12.08.2025

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Teure Folgen eines „Deals“ mit Donald Trump: Überteuertes amerikanisches Flüssigerdgas soll zukünftig in die EU verschifft werden
Bild: imago/WirestockTeure Folgen eines „Deals“ mit Donald Trump: Überteuertes amerikanisches Flüssigerdgas soll zukünftig in die EU verschifft werden

Zollstreit

Offenbarungseid für die EU oder cleverer Schachzug?

Ursula von der Leyens Übereinkunft mit Donald Trump könnte Europa teuer zu stehen kommen – sofern der Zoll-Abschluss rechtlich bindend ist

Hagen Ritter
12.08.2025

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) muss nach ihren Zollverhandlungen mit Donald Trump massive Kritik aus fast allen politischen Lagern einstecken. Bei der Linkspartei spricht deren industriepolitischer Sprecher davon, dass die Einigung mit Trump „schlicht eine Unterwerfung der EU“ sei. Die AfD-Bundestagsfraktion bezeichnete den Zoll-Deal der Kommissionspräsidentin als „Offenbarungseid für die EU“.

Selbst dem eigenen politischen Lager der Kommissionspräsidentin, der Europäischen Volkspartei (EVP), fällt es schwer, das Verhandlungsergebnis als großen Erfolg zu präsentieren. Manfred Weber, Fraktionschef der Christdemokraten im Europaparlament, sagte im ZDF: „Auch ich bin nicht begeistert.“

Christoph Ahlhaus, Bundesgeschäftsführer des Mittelstandsverbandes BVMW und seit 1985 CDU-Mitglied, forderte Bundeskanzler Friedrich Merz via „Bild“-Zeitung sogar auf, von der Leyen als Kommissionspräsidentin fallen zu lassen. Er erklärte: „Die Rücksichtnahme gegenüber von der Leyen auf Kosten der deutschen Wirtschaft dauert schon zu lange. Damit muss jetzt Schluss sein.“

Positiv aufgenommen wurde in der deutschen Wirtschaft, dass ein Handelskrieg mit den USA vorerst abgewendet wurde und nun für Exporteure zumindest Planungssicherheit im Handel mit den Vereinigten Staaten herrscht. Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Reint Gropp, verwies auch darauf, dass Deutschland bei Verkäufen in die USA mit dem vereinbarten Zoll von 15 Prozent wenigstens keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber Großbritannien oder Japan habe.

Dessen ungeachtet rechnen viele exportorientierte Unternehmen mit erheblichen Einbußen. Olivier Kölsch, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie, warnte sogar, dass die kleine und mittelständisch aufgestellte deutsche Ernährungsindustrie die Zusatzkosten durch die Zölle in Höhe von 15 Prozent „eigentlich gar nicht stemmen“ könne.

Betroffen vom Zoll-Deal ist obendrein ein Markt, auf den die deutsche Wirtschaft kaum verzichten kann: Vergangenes Jahr wurden Waren im Wert von mehr als 161 Milliarden Euro von Deutschland in die USA exportiert.

Allerdings gibt es auch Kommentatoren, welche die Zusagen der Kommissionspräsidentin an Trump als eine besonders clevere Verhandlungsführung deuten. Aus dieser Sichtweise von der Leyen Trump Dinge versprochen, die der US-Präsident seinen Wählern als den „größten Deal, der jemals gemacht wurde“ präsentieren kann, die aber letztendlich gar nicht umgesetzt werden. Die EU-Kommission hat tatsächlich bereits ein Papier veröffentlicht, in dem das Gespräch zwischen der EU-Kommissionschefin und Trump als „rechtlich nicht bindend“ bezeichnet wird. Sollte dies tatsächlich zutreffen, dann ist die Gefahr eines Handelskriegs zwischen der EU und den USA längst noch nicht gebannt.

Tatsächlich fällt vielen Beobachtern nach Bekanntwerden der Verhandlungsergebnisse auf, dass die EU-Kommission Trump zum Teil Dinge zugesagt hat, auf die sie zumindest derzeit gar keinen Einfluss hat. Die Kommission hat es nicht in der Hand, private europäische Unternehmen zu zwingen, bis zum Ende von Trumps Amtszeit 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren oder dort in den nächsten drei Jahren für 750 Milliarden US-Dollar Flüssigerdgas, Öl und Kernbrennstoffe zu kaufen.

Einigung widerspricht „Klimazielen“
Um die Zusage an Trump zu erfüllen, müsste die EU nach Angaben der Denkfabrik Strategic Perspectives ihre Ölimporte aus den USA verdreifachen und sich vollständig auf die USA als Gaslieferanten verlassen. Energielieferanten wie Norwegen, Katar und Algerien müssten dafür vom europäischen Markt verschwinden.

Obendrein bedeutet die Abnahmezusage für Flüssiggas und Öl aus den USA, dass sich die EU an einen besonders teuren Lieferanten binden würde. Im ersten Quartal 2025 lag der durchschnittliche Preis für Flüssiggas aus den USA bei
1,08 Euro pro Kubikmeter, während russisches Pipelinegas nur etwa 32 Cent pro Kubikmeter kostete. Selbst russisches Flüssiggas, das per Schiff geliefert wird, lag mit einem Durchschnitt von 51 Cent pro Kubikmeter unter der Hälfte des Preises für Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten. Für Verbraucher und Unternehmen in Europa würde dies massive Mehrkosten statt einer Entlastung bedeuten.

Lobbyisten wie die Deutsche Umwelthilfe weisen inzwischen auch darauf hin, dass die Zusagen von der Leyens zum Import von Öl und Flüssiggas eigentlich die „Klimaziele“ der EU infrage stellten.


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