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Touristenboom treibt die Kosten für alles in die Höhe – Bürger reagieren verärgert
Reiseveranstalter schätzen, dass Sotschi, Simferopol, St. Petersburg und Königsberg in diesem Sommer bei den Russen die beliebtesten Reiseziele sind. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass Sotschi und die Krim-Kurorte schon seit der Sowjetzeit die beliebtesten Urlaubsziele sind und dass die Hotel- und Sanatoriumsinfrastruktur dort um ein Vielfaches größer ist als im nördlichen Ostpreußen. Die Ferienorte in der westlichsten Region der Russischen Föderation haben inzwischen den gleichen Beliebtheitsgrad erreicht wie die Urlaubsgebiete am Schwarzen Meer. Rauschen und Cranz haben sich von kleinen und relativ ruhigen Urlaubsorten in ein wahres Touristenmekka verwandelt.
Inzwischen gibt es in der Region fast eintausend registrierte Reiseleiter. Und die Zahl derjenigen, die sich dazu entschlossen haben, ihr Hobby zum Broterwerb zu machen, lässt sich nicht genau abschätzen.
Setzt man sich auf eine Bank vor dem ehemaligen Ostpreußenarchiv in Königsberg, kommen in endlosem Strom Touristengruppen in Begleitung von Fremdenführern vorbei und schwärmen von der Bauhaus-Architektur. Die einzigen Orte, an denen man zuvor schon eine solche Menge Touristen beobachten konnte, sind der Kneiphof und das Bernsteinmuseum.
Die Touristen sind jedoch nicht nur gerne zu Fuß unterwegs. Ein beliebtes Verkehrsmittel für viele Besucher der Region ist ein Mietwagen. Vor einigen Jahren gab es in Königsberg nicht mehr als drei oder vier ständige Autovermietungsfirmen, heute sind es etwa 20.
Es kann vorkommen, dass man bei mehr als einem Dutzend Autovermietungen anruft, nur um zu erfuhren, dass die gesamte Flotte für mehrere Wochen im Voraus ausgebucht ist. Und das, obwohl der Mindestpreis 50 Euro pro Tag beträgt. Für diesen Preis können Kunden einen Renault Logan oder einen Volkswagen Polo mieten. Da ist selbst eine Taxifahrt eine bessere Alternative. Eine Fahrt von Königsberg nach Rauschen beispielsweise kostet etwa 15 Euro.
Die Preise für Hotelübernachtungen haben im Königsberger Gebiet phantastische Höhen erreicht. Trotzdem gibt es bis zum Ende des Sommers keine freien Zimmer mehr. Selbst Sanatorien und Privatwohnungen sind ausgebucht. In guten 3-Sterne-Hotels, in denen man vor ein paar Jahren für ungerechnet 60 bis 70 Euro übernachten konnte, muss man heute 200 bis 250 Euro pro Nacht berappen.
In Danzig hingegen gibt es inzwischen zahlreiche Unterkünfte für 80 bis 100 Euro pro Nacht. Ähnlich ist die Situation in den Urlaubsorten des benachbarten Litauen. Diese Möglichkeiten stehen den Russen jedoch aufgrund der Grenzschließungen nicht zur Verfügung, und sie müssen nun für eine Unterkunft an der Küste des Königsberger Gebiets genauso viel bezahlen wie in Hotels in Nizza oder Venedig.
Steigende Preise für touristische Dienstleistungen haben auch die Kosten in Restaurants, Cafés und Lebensmittelläden in die Höhe getrieben. Die Einwohner der Königsberger Exklave sehen sich erstmals mit den gleichen Problemen konfrontiert wie die Bewohner der touristisch beliebten Städte Europas: Für fast alles steigen die Preise. Während diejenigen, die dank des Tourismusbooms Geld verdienen, eine positive Einstellung dazu haben, äußert die große Mehrheit der Bewohner der Region Besorgnis und sogar Wut über diese Entwicklung.
Die Lage der Urlauber in Nordostpreußen ist alles andere als beneidenswert. Sie ärgern sich darüber, dass sie selbst nicht mehr an die Strände ihrer Region gelangen können und für sie die einzige Möglichkeit, ein bisschen Ruhe zu finden, darin besteht, sich in ein Auto zu setzen und „wilde“ Strände zu suchen, die noch nicht von Touristen bevölkert sind. Die Bürger melden sich fast täglich über Instagram beim Gouverneur, um zu fragen, wozu die Region so viele Touristen brauche und wozu sie gut seien.
Zu denjenigen, die mit der Situation zufrieden sind, gehören die regionalen Regierungsbeamten, da sie die Vorgaben für die Anziehung von Touristen erfüllen, und die Immobilienfirmen, die in rasantem Tempo ganze Wohnblocks an der Küste errichten.