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Schlechte Rahmenbedingungen nehmen der einst erfolgreichsten Industrie Deutschlands jegliche wirtschaftlich positive Perspektive auf dem Weltmarkt
Sie war über Jahre das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – die Automobilindustrie. Doch nun steckt sie in der schwersten Krise seit 30 Jahren. Rund 770.000 Menschen sind in der Branche beschäftigt. Gemessen am Umsatz ist sie die mit Abstand größte Industriebranche im Land.
Am deutlichsten werden die Probleme derzeit bei Volkswagen. Erstmals seit Jahrzehnten könnte es zu betriebsbedingten Kündigungen und Werksschließungen kommen. Der Vorstandsvorsitzende Oliver Blume gab in den vergangenen Wochen gegenüber dem Nachrichtensender NTV zu: „Wir können Kapazitätsreduzierungen nicht ausschließen.“ Blume führte die Probleme auf ein verändertes Marktumfeld zurück: „Wir können aktuell nicht mehr auf die hohen Erträge aus China setzen. Der EU-Markt ist um zwei Millionen Fahrzeuge zurückgegangen. Außerdem gibt es mehr Wettbewerber, was zu einem erheblichen Preisdruck führt.“
VW schreibt schwache Verkaufszahlen, vor allem bei Elektroautos. Der Umstieg auf den E-Antrieb ist zudem kostspieliger als gedacht. Das lässt die Gewinne schrumpfen. Volkswagen meldete im ersten Halbjahr 14 Prozent weniger Überschuss, bei BMW ging es um fast 15 Prozent runter, bei Mercedes-Benz waren es sogar 16 Prozent. Das Ausmaß der Krise lässt sich mit Zahlen des Konjunktur-Indexes des Ifo-Instituts gut belegen. Das Geschäftsklima der deutschen Automobilindustrie hat sich in den vergangenen Wochen extrem verschlechtert. Der Indikator ging zurück auf -24,7 Punkte, nach -18,5 Punkten im Juli. „Die Stimmung in der Autoindustrie ist im Sturzflug“, sagt ifo-Branchenexpertin Anita Wölfl. Grund dafür sind die pessimistischen Erwartungen für die kommenden sechs Monate.
Die Hoffnungen, der Umstieg auf die E-Mobilität werde der Branche einen neuen Schub geben, haben sich bisher nicht erfüllt. Im Gegenteil. Der Absatz von Elektroautos ist in den vergangenen Monaten deutlich eingebrochen. Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden bis August dieses Jahres rund 22,4 Prozent weniger Neuwagen mit Elektroantrieb zugelassen als in den acht Monaten des Vorjahres.
Ein Grund für den Rückgang ist das abrupte Ende der staatlichen Kaufprämie für Elektroautos im Dezember 2023. Nun wird abermals über staatliche Anreize diskutiert. Die ifo-Wirtschaftsforscherin Wölfl erklärt, die deutsche Autoindustrie habe bei der Elektromobilität sehr spät reagiert. Das sehen nicht alle Wirtschafts-Experten so. „Die Elektromobilität, die ursprünglich als Wachstumschance gesehen wurde, entpuppt sich für einige Unternehmen als Investitionsgrab“, sagte beispielsweise Jonas Eckhardt vom Unternehmensberater Falkensteg der „Wirtschaftswoche“. Bei den Automobil-Zulieferern hängt ein großer Teil des Umsatzes immer noch von den Verbrenner-Motoren ab. Das werde sich auch in den kommenden fünf Jahren nicht verändern, sagen Branchenkenner.
Keine Wettbewerbsfähigkeit
Über Jahre waren Autos „made in Germany“ ein Exportschlager. Ein wichtiger Markt für VW, BMW und Mercedes war China. Doch dort gehen die Verkaufszahlen der deutschen Hersteller seit Jahren zurück. Und so sucht man munter den schwarzen Peter. Die einen sagen, die Manager haben den Umstieg auf Elektroautos verschlafen. Anderen halten dagegen und machen das geplante Verbrenner-Aus für die Probleme verantwortlich. Fest steht, dass der Standort Deutschland unattraktiv ist.
VW-Chef Blume sieht vor allem bei den Rahmenbedingungen Handlungsbedarf: „Bei Volkswagen sind die Kosten im internationalen Wettbewerb viel zu hoch.“ Der Verband der Automobilindustrie (VDA) fordert daher „international wettbewerbsfähige Standortbedingungen“. VDA-Präsidentin Hildegard Müller kritisierte zu viel Bürokratie sowie zu hohe Energie- und Arbeitskosten. „Wenn immer gefragt wird, warum bauen andere Länder günstigere Autos, dann hat das genau mit diesen Themen zu tun“.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck versammelte die Branchen-Granden in der vergangenen Woche zu einem Autogipfel. Konkrete Beschlüsse blieben erwartungsgemäß aus. Es habe die Übereinstimmung gegeben, keine Schnellschüsse und „Strohfeuermaßnahmen“ umzusetzen, sagte Habeck. Stattdessen solle es um langfristige Planbarkeit gehen. Habeck möchte sich unter anderem dafür einsetzen, dass die von der EU vorgegebenen CO₂-Grenzwerte für die Autoindus-trie früher als geplant überprüft werden.
Die Frage, ob es staatliche Subventionen beim Kauf von E-Autos geben solle, wurde kontrovers diskutiert. Langfristig müsse sich die Branche selbst helfen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sagt, die deutschen Autobauer hätten weiterhin „alle Möglichkeiten und Fähigkeiten, sich im globalen Wettbewerb zu behaupten“. Man müsse sich aber ein Stück weit neu erfinden.