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Bringen Breslau-Touristen Deutsche näher: Eheleute Magdalena und Thomas Maruck
Bilder: WagnerBringen Breslau-Touristen Deutsche näher: Eheleute Magdalena und Thomas Maruck

Östlich von Oder und Neiße

„Protestantisch gehen lernen“

In der Breslauer Innenstadt wurde ein Platz nach Dietrich Bonhoeffer benannt

Chris W. Wagner
07.04.2025

Am 9. April jährt sich der Märtyrertod Dietrich Bonhoeffers, der im KZ Flossenbürg hingerichtet wurde, zum 80. Mal. Dem Widerstandskämpfer zu Ehren wurde am 15. März im Zentrum von Breslau eine Grünanlage benannt. Diese Bonhoeffer-Grünfläche [skwer Bonhoeffera] befindet sich neben der St.-Christophori-Kirche, die den Deutschen Protestanten in Breslau als Gotteshaus dient.

Die besagte Anlage ist nicht der einzige Ort in Breslau, an dem die Erinnerung an den 1906 in Breslau geborenen evangelischen Theologen wachgehalten wird. An seinem Geburtshaus erinnert eine Tafel an den Sohn der Stadt, seine Büste steht in der Galerie berühmter Bürger im Breslauer Rathaus, und an der Elisabethkirche steht ein ihm zu Ehren 1999 gewidmetes Denkmal. „Diese Skulptur ist die Kopie von Karl Biedermanns Bronzetorso, der neben der Berliner Zionskirche steht“, berichtet Schlesien-Autor Thomas Maruck. Seine Ehefrau Magdalena die ebenfalls Touristen durch Breslau führt, lächelt, denn ihr Mann erzählt gern, wie ihn der Zufall Ende der 90er Jahre zur Einweihungsfeier in die Elisabethkirche führte.

„Ich war zufällig mit einer Reisegruppe unterwegs und sah auf einmal polnische Soldaten, die im Gleichschritt in die Kirche einmarschierten. Aber so laut, dass ich dachte, hier wird die Kirche überfallen“, berichtet Maruck. Er sei neugierig geworden, was in dieser Garnisonskirche, „die bis heute selbst als Kathedrale des Warschauer Militärbischofs fungiert, passiert“. Im Gottesdienst erkannte Maruck unter den Ehrengästen den damaligen katholischen Bischof von Oppeln [Opole] Alfons Nossol und den gebürtigen Breslauer SPD-Politiker Wolfgang Thierse. „Da wusste ich, ja, hier ist etwas Großes los. Das war der große Auftakt, dass Dietrich Bonhoeffer in Breslau regelrecht festgemacht wurde.“ Er glaubt, dass die Wahl des Platzes für eine Bonhoeffer-Büste an der Elisabethkirche nicht besser hätte gewählt werden können, denn „die Touristen kommen dort alle vorbei“. Dabei sei es im heutigen Schlesien, im katholischen Polen, kein leichtes Unterfangen einen Protestanten zu etablieren. „Es ist ein mentaler Sprung für einen klassischen polnischen Katholiken. Da braucht man schon zündende Gedanken, um dem Polen einen Protestanten schmackhaft zu machen“.

Dennoch gibt es seit Mitte der 90er-Jahre einen Aufbruch zur Thematik Dietrich Bonhoeffer, „weil sich in Breslau eine polnische Gruppe als Verein gefunden hat, die den Theologen in den Mittelpunkt stellen wollte. Janusz Witt war der große Initiator. Er lebt noch, hochbetagt, hinter der evangelischen Hofkirche, also in Schlossnähe und ist einer der Großen, der die Leute zusammenholte und die Polen auf Dietrich Bonhoeffer in zahlreichen internationalen Symposien aufmerksam machte“, so Maruck.

Witt ist 1934 in Welun [Wieluń] geboren. Der Germanist und Philologe engagierte sich stets für den deutsch-polnischen Dialog. Der Gründer der polnischen Sektion des Bonhoeffer-Vereins und Vorstandsmitglied des Kreisauer Stiftungsrates (Fundacja Krzyżowa) ist evangelisch-augsburgischen Bekenntnisses. Wenn die Autorin Maruck polnische Gruppen durch Breslau führt, kommt sie immer auch zur Christophori-Kirche. Vom 16. Jahrhundert bis 1829 wurde in dieser der lutherische Katechismus auf Polnisch gelehrt, seit 1993 ist sie die Pfarrkirche der deutschsprachigen evangelischen Chri­stophorigemeinde.

Diese Kirche ist für Maruck ein geeigneter Ort, den Polen über deutsche Persönlichkeiten wie Bonhoeffer zu berichten: „Weil Bonhoeffer ein Märtyrer war, verstehen das die Polen. Sie wundern sich zwar oft, dass es in Deutschland einen Widerstand gab, sind dann aber offen“, sagt sie.

Noch interessierter werden ihre polnischen Breslau-Besucher, wenn sie erklärt, dass selbst der berühmte polnische Dichter Tadeusz Różewicz sein Gedichtband „Gehen lernen“ [Nauka chodzenia] Bonhoeffer widmete. Darüber wurde im Festgottesdienst am 15. März in der St.-Chri­stophorie-Kirche ebenfalls ausführlich gesprochen. Neben Bonhoeffer sei auch dem polnisch-protestantischen Bischof Juliusz Bursche gedacht worden: „Beide Opfer des Naziregimes sind in den Glasfenstern hinter dem Altar der St. Christophorus-Kirche dargestellt, übrigens neben zwei weiteren Märtyrern des Zweiten Weltkriegs, den katholischen Heiligen Edith Stein und Maximilian Kolbe.“


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Kommentare

sitra achra am 09.04.25, 11:09 Uhr

Auch in Polen überall Gutmenschen, welche Freude!
Und wo gibt es den alles auf diesem Sektor übertreffenden Bulwar Matka Teresa? Oder ist es nur eine versteckte kleine ulica?

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