscher Herrschaft aus der Taufe gehoben wurde. Das Oberschlesische Pantheon wird die Geschichte Oberschlesiens anhand von Biographien von außergewöhnlichen Menschen darstellen. Denn eben sie – und nicht Kohle oder Stahl – sind der größte Schatz dieses Land“, heißt es.

Der VdG wandte sich bereits 2020 in einem Brief an den Kattowitzer Erzbischof und spricht von einer „Verzerrung der multikulturellen Geschichte der Region“. Zugleich schlug der VdG deutsche Oberschlesier vor, die einer Ehrung würdig wären. Ende April folgte nun seitens des Programmrates des Pantheons eine Ablehnung dieser Eingabe zu Persönlichkeiten, die laut VdG „dringend aufnehmen wären“. Darunter unter anderem der katholische Pfarrer und Reichstagsabgeordnete sowie Gegenspieler Adalbert (Wojciech) Korfantys, Karl Ulitzka, der Dichter Joseph von Eichendorff oder der Neurologe Ludwig Guttmann. Auch der Politiker Michael Graf von Matuschka, der wegen seiner Beteiligung am Widerstand gegen Hitler hingerichtet wurde, oder Senator Eduard Pant, der sich gegen die Vereinnahmung der deutschen Minderheit durch den Nationalsozialismus einsetzte, der Nobelpreisträger Konrad Bloch aus Neisse [Nysa] geschweige denn Johann Kroll, Gründer der deutschen Minderheit in Gogolin [Gogolin], wurden ausgeschlossen. Die Begründung der Institution für die Ablehnung der deutschen Oberschlesier lautet, dass die genannten Persönlichkeiten nicht im relevanten Zeitraum (1918–2022) gewirkt und sich nicht explizit für das „Polentum Oberschlesiens“ eingesetzt hätten. Besonders letzteres kritisiert der VdG und fordert eine Änderung des Statuts oder eine Umbenennung des Oberschlesischen Pantheons. So, wie seine Ausstellung jetzt konzipiert sei, entspräche sie nicht den modernen Konzepten der Erinnerungskultur.

Die RAŚ protestiert ebenfalls gegen das Pantheon in seiner jetzigen Form. RAŚ-Chef Henryk Myrcik sieht die Begründung des Programmrates als absurd an: „Es ist so, als würde man jemandem ein Bein amputieren und behaupten, dass er so besser laufen wird.“ Die Autonomisten fordern eine Programmmodifizierung. Sie weisen darauf hin, dass die Anwendung eines nationalen Auswahlkriteriums Persönlichkeiten mit unbestrittenen und universellen Verdiensten ausschließe und damit „in eklatantem Widerspruch zum Anspruch steht, die Region in ihrer ganzen kulturell-sozialen Vielfalt darzustellen“. In seiner derzeitigen Form sei das Oberschlesische Pantheon ein „Instrument einer anachronistischen und repressiven Geschichtspolitik, die die Vielfalt der Region nicht anerkennt und das Bild ihrer komplexen Vergangenheit verzerrt.“

Auffällig bleibt indes, dass deutsche Minderheit und RAŚ ihre Konkurrenz scheinbar nicht überwinden können und nicht mit einer gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit treten.


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