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Der Edelmetallboom lässt viele Anleger einen langjährigen Preiseinbruch wie in den 1980er Jahren befürchten. Aber heute ist einiges anders als damals
Der Edelmetallmarkt hält die Welt in Atem: Zur Monatswende September/Oktober meldeten Börsenanalysten, dass der Goldpreis seit Jahresbeginn so schnell gestiegen sei wie seit 1979 nicht mehr. Ein Vergleich, der Anleger nervös machen dürfte, denn auf die Gold- und Silber-Euphorie der späten 1970er folgte ein rabiater Kurssturz, der den Preis der beiden meistgehandelten Edelmetalle in ein jahrzehntelanges Tal der Tränen stürzte, aus dem sie erst im Laufe der 2000er Jahre wieder auftauchen sollten.
Daher darf es nicht wundern, dass der Verweis auf 1979 bei Goldinvestoren vor allem Unruhe auslöst. Droht heute eine ähnliche Entwicklung? Der Vergleich von damals und heute fördert tatsächlich Ähnlichkeiten, vor allem aber gravierende Unterschiede zutage. Um zu verstehen, was in den 70er Jahren passiert ist, müssen akute Auslöser und tiefere Ursachen des damaligen Edelmetallbooms auseinander gehalten werden.
1971 hat der damalige US-Präsident Richard Nixon die feste Koppelung des Dollar an Gold aufgehoben. Über den Dollar hatten bis dahin alle großen westlichen Währungen einen festgesetzten Goldpreis. Dies sollte übermäßiges Gelddrucken verhindern, um Inflation vorzubeugen. Entsprechend nahm das Vertrauen der Menschen in ihre Papierwährungen Schaden infolge von Nixons Entscheidung. Dieses Misstrauen bereitete den Boden für das, was folgen sollte.
Die Silberwette der Brüder Hunt
Der akute Auslöser für den rasanten Anstieg der Gold- und Silberpreise ging damals indes nicht vom Gold-, sondern vom Silbermarkt aus. Obwohl es auf der Welt sehr viel mehr Silber als Gold gibt, ist der Silbermarkt aufgrund des geringeren Preises deutlich kleiner – und damit anfälliger für Spekulation.
Dies wollten sich die Brüder Nelson Bunker Hunt und William Herbert Hunt zunutze machen. Aus einer schwerreichen Öldynastie stammend kauften die beiden gigantische Mengen Silber mit dem Ziel, den gesamten Markt zu beherrschen. Damit trieben sie den Preis nach oben, was viele weitere Investoren in den Silbermarkt gelockt hat. Andere wandten sich angesichts dessen auch Gold zu, was dessen Preis ebenfalls gen Himmel trieb.
Mitte Januar 1980 indes änderte die US-Börsenaufsicht überraschend die Regeln und machte großvolumigen Silberkauf praktisch unmöglich. Der Preis sank wieder und stürzte Ende März sogar brutal ab. Die Hunt-Brüder trieb der Einbruch schließlich in den Konkurs.
Das Platzen der Hunt-Spekulation erklärt den langjährigen Niedergang der Edelmetallpreise danach aber nur zum Teil. Wie von Skeptikern befürchtet, war auf die Loslösung der westlichen Währungen vom Gold tatsächlich ein Inflationsschub gefolgt. Um dies wieder in den Griff zu bekommen, schraubten die Notenbanken den Leitzins Anfang der 80er Jahre in atemberaubende Höhen. Der US-Leitzins bewegte sich zeitweise bei 20 Prozent. Dies machte Zinsanlagen hoch attraktiv und Gold als zinsloses Guthaben uninteressanter. Als die Zinsen später wieder sanken, war Gold als Anlage-Option bereits weit in den Hintergrund getreten.
Hier liegt ein bedeutender Unterschied zur gegenwärtigen Situation. Angesichts der weltweiten Verschuldung würden so hohe Leitzinssätze wie damals selbst große Staaten finanziell überfordern. Die Notenbanken wissen das und lassen daher lieber die Inflation laufen, als ihre eigenen Staaten in die Pleite zu treiben. Auch treten etliche Notenbanken, angeführt von China, anders als in den 80er und 90er Jahren heute als Goldkäufer in Erscheinung. Unterm Strich also bändigen sie den Goldpreis nicht nur nicht, sie stützen ihn sogar. Zudem locken internationale Krisen, derer es derzeit mehrere gibt, traditionell ins Gold auf der Suche nach Sicherheit.
Nichts geändert hat sich indes an der Psychologie der Finanzmärkte. Aus dem Wechselbad von Gier und Angst können vollkommen irrationale Bewegungen entstehen, die den Goldpreis selbst in einem insgesamt günstigen Umfeld unter Druck setzen, ihn oder gar zeitweise abstürzen lassen können. Diese Gefahr wächst, wenn, wie nunmehr über Wochen geschehen, der Preis fast pausenlos steigt. Dies lockt Unbekümmerte an, die meinen, es könne sowieso nur aufwärts gehen, oder waghalsige Spekulanten. Börsenprofis bezeichnen solche Akteure als „schwache Hände“. Denn sie neigen als erste zu Panikverkäufen, wenn es zu Rücksetzern kommt. Damit können sie eine verhängnisvolle Abwärtsspirale lostreten, der sich selbst besonnene Investoren kaum zu entziehen vermögen.
Daher ist jederzeit mit einem kräftigen Rücksetzer zu rechnen. Die allermeisten Experten sind sich jedoch einig, dass Gold mittel- und langfristig noch einige Luft nach oben hat, weil eben die Basisfaktoren (Zinsen, Rolle der Notenbanken, Krisen) eine klare Richtung vorgeben.