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Sie soll in ihrer Stettiner Praxisfiliale gegen polnisches Abtreibungsrecht verstoßen haben
Seit 1993 gilt in Polen eine der strengsten Abtreibungsregelungen in Europa. Der Abbruch einer Schwangerschaft ist laut polnischem Gesetz nur möglich, wenn diese aus einer Vergewaltigung oder Inzest hervorging oder wenn das Leben und die Gesundheit der Frau gefährdet sind.
Im Wahlkampf 2023 hatte Donald Tusk versprochen, die Möglichkeit einer legalen Abtreibung bis zur zwölften Woche zu schaffen. Allerdings scheiterte ein entsprechender Gesetzentwurf im polnischen Parlament. Am Ende fehlten im Sejm drei Stimmen für den Entwurf. Nicht mitgezogen hatten Teile von Tusks Koalitionspartner Dritter Weg. Dabei handelt es sich um den Zusammenschluss aus der Bauernpartei PSL und der gemäßigt katholischen Partei Polen 2050. Nach diesem Fiasko legten Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna und Justizminister Adam Bodnar im vergangenen Sommer neue Richtlinien für Kliniken und Anklagebehörden vor. Wie Leszczyna erklärt hat, soll danach allein die Empfehlung eines Facharztes ausreichen, um einen Schwangerschaftsabbruch zu ermöglichen.
Diese Linie gilt offenbar nicht für Maria Kubisan, die als leitende Gynäkologin im Krankenhaus Prenzlau (Uckermark) arbeitet. Die Fachärztin betreibt neben ihrer Arbeit in Prenzlau auch noch eine private Praxis in Stettin. Der gebürtigen Polin wirft die Staatsanwaltschaft Stettin vor, in sechs Fällen zur Erzielung von materiellem Gewinn Beihilfe zur Abtreibung geleistet zu haben. Nach Ansicht der Anklagebehörde soll die Gynäkologin Abtreibungspillen verabreicht haben.
Seit dem 17. Oktober wird gegen die in Prenzlau und Stettin praktizierende Ärztin am Bezirksgericht Stettin verhandelt. Wie ein Sprecher des Gerichts mitteilte, findet das Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der nächste Prozesstag ist für den 11. Dezember angesetzt. Dann könnte auch bereits das Urteil gesprochen werden.
Sollte das Gericht Kubisan schuldig sprechen, drohen ihr nach polnischem Recht bis zu drei Jahre Haft. Wie ihr Rechtsanwalt, Rafal Gawecki, mitteilte, bekennt sich die Ärztin „nicht schuldig, da sie die ihr zur Last gelegten Handlungen nicht begangen hat“. Gegenüber dem Sender rbb erklärte Kubisan, es habe während der Zeit der Corona-Pandemie mehrere Situationen gegeben, in denen schwangere Frauen in Polen in Lebensgefahr geschwebt, aber wegen geschlossener Apotheken und Krankenhäuser kaum Hilfe bekommen hätten. Sie beteuert, dass sie selbst an diesen Schwangerschaftsabbrüchen keinen Cent verdient habe.
Nach Angaben von Kubisans Rechtsanwalt sind die Stettiner Praxisräume der Fachärztin im Januar 2023, also noch zu Zeiten der PiS-Regierung, von der Antikorruptionsbehörde CBS durchsucht worden. Dabei seien Akten von 6000 Patientinnen beschlagnahmt worden. Nach Darstellung des Anwalts hat er gegen dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt und auch weitgehend recht erhalten. Im November 2023, wenige Wochen vor dem Amtsantritt von Donald Tusk, hatte die Stettiner Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Ärztin erhoben.