12.08.2025

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Steinerne Zahnreihe mitten in der Landschaft: Megalithen in der Bretagne
Bild: IMAGO/YAY ImagesSteinerne Zahnreihe mitten in der Landschaft: Megalithen in der Bretagne

Megalithkultur

Prähistorisches Stein-Rätsel

Die Menhire von Carnac sind neues UNESCO-Welterbe – Forscher grübeln bis heute über die Bedeutung der tonnenschweren Blöcke

Stephanie Sieckmann
12.08.2025

Es ist beeindruckend, neben einem rund sieben Meter hohen, aufgerichteten Stein zu stehen. Und dabei zu wissen, dass dieser Stein bereits seit etwa 7000 Jahren genau so, unverändert, an dieser Stelle aufrecht steht. In Reih und Glied mit vielen anderen Steinen. Rund 3000 Steine stehen in Carnac und der Umgebung in einer sehr markanten Anordnung. Carnac ist ein kleiner Ort im Westen von Frankreich, genauer gesagt im Süden der Bretagne, direkt an der Atlantikküste.

Steine als Weltkulturerbe? Das ist schon vorgekommen. Das englische Stonehenge gehört seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Nun also auch die Menhire von Carnac. Diese Entscheidung hat das Welterbekomitee der UN-Kulturorganisation kürzlich in Paris getroffen, von der zeitgleich auch die Schlösser König Ludwigs II. von Bayern mit Neuschwanstein zum Welterbe erhoben wurden.

Was die Menschen aus dem Neolithikum, also der Phase rund 5000 bis 3000 vor Christus, in der Bretagne geschaffen haben, ist beeindruckend. Ohne moderne Technik, ohne Baufahrzeuge, Kräne, Bohrer, Schwerlast-Transportgeräte und Ähnliches haben die Menschen es damals geschafft, Granitblöcke zu behauen, sie zu transportieren und in exakter Ausrichtung aufzurichten. Es ist eine Meisterleistung, denn der Granitstein, aus dem die Megalithen erschaffen wurden, ist sehr hart, schwer zu formen und schwer zu bearbeiten. Viele Steine in Carnac weisen jedoch Muster und Symbole auf, die in den Stein gearbeitet wurden.

Die Anlage der Menhire von Carnac ist dabei älter als die berühmte Kultstätte von Stonehenge, die Jahr für Jahr Millionen Besucher anzieht. Vor allem zwischen dem 20. und 22. Juni, wenn im Mittsommer die Sonnenstrahlen der aufgehenden Sonne exakt durch die Steine fallen.

Was hat damals die Menschen dazu getrieben, tausende Tonnen schwere Steine aufzurichten? Und was war der Grund für diesen spektakulären und enorm aufwendigen Bau dieser gigantischen Anlagen? Fragen, die Forscher seit jeher beschäftigen und auf welche sie bislang keine genauen Antworten geben können. Vielleicht handelt es sich bei den Steinanordnungen um eine Art Kalender, oder es sind Kultstätten für einen Mond- oder Sonnenkult. Eventuell wurden rituelle Zeremonien bei den Steinen abgehalten.

Die Anlage der Menhire an der französischen Atlantikküste kann man ganz sicher gigantisch nennen. Viele der mehr als 3000 Steine sind zwischen einem Meter und fünf Meter hoch, einzelne noch größer. Diese Megalithen gehören zu den größten und ältesten Steinanlagen der Welt – und werfen bis heute viele Fragen auf. Was bedeuten sie? Wer hat sie errichtet? Und warum gerade hier? Nirgendwo sonst finden sich so viele stehende Steine auf so engem Raum.

Die Menhire der bretonischen Atlantikküste stehen nun gemeinsam mit den Pyramiden von Gizeh (zirka 2500 v. Chr.) und der Chinesischen Mauer (7. Jahrhundert v. Chr.) auf der Liste der Weltkulturerbestätten. Frankreichs Steine sind dabei weitaus älter. Der neue Status als UNESCO-Weltkulturerbe soll dazu beitragen, die Steinreihen am bretonischen Golf von Morbihan zu schützen. Die Regeln für Besucher sorgen bislang bereits ganz gut für die Erhaltung der Monolithen. Von April bis Oktober gibt es kostenpflichtige Führungen durch die Steinreihen. Damit ist sichergestellt, dass Besucherströme weder durch die Menge an Touristen noch durch grob fahrlässiges Verhalten vermeidbaren Schaden anrichten.

Das Wort Menhir stammt aus dem Bretonischen. Die beiden Wortteile haben zwei Bedeutungen: Men – Stein und hir – lang. Die Silbe „men“ kommt auch im Wort Mensch vor. Vielleicht ist dies eine Referenz an die Zeit im Neolithikum, als die Menschen große Mühen auf sich nahmen, um Menhire an bestimmten Orten zu platzieren. Diese Menschen hatten Kenntnisse über Bereiche wie Astronomie, Magnetismus und andere Naturgesetze, die wir uns heute erst wieder aufwendig erarbeiten müssen. Das Erbe unserer Ahnen aus dem Neolithikum zu wertschätzen ist das Mindeste, was wir tun können.


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