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Breslaus Zwerge haben andere Städte zum Abkupfern ihrer Tourismusidee veranlasst
Seit 2005 tauchen in Breslau nach und nach Bronzezwerge im Stadtbild auf. Die ersten fünf stammen aus der Bildhauerwerkstatt des aus Kleinpolen stammenden Tomasz Moczek. Weil sie so beliebt sind, bestellen auch öffentliche Einrichtungen, Unternehmen und Privatmenschen bei Künstlern polenweit ihre eigenen Zwerge. Für Breslaubesucher werden Stadtführungen auf den Spuren der Zwerge, Stadtspiele oder Theateraufführungen organisiert. Einige Breslauer Zwerge, wie der „Gutherzige“ [Życzliwek], gingen in die Welt hinaus und zieren beispielsweise Dresden, Berlin, Reykjavik, Wilna, Guadalajara, Königgrätz [Hradec Králové] oder Lemberg [L'viv]. Ein Kościuszko-Zwerg steht sogar in Washington DC.
Nachahmer fanden die Bronzefiguren bereits 2015 in Danzig, allerdings in Form des Löwen Hewelion. Er wurde nach dem Danzinger Astronomen und Begründer der Mondkartografie, Johannes Hevelius (1611-1687), benannt. Und ähnlich wie in Breslau führt eine Hewelion-Löwen-Route zu Danzinger Sehenswürdigkeiten.
Stargard in Pommern [Stargard] platzierte erst vor zwei Jahren sein Wappentier, den Greifen, an historischen Orten der Stadt. Der erste Greif landete an der neogotischen Heilig-Geist-Kirche. Es folgten weitere 15 Bronzefiguren unter anderem am Eingang des Burgparks, am Mühlenkanal, dem Weißkopfturm oder auf dem Gerichtsplatz [Plac Wolności] im Stadtzentrum. Letzterer trägt den Namen Hanza [Hansa] und hält ein Bild mit einer Kogge in den Klauen. Neben den Stargarder Greifen informieren Tafeln mit QR-Codes über die Standorte. Ein Greif mit einem Soldatenhelm aus dem 16. Jahrhunderts steht als Sinnbild des Dreißigjährigen Krieges. In der einstigen Bahnhofstraße [ul. Kardynała Stefana Wyszyńskiego] steht ein weiterer Greif, der den Namen „Das Jahr 1945“ trägt. Dieser hält in einer Klaue einen Koffer, in der anderen, einen Schlüssel. Sein QR-Code informiert über die „Evakuierung“, also faktisch die Vertreibung der Deutschen Anfang Februar 1945, die Konferenz von Jalta und die Grenzänderungen sowie die Übernahme der Stadt durch die polnische Verwaltung. Auch die ersten polnischen Siedler – eine Gruppe von Eisenbahnarbeitern – werden hier erwähnt.
Seit 2022 ist das Hirschberger Wappentier, der Hirsch, im niederschlesischen Hirschberg im Riesengebirge [Jelenia Góra] unterwegs. Durch Breslau inspiriert, hatte dort Bürgermeister Jerzy Łużniak die Hirsch-Route ins Leben gerufen. Die Bronzefiguren sind Arbeiten von Schülern und Lehrern der Schule für Kunst und Handwerk und wurden in Breslau gegossen. Sie erzählen ihre Geschichten nicht über digitale Medien sondern auf Papier. Denn die Stadt ließ ein Büchlein mit Kartenwerk drucken.
Auch im oberschlesischen Kandrzin-Cosel [Kędzierzyn-Koźle] setzt man auf den bereits bewährten Bronze-Gag. Die Coseler Wappentiere sind drei Ziegenböcke, und der Name Cosel kommt vom slawischen Wort für Ziegenbock „kozioł“ und ist laut Legende dem Namen von Brüdern entlehnt, die im 12. Jahrhundert in der befestigten Burg gelebt haben sollen. 1975 wurde aus Kandrzin – ab 1934 Heydebreck – und Cosel sowie Slawentzitz [Sławięcice] und Klodnitz [Kłodnica] eine Stadt, welche die drei Ziegenböcke Cosels im Wappen weiterführt. Seit 2019 kann man sie aus Bronze an verschiedenen Stellen der Doppelstadt finden. Der Autor Michał Misiaszek ließ sie ebenso mit QR-Codes ausstatten, die zum Beispiel erklären, dass durch den Bau des Klodnitzkanals und der ersten Kanalschleuse Klodnitz zum Umschlagplatz der Oderschifffahrt wurde. 1924 war Cosel-Oderhafen nach Klodnitz eingemeindet worden, und so bekam die Gemeinde zwischen den beiden Siedlungsschwerpunkten Cosel und Kandrzin den nach Duisburg zweitgrößten Binnenhafen des Deutschen Reiches. Klodnitz wurde zum Sitz eines Hafenamtes, Reedereien waren hier ansässig. In der erst nach dem Krieg entstandenen Kandrziner Piastensiedlung (Piasty) erinnert das Zicklein Jadzia (deutsch: Hedl) an die Schutzpatronin Schlesiens, die Heilige Hedwig.
Der Trend hält weiter an, und immer wieder überraschen Städte jenseits von Oder und Neiße mit historischen Figuren im Kunstguss, die Touristen leiten.