18.08.2025

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Die drei ostpreußischen Nobelpreisträger auf einen Blick: Otto Wallach aus Königsberg, Wilhelm Wien aus Gaffken und Fritz Albert Lipmann aus Königsberg (v.l.)
Bilder: WikimediaDie drei ostpreußischen Nobelpreisträger auf einen Blick: Otto Wallach aus Königsberg, Wilhelm Wien aus Gaffken und Fritz Albert Lipmann aus Königsberg (v.l.)

Wallach, Wien und Lipmann

Ostpreußen als Wiege der edlen Wissenschaft

Von 106 deutschen Nobelpreisträgern stammten 42 aus dem Königreich Preußen – Drei Ostpreußen waren auch dabei

Wolfgang Kaufmann
18.08.2025

Historisch unbedarfte oder gar einfach nur böswillige Kritiker unterstellen dem bis 1918 existierenden Königreich Preußen gerne eine systematische Schwächung des klassischen Bildungsbürgertums sowie reaktionäre Wissenschafts- und kalte Kunstferne. Dies allein aufgrund der angeblich manischen Konzentration von Staat und Gesellschaft aufs Militärische. Dabei brachten gerade das Schulsystem und die Hochschullandschaft Preußens nicht weniger als 42 Personen hervor, die den Nobelpreis erhielten – beginnend mit dem ersten Physiknobelpreisträger Wilhelm Conrad Röntgen aus Lennep in der Rheinprovinz und dem ersten Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin Emil von Behring aus Hansdorf im westpreußischen Kreis Rosenberg.

42 ist dabei auch deshalb eine beeindruckende Zahl, weil es bis heute insgesamt „nur“ 106 deutsche Nobelpreisträger gibt.

Mit preußischen Tugenden wie Fleiß, Disziplin und Können
Drei der Empfänger der höchsten Auszeichnung für ausgewählte Wissenschaftler, Schriftsteller oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens stammten aus Ostpreußen, wobei ins Auge fällt, dass jeder dieser Laureaten eine ausgeglichene Persönlichkeit besaß und nicht durch Geltungssucht oder Intrigen, sondern ausschließlich durch Fleiß, Disziplin und Können auf sich aufmerksam machte. Insofern verkörperte das hier beschriebene Trio einerseits sowohl die berühmten preußischen Tugenden als auch das typische Naturell der Menschen im östlichsten Teil Preußens beziehungsweise des Deutschen Reiches. Andererseits sorgten die Zeitläufte aber dafür, dass die Lebenswege der drei unterschiedlich verliefen.

Otto Wallach, der 1847 in Königsberg als Sohn eines zum Luthertum konvertierten jüdischen Oberregierungsrates auf die Welt kam und 1931 in Göttingen nach mehreren Schlaganfällen starb, war ein eher unpolitischer Mensch, der für die Wissenschaft lebte und sich zugleich als höchst begnadeter Hochschullehrer erwies. In seiner von 1889 bis 1915 währenden Amtszeit als Direktor des physikalisch-chemischen Institutes der Universität Göttingen wurden 219 Doktoranden promoviert, darunter der britische Chemienobelpreisträger des Jahres 1937 Walter Norman Haworth.

Dass Wallach selbst die Auszeichnung für seine Verdienste „um die Entwicklung der organischen Chemie und der chemischen Industrie“ zuerkannt bekommen hatte, erfuhr er Anfang Oktober 1910 bei der morgendlichen Zeitungslektüre. Zwei Jahre später erhielt der Ostpreuße auch die Davy-Medaille, also die höchste britische Auszeichnung für Wissenschaftler auf dem Gebiet der Chemie, die man ihm aber im Ersten Weltkrieg wieder aberkannte. Wallach sorgte während seiner Zeit in Göttingen dafür, dass die Universitätsstadt an der Leine genau wie Berlin und München zu einem Mekka für akademische Chemiker avancierte.

Ausgezeichnet in der Physik für Gesetze der Wärmestrahlung
Wilhelm Wien war der zweite ostpreußische Nobelpreisträger. Er wurde 1864 in Gaffken bei Fischhausen im Samland geboren und flog als Jugendlicher wegen schlechter schulischer Leistungen vom Gymnasium in Rastenburg. Wien berappelte sich aber wieder und bestand die Abiturprüfung am Altstädtischen Gymnasium von Königsberg. Anschließend studierte Wien Physik, wonach eine immer steiler verlaufende Karriere als Wissenschaftler folgte, die ihn schließlich Anfang 1900 auf den prestigeträchtigen früheren Lehrstuhl von Röntgen an der Universität Würzburg brachte. Elf Jahre später erhielt er den Physiknobelpreis „für seine Entdeckungen betreffend die Gesetze der Wärmestrahlung“. Wien fungierte von 1920 bis 1922 auch als Vorsitzender der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und gehörte zu den Personen, die Albert Einstein für den Nobelpreis vorschlugen. Er erlag 1928 in München den Spätfolgen einer Operation.

Dahingegen starb der dritte Nobelpreisträger mit ostpreußischen Wurzeln Fritz Albert Lipmann nicht in Deutschland, sondern in den Vereinigten Staaten. Der Sohn eines jüdischen Anwaltes erblickte im Sommer 1899 in Königsberg das Licht der Welt und besuchte dort das Collegium Fridericianum. Anschließend studierte er Medizin, Chemie und Pharmakologie an der Albertus-Universität in Königsberg und weiteren preußischen beziehungsweise deutschen Hochschulen.

Nach seiner Promotion arbeitete
Lipmann am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in Berlin, bis ihm 1931 ein Rockefeller-Stipendium für den Aufenthalt in den USA gewährt wurde. Im Jahr darauf wechselte er dann an das Carlsberg-Forschungszentrum in Kopenhagen. Von dort aus kehrte der geborene Ostpreuße nicht mehr nach Deutschland zurück.

Emigriert in die USA und geehrt für medizinische Entdeckungen
Vielmehr emigrierte er im Jahr 1939 in die Vereinigten Staaten von Amerika, die ihn nur fünf Jahre später 1944 einbürgerten. Seine Karrierestationen in den USA waren die Cornell University School of Medicine in New York, das Massachusetts General Hospital in Boston, welches als Lehrkrankenhaus der Medizinischen Fakultät der Harvard University diente, sowie die Rockefeller University in New York City.

1953 bekam Lipmann den Nobelpreis für Medizin „für seine Entdeckung des Coenzyms A und dessen Bedeutung für den Zwischenstoffwechsel“ zuerkannt. Der Lebensweg des letzten Nobelpreisträgers aus Ostpreußen endete am 24. Juli 1986 in der Kleinstadt Poughkeepsie im US-Bundesstaat New York.


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