11.12.2024

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Östlich von Oder und Neiße

Per Zug von Görlitz nach Bad Flinsberg

Die Niederschlesische Bahngesellschaft hat stillgelegte Bahnstrecken wiederbelebt, darunter auch grenzüberschreitende

Till Scholtz-Knobloch
30.01.2024

Es wächst zusammen, was zusammengehört – zumindest, wenn es um Bahnverbindungen über die Oder und Neiße geht. Das Thema bleibt grundsätzlich schwierig, wenn man an den einstigen Stand der Dinge denkt. So fuhren die Berliner ja vor dem Krieg ganz ohne Umstieg in Touristenorte des Riesen- und Isergebirges.

Davon sind wir weit entfernt, aber immerhin kann man seit dem 10. Dezember von der Bundesrepublik aus neue
(alte) Ausflugsziele erreichen. Der Impuls liegt dafür aber bei den polnischen Nachbarn, welche die eine längst abgerissene Strecke wiedererweckt haben. Neuer Schotter und neue Gleise führen nun wieder nach Einstellung des Passagierbetriebes 1996 von Greiffenberg [Gryfów Śląski] über Friedeberg [Mirsk] nach Bad Flinsberg [Świeradów-Zdrój] im Isergebirge. Für Fahrgäste aus der Bundesrepublik ist das Gute dabei, dass der Zug nach Bad Flinsberg bereits auf bundesdeutscher Seite in Görlitz die Fahrt aufnimmt.

Die 1909 gebaute Bahnstrecke zwischen Greiffenberg und Bad Flinsberg wird auch als „Isergebirgsbahn“ bezeichnet und war lange wirtschaftlicher Motor der Region. Doch in Polens Wirtschaftskrise der 80er Jahre verlor die Strecke, wie viele andere auch, ihre Bedeutung, ehe die Reisenden ab 1996 dann den Bus nehmen mussten. In Bad Flinsberg regiert seit 2006 ein Bürgermeister, der seine Stadt für Touristen attraktiver machen will. So hat der 1974 in Löwenberg [Lwówek Śląski] geborene Roland Marciniak den Bad Flinsberger Bahnhof für umgerechnet rund 1,5 Millionen Euro sanieren lassen und darin ein Kultur- und Veranstaltungszen-trum angesiedelt, in dem eine originalgetreue Modelleisenbahn die Bahnhöfe unterwegs sowie markante Streckenabschnitte nachbildet.

Ausflüge ins Isergebirge
Außerdem lockt er Touristen mit dem Projekt „Isergebirge der drei Naturgewalten“ (Izery Trzech Żywiołów), „indem wir eine der größten Hochmoorlandschaften in diesem Teil Europas zugänglich machen. In unserer Schafstation ‚Bacówka' mit 200 Schafen produzieren wir exzellenten Käse und in der Teufelsmühle (Czarci Młyn) wird Getreide zu Mehl gemahlen, Brot gebacken und Workshops durchgeführt“, zählt er auf.

Besonders stolz ist er auf das polnisch-tschechische Projekt „Iser-Park des dunklen Himmels“. Damit möchte man den nächtlichen Himmel vor künstlichem Licht schützen, „denn nur so ist die Sternenbeobachtung überhaupt möglich. Wir zeigen, wie man die Außenbeleuchtung so einrichtet, um nicht unnötig Licht in die Ferne abzugeben, also wie man mit Licht gut wirtschaftet“, sagt er. Auch die 80 Meter lange und damit längste Wandelhalle Schlesiens im Kurhaus Bad Flinsberg sowie das neuste Wahrzeichen – der 62 Meter hohe Aussichtsturm „Skywalk“ sind echte Attraktionen.

Träger der Bahnstrecke ist nicht die Staatsbahn PKP, sondern die vom „Land“ – wie man in der Bundesrepublik sagen würde – federführend getragene Niederschlesische Bahngesellschaft (KD). Diese hat zum Beispiel auch mit einer nun dichteren Taktung den Betrieb auf der Verbindung von Breslau nach Grünberg/Schl. [Zielona Góra] aufgenommen. Das ist quasi „grenzüberschreitend“, denn in der polnischen Verwaltungsstruktur gehört dies zur Woiwodschaft Lebus und nicht zu Niederschlesien. Auf der einst auch eingestellten Strecke Breslau – Koberwitz [Kobierzyce] – Zobten am Berge – Schweidnitz [Świdnica], die schon vor der Strecke nach Bad Flinsberg wiedereröffnet worden war, fahren nun sogar mehr Züge als im Vorjahr. Auch diese Nebenstrecke ist für Touristen durch den heiligen Berg Schlesiens, den Zobten [Ślęża], interessant.

Zu den mittlerweile wiedereröffneten Strecken gehört auch die von der Hauptstrecke Waldenburg [Wałbrzch] – Glatz [Kłodzko] abzweigende Verbindung von Wüstegiersdorf [Głuszyca] über Hugodsdorf [Jugowice] nach Schweidnitz, die ihrerseits damit wieder über Zobten gen Breslau anschließt und die jetzt ebenfalls über mehr Fahrbetrieb verfügt. Von Breslau kommt ein Zugpaar über Liegnitz [Legnica] nach Lüben [Lubin] hinzu. Die Bergarbeiterstadt liegt an einer Nebenstrecke, spielt aber in der ersten polnischen Fußballliga.

Viele weitere Zugpaare in ganz Niederschlesien reaktivieren den Bahnbetrieb insgesamt.


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