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Reiseexperte Pawelczyk ist inzwischen besorgt, was jungen Menschen an Wissen fehlt und zunehmend verloren geht
Die schlesische Metropole Breslau ist um eine Attraktion reicher: die Bustour „Hop-on Hop-off“. Damit können die bekanntesten Attraktionen der Stadt auf zwei Buslinien mit insgesamt zwölf Haltestellen erkundet werden. Besucher können aber auch ein- und aussteigen, um die Stadt im eigenen Tempo zu entdecken. „Wir wollten eine Stadtrundfahrt schaffen, die den Blick der Touristen einfängt und Breslau aus einer neuen Perspektive zeigt“, erklären die Betreiber Christian Pawelczyk und Stefan Menzel.
Der Groß Strehlitzer [Strzelce Opolskie] Pawelczyk ist seit 20 Jahren im Reisegeschäft. Er hatte am 1. April 2004 in Görlitz sein Reisebüro mit einem Angebot eröffnet, das sich in erster Linie auf schlesische Heimwehtouristen spezialisierte. Seine Idee war, Menschen neu für Schlesien zu begeistern, und so gingen seine ersten Reisen nach Bad Kudowa [Kudowa Zdrój]. Dort verbrachte Pawelczyk als Kind bei Verwandten fast alle seine Ferien und kannte den Kurort im Glatzer Bergland wie seine Westentasche. Mit der Zeit folgten neue Reiseziele in Tschechien, Deutschland und später Kroatien, Bulgarien, auf den Kanarischen Inseln und sogar auf Kuba, denn „mein Sohn wollte, dass wir auch etwas Verrücktes anbieten. Er leitet ein Reisebüro in Bautzen“, so der Reiseunternehmer, dessen Bruder ebenfalls im Tourismusgeschäft tätig ist und unter anderem ein Hotel im pommerschen Swinemünde betreibt. Damit ist auch die Ostseeküste im Angebot umfassend vertreten.
Kleine Fehler fröhlich wegsingen
Die Kundschaft von vor 20 Jahren war eine andere als heute. „Es reisten Menschen – zum Beispiel in Richtung Riesengebirge – die noch jeden Ort mit dem deutschen Namen benennen konnten und auch die Sagen vom Rübezahl auswendig wussten“, erinnert sich Pawelczyk, der eigentlich Krzysztof heißt, aber von Kind auf nur Christian genannt wurde. Eine Generation weiter ist bei den Kindern derer, die solche Erinnerungen eigentlich noch einbringen sollten, vieles wieder ganz neu. Als seine ersten Reisebusse gen Osten rollten, sorgte er mit seinem Akkordeon für Stimmung. „Wenn ich Glück hatte, war jemanden an Bord, der sich auskannte. Dann musste ich mich besonders anstrengen. Ich hatte im Vorfeld alle Flüsse auswendig gelernt, die wir passieren, aber auch wo die entspringen und münden, damit ich Schlesien aus deutscher Perspektive beschreiben konnte“, sagt er. Aber auch wenn es ab und zu einen Fehler gab, habe er diesen mit Heimatliedern „weggesungen“.
Pawelczyk zitiert Gerhart Hauptmann oder Paul Keller aus dem FF. „Aber die neue Generation weiß das alles nicht mehr“, bedauert er. Er fühle sich jedoch nicht dafür zuständig, das verlorene Wissen retten zu müssen: „Man kann es nicht erzwingen, das Interesse muss von selbst kommen. Ich muss aber leider feststellen, dass das allgemeine Geschichtswissen nicht nur um Schlesien, sondern generell zunehmend verloren geht. Ob es so geplant ist oder nicht, das weiß ich nicht“, sagt er fragend.
Von 2004 bis 2024 habe sein Reiseunternehmen um die 20.000 Kunden betreut, sagt er stolz, und seine Stammgäste durften in diesem Jahr das 20. Jubiläum in Krummhübel [Karpacz] feiern. Mit dem Bustouren-Projekt (tourdewroclaw.pl) durch Breslau möchten Pawelczyk und sein guter Unternehmerfreund, der aus Rothenburg/O.L. stammende Menzel, erreichen, dass ihr Bus auch als Verkehrsmittel genutzt werden kann. Dafür bieten sie Tickets mit einer Gültigkeit von 24 bis 72 Stunden an. Die Busse fahren vor der Oper, in der ul. Modrzejewska, ab.
Deutsch-polnische Badewanne
Stefan Menzel bietet in Görlitz zudem Fahrten auf den Hausberg, die Landeskrone, an, legt vom polnischen Neißeufer zu Bootsfahrten auf dem Grenzfluss Lausitzer Neiße ab und ist vor allem erfolgreich mit den Ausflugsschiffen auf dem Berzdorfer See. 200 Meter von der Grenze zu Polen entfernt, hat sich dieser längst zur gemeinsamen Badewanne von Deutschen, Polen und Tschechen im Dreiländereck der einstigen Lande der Böhmischen Krone – Böhmen mit Mähren, Schlesien und den beiden Lausitzen, Nieder- und Oberlausitz – entwickelt. Chris W. Wagner